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Rassismusvorwürfe gegen Daniele Tascini

Schwarz-weiß-Denken

Hans im Glück bannt Autor und seine Spiele

Wie schnell es gehen kann, dass eine simple Äußerung eine Lawine von Kommentaren und sogar eine einem Erdrutsch gleichkommende Erschütterung der eigenen wirtschaftlichen Basis bedeuten kann, hat unlängst Daniele Tascini mit einem Posting auf Twitter erfahren müssen.

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In seinem Tweet hatte Tascini versucht, die Darstellung von Fantasy-Wesen in Schwarz von der Bezeichnung farbiger Menschen als „Schwarze“ zu differenzieren und eine Vermischung bzw. Verwechslung der Begriffe zu verhindern.

In diesem Zusammenhang beschrieb er den Umgang mit farbigen Freunden in seinem Umfeld und dass er diese zuweilen freundschaftlich „negri“ nenne. Sein Tweet wurde allerdings ohne sein Zutun (von unbekannter Quelle) ins Englische übersetzt, wobei „negri“ mit Nigger übersetzt wurde.

Daran stießen sich einige Leser und überlieferten (u. a.) dem Münchner Spieleverlag Hans im Glück diese in ihren Augen rassistische Äußerung Tascinis.

Hans im Glück verurteilt Autor

Hans im Glück, in Person von Moritz Brunnhofer, hat daraufhin prompt über facebook ein auf ihrer Homepage verfasstes Posting veröffentlicht, in dem er sich von Tascini distanzierte, seine Aussagen auf das Schärfste verurteilte und bereits von ihm veröffentlichte Entschuldigungen als Schutzbehauptungen degradierte. Mehr noch: Er proklamierte, die Zusammenarbeit mit Tascini sofort einzustellen, aktuelle Spiele aus dem Programm zu nehmen und nicht weiter zu verlegen. Etwaigen Gewinn – wohlgemerkt nicht Verkaufserlös! – daraus würde man an gemeinnützige Organisationen spenden. Sehr selbstlos.

Das Netz reagiert prompt

Dies löste zunächst, wenig überraschend, einen Shitstorm gegenüber Tascini aus. Viele Teilnehmer des Threads stimmten – auch das wenig überraschend – spontan, ohne zu zögern und ganz offensichtlich auch ohne den Inhalt des Ausgangspostings überhaupt zu kennen dem geschriebenen zu. So ist das leider üblich auf facebook.

Den wenigsten ist dabei aufgefallen, dass es sich bei dem anstößigen Ausdruck nach gesicherten Erkenntnissen um einen Übersetzungsfehler handelte. Denn das italienische Wort „negri“ kann zwar mit Nigger oder Neger übersetzt werden. Doch der Zusammenhang, in dem es im Tweet Tascinis benutzt wurde, wurde völlig ignoriert und damit Wortwahl und Sinn der Aussage grundsätzlich verstümmelt. Man muss ernsthaft bezweifeln, ob man beim Verlag überhaupt gelesen und verstanden hat, in welchem Zusammenhang diese Aussage getroffen wurde. Ironischerweise geht es in dem Posting von Tascini darum, dass man die Farbe Schwarz als Darstellung von Fantasy-Monstern wie Oger oder Orcs in keinerlei Zusammenhang mit der Hautfarbe zum Beispiel afrikanischer Menschen stellen kann; und er erklärt auch warum.

Erstaunliche Reaktion

Dass es in (Un)Sozialen Medien zu zahlreichen und unreflektierten Reaktionen kommt, deren intellektuellen Gehalt man auf ein Minimum reduzieren kann, ist wenig erstaunlich und sicher auch ein Teil des gewünschten Effekts. Erschütternd ist aber, dass der Verlag hier zunächst mit der Veröffentlichung des Statements auf der Homepage und der viralen Verbreitung über Soziale Medien diese Reaktionen provoziert, sich fortan kritischen Stimmen gegenüber aber bis auf inhaltslose Kommentare verschlossen hält. Selbst unsere Presseanfrage wurde nur unkonkret beantwortet mit einem allgemeinen Verweis auf Kommantare auf facebook und BGG.

