„Geteilte Freud’ ist doppelte Freud‘“, sagt der Volksmund. Damit hat er sicher nicht Spiele wie San Marco oder Hanamikoji im Sinn gehabt, in denen wir unseren Mitspielern Spielmaterial anbieten müssen aus einer Auswahl, die wir zuvor getroffen haben. I split – you choose, nennt man das dann. Und man hofft dabei inständig, dass der Mitspieler das übrig lässt, was man selbst gerne hätte.
Wie wird The Great Split gespielt?
In The Great Split von Hjalmar Hach und Lorenzo Silva (Horrible Guild/HeidelBÄR Games) wird ebenfalls nach diesem Prinzip geteilt, und wohl deshalb trägt es das Spiel bereits im Namen. 2-7 Spieler halten zwischen fünf und sieben Karten auf der Hand, die sie mit einer Trennkarte an einer beliebigen Stelle in zwei Hälften teilen. Dann geben sie die Karten verdeckt an den linken Nachbarn, der sich nun eine der beiden Hälften von Karten aussuchen darf.
Anschließend erhält jeder den Teilungsrest zurück und spielt die Karten aus, die er dann hat. Auf den Karten sind Symbole abgebildet, die jeder Spieler auch an Wertungsleisten auf seinem persönlichen Tableau wiederfindet – für jedes Symbol eine Leiste. Auf ihnen zeigt ein Würfelchen den Fortschritt der durch die Karten erhaltenen Symbole an. So befördert man auf jeder Leiste seine Steinchen möglichst weit von links nach rechts, um so bei den Wertungen Punkte zu machen.
Die Leisten im Spiel
Neben fünf farblich differenzierten Ressourcenleisten gibt es bei The Great Split fünf weitere Siegelleisten. Auch auf diesen kann mithilfe der Karten vorgerückt werden. Sie werden zwar erst am Spielende für die Endwertung wichtig, bringen jedoch zusätzliche Schritte auf den Ressourcenleisten. Somit sind sogar kleine Kettenzüge möglich, wenn nämlich der Bonusschritt auf einer anderen Leiste wieder einen Extraschritt auf einer dritten Leiste verursacht. Ähnlich wie bei Ganz schön Clever.
Das Tableau
Auf einem zentralen Tableau wird der Spielfortschritt festgehalten und angezeigt, wann es zu welchen Wertungen kommt. Nach drei Runden kommt es zu einer ersten Wertung, in der (zufällig bestimmt) eine oder zwei der Ressourcenleisten gewertet werden. Nach der vierten Runde folgen ein oder zwei weitere Wertungen, und am Ende (sechs Runden) werden alle Leisten nochmals gewertet. Natürlich gibt es mehr Punkte, je weiter man bis dahin nach rechts rutschen konnte.
Zusätzlich werden dann auch die Siegelleisten gewertet, die als Multiplikatoren für die Ressourcenleisten dienen. Wer danach mit seinem Würfelchen auf der Prestigeleiste am weitesten vorgerückt ist, gewinnt.
Kann The Great Split überzeugen?
The Great Split besticht zunächst mal durch sein (überwiegend) schönes Spielmaterial. Dabei erkennt man sofort deutliche Parallelen zu Evergreen, ebenfalls von Hjalmar Hach bei Horrible Guild: Sowohl farblich als auch grafisch könnte man sie für Geschwister halten.
Die stabilen Double-Layer-Boards verhindern zuverlässig, dass die Würfelchen in den Leisten versehentlich verschoben werden. Bedauerlicherweise ist die ganze Gestaltung etwas klein geraten. Sowohl die Würfelchen und besonders die grafischen Elemente in den Leisten sind schon arg klein und man muss mit Fingerspitzengefühl zupacken.
Auch ist die farbliche Unterscheidung zwischen den weißen und silbernen Würfeln schwer auszumachen. Die grafische Gestaltung zur Kennzeichnung der Spielermaterialien ist künstlerisch ansprechend, jedoch hätte hier etwas weniger Kunst und mehr Pragmatismus zur besseren Unterscheidung beigetragen. Man muss schon genau hinsehen, um sie richtig zusammenzustellen.
Die Karten sind sehr stabil und grafisch (fast) einwandfrei. Besser wäre es, wenn die Minisymbole in allen vier Ecken der Karten angezeigt wären. Die kleinen Umschläge, die zur Weitergabe der Karten dienen, wirken robust, wenngleich wir sie zur Weitergabe nicht wieder fest verschlossen haben, um sie nicht dem Risiko des Verknickens auszusetzen.
Die Spielregeln wirken suboptimal
Etwas unglücklich war ich mit der Struktur der Spielregel von The Great Split. Sie ist zwar vollständig, erklärt aber alle Wertungen – auch die Zwischenwertung – erst nach dem „Spielende“, was zumindest für letztere rein chronologisch nicht optimal gewählt ist. Eher geringer ins Gewicht fällt eine kleine Formulierungsschwäche bei dem Beispiel der Juwelenwertung (S. 10, dort muss es heißen „[…] auf der Smaragdleiste den Wert 8 erreicht hast.“).
Das Miteinander mit dem Gegenspieler
Der Austausch der Karten untereinander sorgt für viel Interaktion, was auch diesem Spiel guttut. Es fängt schon mit der Selektion der Karten an: Was könnte mein Nachbar gebrauchen, was eher nicht? Teile ich die Karten zu gleichen Teilen auf, oder lege ich Köder aus, die den Mitspieler dazu verleiten sollen, weniger Karten zu nehmen, als ich behalten kann?
Das birgt Grübelpotenzial. Doch am besten denkt man nicht allzu lange darüber nach, was man verlieren, sondern was man gewinnen könnte. Schon aus Rücksicht auf die Mitspieler, die einem allzu langes Grübeln verübeln.
Die Spieldauer von 45 Minuten kann besonders dann eingehalten werden, wenn alle Spieler mit der Auswertung der Karten vertraut sind. Dann kann diese Phase gleichzeitig gespielt werden, was enorm Zeit spart. Über diese Dauer trägt das Spielprinzip auch, und man fühlt sich gut unterhalten. Über den Wiederspielreiz gibt es bei The Great Split kaum Zweifel. Denn neben den immer anderen Kartenzusammenstellungen ist es vor allem die Meta-Kommunikation beim Austausch der Karten, das Jammern über den „falschen“ Teil, den man zurückerhalten hat, oder die Freude über das, was einem der Nachbar zur Rechten anbietet, welche Garant für wiederkehrenden Spielspaß sind.
The Great Split überzeugt mich
Alles in allem hat mich The Great Split überzeugt und es ist auch in meinen Runden überwiegend gut angekommen. Es erinnert mich immer wieder an die Szene aus einem Dick-&-Doof-Film, in dem sich die beiden zwei ungleiche Stücke Kuchen teilen sollen und sich Olli beschwert: „Ich hätte ja das kleinere Stück Kuchen genommen.“, worauf Stan entgegnet: „Was willst du denn? Du hast es ja jetzt.“
Infos zu The Great Split
- Titel: The Great Split
- Verlag: Horrible Guild, HeidelBÄR Games
- Autor: Hjalmar Hach, Lorenzo Silva
- Spieleranzahl (von bis): 2-7
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
- Dauer in Minuten: 45
- Jahrgang: 2023
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