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Puerto Rico – limitierte Jubiläumsausgabe 2020

Puerto Rico (2020) - Ausschnitt - Foto von aleaspiele/Ravensburger

Das Spiel Puerto Rico von Andreas Seyfarth erschien erstmalig 2002 bei Alea. Es stellte für den Verlag, den Autor und uns Spielern einen besonderen Meilenstein dar. Eine enorme Spieltiefe, Verzahnung der Mechanismen, Variabilität und dem besonderen Kniff des Timings, der Entscheidung, wann welche Aktion sinnvoll erscheint, das zeichnet Puerto Rico bis heute aus!

Nach gut zehn Jahren erschien eine Fassung, in der die Grafik des Spiels komplett überarbeitet wurde, die Spielidee aber unberührt blieb. Die beiden Erweiterungen mit ihren neuen Gebäuden und der zusätzlichen Bevölkerungsgruppe der Adligen wurden hinzugenommen. Die Mechanismen sind ausgiebig im Artikel der Ersterscheinung beschrieben, ich bitte bei Interesse dort nachzulesen. Ich werde mich auf die Unterschiede und Erweiterungen konzentrieren. 

Besonderheiten der Jubiläumsausgaben 2020

In der Version von 2020 finden wir ebenfalls völlig überarbeitete Illustrationen. Anfänglich war ich skeptisch, die Zeichnungen des Vorgängers von 2011 gefielen mir gut. Mit sehr viel Liebe zum Detail wurde hieran gearbeitet. Aber doch, der neue Stil weiß mir zu gefallen. Die Gebäude sind jetzt farbintensiver und besser voneinander zu unterscheiden. Es sind Kleinigkeiten, die wirken: Kaufpreis und Siegpunktewert sind deutlicher erkennbar. Nebenbei bemerkt: Öfter habe ich den Eindruck, dass Spielmaterial und Grafiken bei Tage in sehr gut beleuchteten Büros geschaffen werden, wo es leicht aus dem Blick gerät, dass doch überwiegend am Abend mit mäßigerem Licht gespielt wird. Hier macht Alea alles richtig. 

Zudem ist jetzt zu den möglichen Aktionen jeweils ein Symbol geschaffen worden, welches sich auch auf den Gebäuden wiederfindet, zur Erinnerung, wann sie zum Wirken kommen. Die Produktionsgebäude und Plantagen haben nicht mehr in Gänze eine andere Hintergrundfarbe, sondern nur noch als schmaler Balken an der rechten Seite.  

Einen Aspekt finde ich schade: Die ein, zwei Stichwörter auf den Gebäuden zu ihrer Funktion sind jetzt weggelassen worden. Zur Orientierung, wenn es dann doch wieder ein halbes Jahr her ist seit dem letzten Spiel, fand ich das hilfreich. 

Als Ergebnis eines Ideenwettbewerbes veröffentlichte das Printmagazin Die Spielbox 2002 zwölf neue kleine und zwei große Gebäude. Grundregeln und Spielziel blieben gleich. Da die Gebäudeauswahl fortan eine Mischung von alten und neuen Gebäuden bedeutete, wurden alte Lieblingsstrategien ganz wunderbar ausgehebelt. Entweder dadurch, das die alten Lieblinge gar nicht auftauchten oder von anderen Killerstrategien ersetzt wurden. 

Ich werde jetzt nicht auf alle Gebäude im einzelnen eingehen. Manche erleichtern das Bauen, andere das Verschiffen. Der Leuchtturm erscheint mir zu teuer für seinen Effekt, einen Taler pro Lieferung extra. Die Statue ist für stumpf acht Punkte nicht sehr inspiriert. Das Gasthaus ist klasse, zwei Arbeiter parke ich darin, die in einer beliebigen Phase einsetzbar sind. Die Bibliothek ist ein Eiertanz, früh erworben immer mit doppeltem Rollenprivileg spielen, ist prima, aber acht Taler zum Erwerb müssen erst mal gespart sein. Unter dem Strich lohnen sie sich schon, dem Spiel hinzuzufügen, da sie viel Abwechslung bedeuten.

Puerto Rico (2020) - Material - Foto von aleaspiele/Ravensburger

Die Schatzkiste

Im zehnten Jahr seit Gründung des Verlages, 2009, veröffentlichte Alea die Schatzkiste mit zehn Erweiterungen für sechs ihrer Spiele. Für Puerto Rico kamen sieben kleine und ein großes Gebäude neu hinzu, sowie Adlige als Alternative zu den Arbeitern. Diese tauchen nur in geringer Zahl während des Spiels auf, zählen grundsätzlich einen Punkt am Ende und bieten bei der Hälfte der neuen Gebäude eine interessante Wechselwirkung. Konkret bedeutet das, dass die Wirkung unterschiedlich ist, je nachdem, ob das Gebäude mit einem Arbeiter oder Adligen besetzt ist. Dadurch eröffnet sich ein ein neuer Strang, um Punkte zu generieren. Wenn, dann kommen immer alle Adligengebäude ins Spiel. In mancher Partie entstand der Eindruck, dass, wenn konzentriert auf diese gespielt wird, die Wechselwirkungen dieser Gebäude untereinander zu stark sind.