Die Überzeugung des Verlags, die Zusammenarbeit mit Herrn Tascini zu beenden, kann aufgrund der vermuteten Unkenntnis nicht aller Fakten gar nicht bemängelt werden. Die verantwortlungslose und indiskrete Art und Weise muss man indes verurteilen. Wäre die Beendigung nicht genauso diskret zu behandeln gewesen, wie auch alle anderen vertraglichen Inhalte diskret behandelt wurden? Darf die subjektive Einschätzung über die rassistische Gesinnung einer Äußerung dazu führen, sich der Versuchung hinzugeben, seine Haltung auf diese vernichtend anmutende Art zu propagandieren und damit faktisch zu objektivieren? Das zeugt von schlechtem Stil und ist der Stelllung des Verlagsrepräsentanten unwürdig.

Nur wenige User haben konstatiert, dass die Wortwahl Tascinis im richtigen Zusammenhang einen ganz anderen Sinn ergibt. Selbst beim Gebrauch des Wortes „Nigger“ geht es nicht um das Wort als solches, sondern um die Gesinnung, die dahintersteht. Ein User erhob den zutreffenden Vergleich, dass es sehr wohl einen Unterschied ergäbe, ob man sich persönlich gegenüberstehe und sich derbe Schimpfwörter oder Beleidigungen im Spaß an den Kopf werfe oder ob man sich auf andere Weise in rassistischer Absicht äußere.

Umso bedeutender ist es, dass sich andere Branchenprominente, wie Dominique Metzler vom Merz Verlag, mit einem deutlich distanzierteren und zum Nachdenken anregenden Posting an die Seite Tascinis stellen, ohne einen Zweifel daran zu lassen, Rassismus mit vollkommener Ablehnung gegenüberzustehen.

Nebenbei: Dass die Co-Autoren Tascinis von der Bannung der Spieletitel mit betroffen sind, nimmt man bei Hans im Glück zwar mit Bedauern zur Kenntnis, aber dennoch billigend in Kauf.

Der Autor zeigt sich geschockt

Was sagt eigentlich Daniele Tascini selbst? Auf Facebook hat er ein langes Statement veröffentlicht. Darin heißt es unter anderem:

„I was especially shocked to see how my words read in English, after taken from a totally different contest and being translated from Italian. Racist statements and sentiments DO NOT BELONG TO ME and anywhere in our society, and particularly not in a hobby that celebrates diversity and embraces everyone regardless of race, culture, religion, or sexuality.“

Verantwortungsloses Vorgehen

Hans im Glück hat ein lebhaftes Beispiel dafür gezeigt, wozu die Haltung gegen Rassismus nicht führen darf. Der gesellschaftliche Zusammenhalt was Rassismus und Gewaltverzicht angeht ist unbestritten und muss konsequent vertreten werden. Vordergründige Anschuldigungen, die zu Diffamierung und im Resultat damit zu Ausgrenzung führen, sind hingegen nicht nur abzulehnen, sondern konterkarieren Absicht und Sinn von sozialem Miteinander. Jeder, der sich im Netz äußert, muss sich über die Folgen und damit seiner Verantwortung im Klaren sein.

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1 Kommentar

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Günter Cornett 22. Januar 2021 at 07:00
„In diesem Zusammenhang beschrieb er den Umgang mit farbigen Freunden in seinem Umfeld und dass er diese zuweilen freundschaftlich „negri“ nenne. Sein Tweet wurde allerdings ohne sein Zutun (von unbekannter Quelle) ins Englische übersetzt, wobei „negri“ mit „Nigger“ übersetzt wurde.“
 
