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Unter der Lupe: Spiel doch!

Unter der Lupe: Spiel doch für Wenig-Spieler

Die Zielgruppe der Nichtspielermasse

blankEs ist eine Tatsache, dass die Spieleverlage seit Jahren ihre Zahlen immer wieder feiern. Dennoch gibt es abseits der Menschen, die mehr oder weniger regelmäßig spielen, ein riesiges Potenzial: die Nichtspieler. Oder eben die Menschen, die zum Spielen gebracht werden möchten. Nach Angaben des Instituts für Demoskopie Allensbach spielen zwar rund 5,3 Millionen Deutsche häufig und immerhin 34,2 Millionen ab und zu. Aber eben 31 Millionen nicht.

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Die Zahlen betreffen nur Personen ab 14 Jahre und sind hochgerechnet. Dennoch zeigt sich, welches Potenzial Spieleverlage und Medien nicht ausschöpfen. Nun will nicht jeder Messias sein und alle Menschen zum Spielen bewegen. Aber es zeigt sich eben, dass dort ein Massenmarkt für Gesellschaftsspiele existiert, den nur ganz wenige Player anzusprechen verstehen. Speziell in der Medienbranche schaffen das nur sehr wenige. Sind wir ehrlich: keine einzige Publikation. So sind wir von Reich der Spiele zwar im Internet vorn dabei, was die Zahl der Leserschaft angeht oder beim sogenannten Crossmarketing mit Publikationen wie bspw. Alles für die Frau oder einem Kundenmagazin eines Energieanbieters, aber auch das ist nur ein Teil von dem, was angesichts der Zahlen machbar ist.

Spiel doch soll es richten

Das hat sich auch die w. nostheide verlag gmbh gedacht. Denn abseits von Publikationen wie dem Fachmagazin Spielbox (für Spieler) und dem Magazin Spielböxchen (Kinderspiele) soll es zukünftig Spiel doch als Magazin geben. Klares Ziel: Einen Teil der nicht oder selten spielenden Menschen abholen und auf tolle Spiele hinweisen. Die Verantwortlichen wollen das Heft sogar kostenlos in 30.000er-Auflage verteilen. Ich vermute mal stark, der Start von Spiel doch steht im Zusammenhang mit der neuen Spieledatenbank, die Nostheide zusammen mit Sebastian Wenzel und Mediatrust aufbaut. Über die gemeinsamen Interessen soll eine Plattform entstehen, die eben auch die Gelegenheitsspieler anspricht. Na klar, für die sollte es dann auch ein Printmedium geben. Warum ich das vermute? Weil es zusammenpasst.

Spiel doch: Das Interview, das leider keins war

Die Ankündigung zum Start von Spiel doch im Herbst ist gerade mal ein paar Tage alt. Da stellen sich Fragen. Doch auf Fragen möchte der Verlag nicht antworten. Das müssen und wollen wir natürlich akzeptieren. Unverständlich bleibt es für mich dennoch. Denn wer eine Pressemitteilung herausschickt, hat üblicherweise der interessierten Öffentlichkeit auch etwas zu sagen. Unsere Leserschaft setzt sich außerdem zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Gelegenheitsspielern und Neulingen zusammen. Die hätten sich vielleicht gefreut, wenn sie vom Heft schon vor Veröffentlichung etwas erfahren hätten. Wie beim Thema Spieledatenbank empfinde ich hier die PR von Nostheide als äußerst unglücklich. Aber dennoch – das möchte ich betonen – akzeptieren wir das Nein auf unsere Anfrage.

Die Zielgruppe der „Fast-Nichtspieler“ von Spiel doch

Wie soll ein Magazin die Menschen aber ansprechen, die noch gar nicht wissen, wie sehr ihnen das Spielen gefallen könnte? Denn abseits von Monopoly, Mensch ärgere Dich nicht oder zumindest Die Siedler von Catan sowie den vielen Kartenspielen wie Skat, Romme und mit Glück noch Phase 10 gibt es in der Tat viel zu entdecken. Der klassische Weg ist jedenfalls voller Hindernisse, denn sonst hätten Spielemagazine eine sechsstellige Auflage.