Puerto Rico 2020: mit Erweiterungen

Neu hinzu gekommen sind zwei Minierweiterungen des vorletzten Jahres:

Zum einen das Puerto Rico Festival. Zum Anlass eines Spiel-Festivals in Cordoba in Spanien, entwarf es Andreas Seyfarth. Auf einem kleinen Tableau werden zufällig eine Plantage, ein dreier Gebäude und drei Waren platziert. Wer diese erstmalig (drei Plantagen) baut oder produziert, erhält einmalig drei Arbeiter, drei Geld oder drei Siegpunkte. Diese zusätzlichen Möglichkeiten fanden nur selten echtes Interesse und wurden maximal am Rande mitgenommen, als dass gezielt darauf gespielt wurde.

Zum anderen die Rollenkarte des Freibeuters. Diese ist Bestandteil der Classic Goodie Box von Frosted Games. Wer sie wählt, erhält nur einen von vier Vorteilen: 

  • Ein Schiff aller Waren entledigen und drei davon behalten.
  • Selbiges mit dem Warenhaus, ein Punkt pro Ware erhalten.
  • Die Arbeiter der Anwerbestelle auf die Spielerzahl zu reduzieren und bis zu drei behalten.
  • Eine andere Rolle gefangen nehmen. Das Geld darauf nehmen und weiteres Lösegeld dazu, falls ein anderer in dieser Runde noch die Rolle wählt.

Diese neue Rolle ist eine echte Bereicherung des Spiels. Damit gewinnt es an taktischer Raffinesse und schafft gerade am Anfang des Spiels und in kleiner Runde der Lähmung von Schiff und Handelshaus einen Ausweg, da sich diese oft nur langsam füllten oder kaum Umschlag hatten, da immer noch kein Kaffee produziert wurde.

Ich weiß nicht, wann die Regel für zwei Spieler erstmalig auftauchte, in der ersten Auflage gab es sie noch nicht. Jedenfalls funktioniert Puerto Rico hervorragend zu zweit! 

Das Problem der Kolonialisierung

2020 hat das Thema der Kolonialisierung einen anderen Stellenwert als noch 2000. Auf der letzten Seite der Regel gibt es einen Hinweis dazu, den es so in der Form bei allen anderen Versionen des Spiels nicht gab. Ein Satz lautet: „Eine Verharmlosung dieses Themas ist nicht im Sinne des Verlages.“ In meinen Augen passiert das aber durch die Nutzung der Arbeiter. Auf den Plantagen  wurden Sklaven eingesetzt. Seid Entdeckung der Insel durch Kolumbus war das gute 400 Jahre an der Tagesordnung. 1873 wurde die Sklaverei erst abgeschafft. 

In den früheren Versionen des Spiels nannte sich die Aktion: Bürgermeisterphase – Eintreffen neuer Kolonisten. Von einem Schiff kommend wurden braune Spielsteine unter der Spielern verteilt. Daran hat in der ersten Auflage sicher keiner einen tieferen Gedanken verschwendet. Alles eine Frage der Wahrnehmung und die hat sich verändert. In der aktuellen Fassung heißt die Aktion jetzt Vorarbeiterphase – Eintreffen neuer Arbeiter. Lilafarbene Spielsteine werden von einer Anwerbestelle unter den Spielern verteilt.

Puerto Rico (2020) - Schachtel - Foto von aleaspiele/Ravensburger

Der Verlag steckt in einem Dilemma. Er könnte formulieren, wir bilden im Spiel vereinfacht ein Stück weit historische Entwicklung ab und dazu gehört auch die Sklaverei. Das wäre ehrlich. Aber was würde das bedeuten? Mit jeder Partie müssten sich die Spielenden erneut aktiv für die Sklaverei entscheiden. Es wird welche geben, die das hinnehmen werden, aber anderen wird es den Spaß verderben. 

So aber wird behauptet, man wolle nicht verharmlosen, aber genau das passiert. „Alea würde heutzutage ein Spiel mit einer solchen Thematik nicht mehr veröffentlichen.“ Aber sie tun es doch in vierter Auflage, somit verstehe ich diese Aussage nicht. An anderer Stelle im Internet wird ausgiebig, vielseitig und breit diskutiert, wie mit dem Thema umzugehen wäre, das ist wichtig und gut. Den letzten Absatz, das Leid weder ignorieren zu wollen, noch zu bagatellisieren, das nehme ich dem Verlag ab!

Was bleibt, ist ein Spiel, das nach so langer Zeit immer noch eine Perle ist, sich mit dem Thema aber im Spiel unkritisch auseinandersetzt.

Infos zu Puerto Rico – limitierte Jubiläumsausgabe 2020

  • Titel: Puerto Rico
  • Verlag: Ravensburger, alea Spiele
  • Autor: Andreas Seyfarth
  • Spieleranzahl (von bis): 2-5
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 12
  • Dauer in Minuten: 90-150
  • Jahrgang: 2020

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