Diese Übersetzung ist mir auch aufgefallen, als ich die beiden Versionen im Vergleich zu sehen bekam. Der Kontext ist, dass er sagt, er nenne seine afrikanischen Freunde privat so, ohne dass die daran Anstoß nehmen. Screenshot siehe hier: https://www.unknowns.de/wbb4/forum/index.php?thread/18104-rassismusvorw%C3%BCrfe-gegen-daniele-tascini-board-dice-statement-official-statement/
 
Laut leo.org gibt es unterschiedliche Übersetzungen, in beide Richtungen. „Nigger“ ist eben nur eine mögliche, Hierauf nicht ausdrücklich hinzuweisen, ist ein Indiz für eine böswillige, zumindest aber leichtfertige Übersetzung.
 
negro, negra Adj.
==============
schwarz – von Schwarzafrikanern und Schwarzen
Substantive
il negro | la negra auch [pej.]
der Neger | die Negerin Pl.: die Neger, die Negerinnen [pej.]
il negro | la negra [pej.]
der Schwarze | die Schwarze Pl.: die Schwarzen
il negro [vulg.] [pej.]
der Nigger Pl.: die Nigger [vulg.] [pej.]
Neger
=======
il negro | la negra auch [pej.]
der Neger | die Negerin Pl.: die Neger, die Negerinnen [pej.]
il nero | la nera
der Neger | die Negerin Pl.: die Neger, die Negerinnen [pej.]
il gobbo
der Neger Pl.: die Neger [sl.] [Radio und TV] – Tafel, von der ein Schauspieler seinen Text ablesen kann
Schwarzer
=========
il nero | la nera
der Schwarze | die Schwarze Pl.: die Schwarzen
il negro | la negra [pej.]
der Schwarze | die Schwarze Pl.: die Schwarzen
il bianco | la bianca [POL.] obsolet – cristianodemocratico
der Schwarze | die Schwarze Pl.: die Schwarzen – Christdemokrat
 
Ich kann mir gut vorstellen, dass Antirassisten allein wegen des Klanges „Nero“ vorziehen, aber ganz so einfach verhält es sich – aus deutscher Sicht – nicht.
 
Gehen wir davon aus, er benutzt privat eine italienische Entsprechung für „Neger“, ohne dass seine Schwarzen Freunde daran Anstoss nehmen, ähnlich wie das drastischere „Nigger“ unter manchen Schwarzen verwendet wird.
 
Das halte ich soweit für ok. Ob es auch ok ist, das öffentlich mitzuteilen, ist eine Kontext-Frage. Zu oft lese ich das in Rassismus-Diskussionen als Pseudo-Argument von Leuten die sich darüberhinaus auch offen rassistisch äußern. Die Behauptung, es privat zu verwenden, ohne dass Schwarze daran Anstoß nähmen, dient oft genug nur dazu, das N-Wort generell salonfähig zu machen, ist dann eine wenig glaubwürdige Schutzbehauptung von Rassisten.
 
Insofern ist ein solcher mit Unschuldsmiene in die Diskussion gebrachter Hinweis schon ein Anlass, mal näher hinzuschauen, wie das denn konkret gemeint ist. Für eine Verurteilung, gar einen Boykott, braucht es mehr. Und zwar genauso öffentlich, wie dieser ausgesprochen wird. Für mich ist die Reaktion u.a. von Hans im Glück schon ein Hinweis, dass da mehr dran sein könnte. Aber bei näherem Hinsehen habe ich (noch?) nichts feststellen können, was diesen Verdacht bestätigen könnte. Und jemanden aufgrund einer heftigen Gegenreaktion zu verurteilen, verbietet sich von selbst.
 
Die Rassismus-Diskussion wird leider meist sehr ideologisch geführt. Während mir desöfteren unterstellt wird, ich sähe überall Rassismus, wo keiner sei, wurde mir auch schon Rassismus-Vorwürfe gemacht. Und auch dieser Kommentar kann dafür als Grundlage dienen, weniger weil ich auf der Unschuldsvermutung bestehe, sondern weil ich das N-Wort mehrfach ausgeschrieben habe, wo ich das des besseren Textverständnisses für sinnvoll halte.

 

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