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Von Dichter und Denker zu Spiele und Spieler

Frank Riemenschneider

Was fehlt, um Gesellschaftsspiele alltagstauglich zu machen?

Jeder hat schon mal ein Buch gelesen. Angefangen von der Raupe Nimmersatt und Räuber Hotzenplotz bis zu unseren Klassikern wie Faust oder Die Physiker. Der Vorteil von Büchern liegt auf der Hand. Bücher kann man überall lesen. Entweder eingekuschelt auf der Couch oder breitbeinig in der Straßenbahn. Lesen kann man überall. Zu jeder Tageszeit. Und wir wissen so einiges über Bücher. Ein Buch hat einen Autor, einen Lektor, Übersetzter und einen Verlag. Bücher, so bringt man es uns bei, werden nicht weggeschmissen. Sie sind kostbares Kulturgut. Auch Menschen, die Bücher ablehnen, wissen das. Und professionelle Autoren leben von ihrer Arbeit.

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Computerspiele sind beliebt

Für Computerspiele gilt das nur bedingt. Auch sie können inzwischen zwar fast überall gespielt werden. Aber haben sie einen Autor? Eher ein Programmierteam. Der Verlag ist ein Publisher. Computerspiele sind sogar kostenlos zu haben und trotzdem können damit Millionen von Euros umgesetzt werden. Ein Teil dieses Geldes wird für die Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt. Das hat sich gelohnt. Studien, Aufsätze und richtig fette Preisgelder für den Deutschen Computerspielepreis. Bundestagsabgeordnete widmen einen Teil ihrer knappen Zeit, um sich zum daddeln zu treffen. Man will schließlich informiert sein und mitreden können. Lobbyisten sorgen auf ihre Art und Weise dafür, dass Computerspiele nicht in Vergessenheit geraten. Und siehe da, es wirkt sich in der Öffentlichkeit positiv aus. 

Und was ist mit Gesellschaftsspielen?

Jeder hat schon mal ein Gesellschaftsspiel gespielt. Vielleicht sogar ohne es zu ahnen. Ist ja nur ein Spiel. Mensch ärger dich nicht, Schiffe versenken, Spiel des Lebens oder Obstgarten. Und weiter? Gesellschaftsspiele sind teuer, langweilig, dauern ewig, haben Regeln, nehmen Platz weg und sind doof. Spieler von Gesellschaftsspielen sind meistens Studenten oder Leute mit viel Zeit. Zudem sind sie langweilig und ungepflegt. Der Skatspieler sagt von sich: Skat ist das Spiel. Alles andere ist Kinderkram und ist nicht wert, dass man es spielt. Das gilt auch für ein paar andere Spieler und Spiele. Die Verzweiflung in der Branche ist groß. So groß, dass mittlerweile Internetblogger bezahlt werden, damit sie einen zusätzlichen Anreiz haben, um über Gesellschaftsspiele zu schreiben. Aber vielleicht ist das auch der richtige Ansatz, um die Mauer der Branche zu überwinden. Alles andere hat ja in den letzten 35 Jahren versagt. Die Lösung ist für mich immer noch der Öffentlichkeit klar zu machen: Gesellschaftsspiele sind Kulturgut genauso wie Bücher und Musik. Das muss so rübergebracht werden, dass auch die Rechtsprechung es versteht. Hinter Gesellschaftsspielen stehen Autoren, Illustratoren, Redakteure und ein Verlag mit seinen Angestellten, die alle mit ihrer guten Arbeit auch Geld verdienen wollen. Die machen das nicht aus Zeitvertrieb! Stichwort: Kreativwirtschaft und Urheberschutz. Wer Gesellschaftsspiele spielt, ist kein Idiot, Körnerspucker oder Sonderling. Spielen ist keine Zeitverschwendung.

Packen wir es an

Dieses dicke Brett will gebohrt werden. Wenn es mal eine Spiegel-Bestsellerliste für Gesellschaftsspiele geben würde oder die Werbewirtschaft uns Spieler für sich entdeckt, wäre schon viel gewonnen. Die einen rufen nach George Clooney, Jonny Depp und Kaya Yanar, um der Branche zu mehr Publicity zu verhelfen. Ich habe schon nach Herbert Feuerstein als Botschafter des Gesellschaftsspiels gerufen. Sportler sind eigentlich auch gut. Aber letztendlich ist jeder von uns selber gefragt. Dann wird aus dem Land der Dichter und Denker das Land der Spiele und Spieler.

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1 Kommentar

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Daniel Wüllner 14. März 2014 at 07:55

Danke Frank,

da kann ich nicht mehr viel hinzufügen. Ich sehe das Problem ähnlich. Leider hast du die Kritikpunkte, die die Gesellschaft gegen die gleichnamigen Spiele haben schon recht gut aufsummiert: zu teuer, zu viel Zeit, man braucht zu viel Leute. 

Ich habe mich letztens mit Tom Werneck darüber unterhalten, wie der Spiel des Jahres Preis die Situation der Gesellschaftsspiele verändert hat. Mir war das so nicht bewusst. Und dennoch ist die Berichterstattung über die Brettspiele zurückgegangen, da konkurriendene Zeitvertreibe einfach einfacher sind.

Schmackhaft kann man Brett- und andere Gesellschaftspiele nur machen, wenn man sich damit auskennt, wenn man Nicht-Spieler langsam an die diese Spiele heranführt und sie ihnen gleichzeitig weiß, schmackhaft zu machen.

Da ich selber zum schreibenden Volk gehöre, weiß ich, wie schwer es heutzutage ist, einen Text über Brettspiel in der Zeitung unterzubringen. Freut mich, dass es zumindest bei Spiegel Online mit ehemals Konrad Lischka und jetzt nue Markus Böhm, Menschen gibt, die wissen, wovon sie reden.

Ach ja, können wir die Bestseller-Liste vielleicht Brettseller-Liste nennen? 😉

Liebe Grüße,

Daniel

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