Nordische Chancenabwägung auf dem Weg zum Jarl
Frank ihr veröffentlicht bei Corax Games zur Spielemesse 2018 in Essen euer neues Brettspiel Champions Of Midgard. Das hat aber nichts mit dem Rollenspiel gemein?
„Nein. Soweit ich weiß, ließ sich Ole Steiness bei der Entwicklung des Spiels direkt von den altnordischen Mythen und Sagen inspirieren.“
Also das Midgard der Wikinger. Was genau ist Thema? Was ist Aufgabe der Spieler?
„Die Spieler sind in Champions of Midgard die Kriegsführer eines Clans. Der Lebt in einem idyllischen Dorf in Midgard, dass ständig den verschiedensten Bedrohungen ausgesetzt ist. Um zum Jarl des Dorfes aufzusteigen, scharren die Spieler Wikingerkrieger als Gefolgsleute um sich, mit deren Hilfe sie diese Bedrohungen abwehren oder auch Plünderfahrten an fernen Gestanden durchführen. Dadurch sammeln sie Ruhm. Der ruhmreichste Spieler wird dann am Ende des Spiels der neue Jarl.“
Mit welchen Hauptmechanismen setzt Spieleautor Ole Steiness das Thema um? Welche sind besonders interessant und förderlich für den Spielspaß?
„Das interessanteste an Champions of Midgard ist meiner Meinung nach, dass es das Spiel schafft, das jeweils beste aus Eurogame und Amitrash zu einem spannenden Spiel zu vereinen. Wie in einem typischen Arbeiter-Einsetzspiel planen wir unsere Aktionen und setzen unsere Krieger ein. Diese werden aber durch Würfel repräsentiert. Das Spiel wird hier eines, bei dem das Abwägen von Chancen eine zentrale Rolle spielt. Die drei verschiedenen Kriegerwürfelarten haben unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten für erfolgreiche Angriffe und Verteidigungen, dazu kommen spezielle Charakterfähigkeiten der Kriegsherren, die alle in die Überlegungen mit einfließen müssen. Denn kommt es zu Kämpfen gegen eine der zahlreichen Bedrohungen oder bei Plünderfahren, werden die Kriegerwürfel geworfen. Glück spielt hier eine gewisse Rolle, aber nicht so enorm, wie man erstmal denken könnte.“
Obwohl die Beschreibung eher nach einem komplexen Spielverlauf klingt, soll es nicht allzu anspruchsvoll sein. Wer ist Zielgruppe für Champions Of Midgard? Wer sollte besser die Finger davon lassen?
„Ich sehe Champions of Midgard auf dem Niveau kurz unterhalb eines Kennerspiels. Es ist ein gutes Gateway Game, dass sicher auch Gelegenheitsspielern Spaß macht und diese auch nicht überfordert. Vielspieler fühlen sich nicht unterfordert. Im Gegenteil, das Glückselement ist gut dosiert und sorgt für Spannung. Wer jedoch eine Aversion gegen Glückselemente im Spiel hat, der sollte lieber erstmal testen, ob das Spiel das richtige für den eigenen Geschmack ist.“
Kannst Du Spielern eventuell einen Tipp geben, die in Essen Champions of Midgard nur kurz anspielen können? Worauf sollten sie besonders achten, was sollten sie vermeiden?
„Unterschätzt die Trolle nicht! Die Schande-Marker können spielentscheidend sein. Es ist auch hilfreich, viele Zielkarten zu ziehen. Am Ende können sie das Zünglein an der Waage sein.“
Du bist nicht nur Verleger, sondern kennst auch den Handel sehr gut. Daher weißt du auch, wie Spieler „ticken“. Kannst du erklären, warum das Thema Wikinger in den letzten Jahren immer wieder sehr stark präsent ist? Sind es Serien wie Vikings oder die Sehnsucht nach „robusten, hartgesottenen Helden“ abseits des Mainstreams?
„Wikinger waren gefühlt schon immer ein Hype-Thema. Selbst vor elf Jahren schon. Da erinnere ich mich, dass gleich zwei Spiele mit dem Namen Wikinger auf den Markt kamen (von Hans im Glück und ProLudo). Ich denke, dass liegt daran, dass wir in Deutschland eine recht romantisierte Vorstellung vom Frühmittelalter haben und die alten Heldengeschichten uns bis heute inspirieren und viele sich noch immer damit identifizieren können. Die neuen Fernsehserien tun vermutlich auch ihr Übriges.“
Noch eine Frage zum Vertrieb. Champions Of Midgard ist ein Beispiel, wie mehrere Verlage kooperieren, um ein Spiel den Fans in möglichst vielen Ländern zugänglich zu machen. Welche besonderen Schwierigkeiten und Vorteile bedeutet das für Corax Games als einen der Lizenzparter? Wo ist der größte Unterschied zu einer Entwicklung, die ihr selbst steuern könnt?
„Wenn wir Spiele lizensieren, sind wir bei der Produktion meistens an den Lizenzgeber gebunden. Wir produzieren dann also da, wo er produziert und müssen oftmals auch schauen, dass wir zur gleichen Zeit produzieren können. Das hat dann aber den Vorteil, dass die Spiele insgesamt wirtschaftlicher zu produzieren sind. Ein weiterer Vorteil ist natürlich, dass wir, abgesehen von der Lokalisierungsarbeit keine große redaktionelle Arbeit mit dem Spiel mehr haben, wie z.B. das Balancing oder die generelle Spielregel.
Oftmals sind die Qualitätsanforderungen an die Spiele aber unterschiedlich zwischen den Verlagen. Wir haben z. B. viele Komponenten des Spiels aufgewertet, wo wir es durften, wie z. B. die Kartenqualität und das Spielbrett und ein paar Kleinigkeiten am Layout und der Symbolik verbessert. Das war uns aber nicht bei allen Dingen erlaubt. Z. B. wollten wir die Holzteile, die unsere Spieleschmiede jetzt als Extra bekommen, eigentlich auch direkt mit in die Verkaufsversion des Spiels integrieren. Das ist aber etwas, was aus vertriebsstrategischen Gründen von unserem Lizenzgeber abgelehnt wurde. Die Holzteile werden also eine Komponentenerweiterung, die man später einzeln bestellen kann, weil das beim Lizenzgeber auch so ist.“
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