Spiel doch wählt den bekannten Weg des Expertentums. Mit Udo Bartsch, Martin Klein und Guido Heinecke stehen kompetente Schreiber aus der Jury Spiel des Jahres zur Verfügung und in verantwortlicher Stellung. Die haben einen guten Überblick und können den Unwissenden (das meine ich nicht abfällig) gute Tipps geben. Damit setzt Nostheide einen Gegenpol zum gescheiterten Gamemob-Projekt, bei dem es eher spieleunerfahrene Redakteure waren, die Gesellschaftsspiele in den Mittelpunkt setzen sollten. Nun also die Variante, bei der die Macher wissen, was sie bekommen.

Expertentipps für Spieleneulinge?

Hier schließt sich eine Frage an, die mich schon seit Längerem beschäftigt. Können Experten wie die drei aus der Jury oder auch andere erfahrene Spieler, die sich zum Schreiben berufen fühlen, überhaupt erahnen, was solchen Kaumspielern oder Noch-Spieleverweigerern gefallen könnte? Immerhin sind es gerade die scheinbar schrecklichen Spiele, die belanglosen Spaßbremsen unter den Gesellschaftsspielen, die unbedarfte Neulinge ansprechen. Oder spielen die Menschen abseits der Spieleszene wirklich deshalb gern Monopoly & Co, weil sie nichts anderes kennen? Aus Erfahrung weiß ich es besser: Es macht ihnen Spaß! Ein Fakt, der in der Szene scheinbar kaum zu ertragen ist, so missionarisch grätzen alle gegen Monopoly und setzen auf Alternativen.

Das ist für mich einer der interessantesten Punkte bei der Diskussion um Medien, Spielejournalismus und Zielgruppen überhaupt: Können wir solche Menschen – wenn wir das wollen – erreichen. Wenn ja, wie?

Ich bezweifele nicht, dass Experten solchen Neulingen gute Tipps geben können. Es gibt viele interessante Spiele, die auch abseits der Szene gut ankommen. Aber: Die Experten stammen nicht von außerhalb. Sie erreichen in der Regel Spielefans oder Interessierte. Das ist nicht die Masse, die mit dem Magazin Spiel doch erreicht werden soll. Ich bezweifel daher eher, ob die Experten von Spiel doch oder auch wir überhaupt die Kenntnisse haben können, welche Gesellschaftsspiele solche Menschen ganz allein für sich entdecken, kaufen und regelmäßig spielen möchten. Sind die Experten nicht zu weit von der Zielgruppe entfernt? Immerhin sind sie es, die Spiele auf Spieleveranstaltungen testen und für Einsteiger für gut befinden. Nur, dass auf diesen Veranstaltungen in der Regel gar keine Einsteiger vorhanden sind. Ohne Spielekenner wird es aber natürlich auch nicht gehen.

Spiel doch! – Oder doch nicht?

So bleibt es ein schwieriges Unterfangen, was Nostheide da plant. Nicht zuletzt muss auch der Vertrieb des kostenlosen Magazins organisiert werden. Im Bahnhofkiosk sehe ich das Heft jedenfalls nicht. Dort nimmt es Platz und damit Umsatz weg. Ich befürchte, es wird dort zu finden sein, wo die eigentliche Zielgruppe der nicht informierten Spieler eben nicht ist: Im letzten Spieleladen an der Excke oder auf einer Spiele-Veranstaltung. Gelingt es, doch andere Wege zu erschließen, kann Spiel doch ein spannendes Brückenmedium werden. Ich finde, es hat schon viel zu lange gedauert, ein solches Magazin anzutesten. Im Online-Bereich decken aber längst andere dieses Segment halbwegs professionell oder zumindest semiprofessionell ab. Ich sehe uns da auch auf einen guten Weg. Aber für Interessierte Nichtspieler ist ein Printmagazin eine gute Sache. Nur muss dann die Ansprache stimme, der Inhalt ordentlich aufbereitet sein und vor allem müssen die Schreiber ihre Zielgruppe kennen. Aber, um es zu überzeichnen: Welcher Spiele-Kenner kennt schon interessierte Spiele-Verweigerer? Ich bin jedenfalls gespannt, wie Spiel doch bei der Zielgruppe ankommt.

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1 Kommentar

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Michael Weber 16. September 2015 at 09:57

Entgegen meiner Annahme (Pressemitteilung sprach von „verteilt“) kostet die erste Ausgabe von Spiel doch 3,90 Euro. Wir haben übrigens eine kostenlose Alternative für die Zielgruppe der „Einsteiger“ im Programm. 

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