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Spieleautor Michael Rieneck über sein Spiel Grog Island

Schachtelgrafik des Brettspiels Grog Island - Foto eggertspiele - Pegasus

Versteigerung nach Piratenart

Michael, bei eggertspiele veröffentlichst du zur Spielemesse in Essen 2014 das Spiel Grog Island. Der Titel klingt spannend. Was verbirgt sich hinter dieser Bezeichnung?
„Spätestens wenn man das Cover sieht, erkennt man, dass Grog Island thematisch in der Welt der Piraten angesiedelt ist. Grog Island ist der Name der Insel, auf der sich das Geschehen abspielt. Wir brauchten einen international gut klingenden Namen für das Spiel, der nach Möglichkeit eine leicht humorige Assoziation zum Piratenthema erzeugt. Und gerade unter Spielern ist ein Grog ja als berüchtigtes Piratengebräu ziemlich bekannt. Die Idee für den Namen kam von Viktor, der das Spiel nicht nur in dieser Beziehung redaktionell toll betreut hat.“

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Das Thema versprüht also Seeräuberromantik. Was ist aber die Aufgabe der Spieler bei Grog Island?
„Die Aufgabe der Spieler ist für Piraten eher ungewöhnlich. Aktivitäten wie Entern, Fechten, Meutern oder Schatzsuchen spielen keine Rolle. Das Spiel geht eher der Frage nach, was erfolgreiche Piratenkapitäne am Ende ihrer Laufbahn eigentlich mit dem ganzen Gold machen, das sie erbeutet haben. Die Antwort findet man dann auf dert Insel Grog Island. Sie investieren das Gold in lukrative Geschäfte: Schnitzwerkstätten für Galionsfiguren, Holzbein-Shops, Manufakturen für Voodoo-Puppen, sowas in der Art. Und wie das auch bei Piraten nicht anders ist, bekommt die Läden derjenige, der am meisten dafür bezahlen will. Grog Island ist also in erster Linie ein Versteigerungsspiel.“

Mit welchen Mechanismen setzt du dieses Thema um? Was macht den Spielreiz aus?
„Wie gesagt, Grog Island ist ein Spiel, das in mehreren Versteigerungsrunden gespielt wird. Das klingt ja erst mal nicht besonders innovativ. Der spielerische Gag liegt aber in der Art, wie man etwas ersteigern kann. Zwei Aspekte spielen dabei eine wesentliche Rolle. Zum einen geben fünf farbige Würfel den Spielern jede Runde vor, wofür man überhaupt wie viel bieten darf. Die Höhe der einzelnen Gebote muss sich nämlich aus den aktuellen Würfelaugen bilden lassen. Und das eigentliche (interessante) Problem dabei ist, dass die Farben der für das Gebot ausgewählten Würfel auch noch bestimmen, auf welchem Teil der Insel der Sieger der Versteigerungsrunde überhaupt Gebäude in Besitz nehmen darf. Da stehen aber nicht unbedingt immer die Läden, auf die man gerade ’scharf‘ ist. Da kann es manchmal besser sein, rechtzeitig zu passen.

Und das ist der zweite wichtige Aspekt. Etwas zu ersteigern ist schön und gut und wichtig, aber Spieler, die passen, gehen keineswegs leer aus. Ganz im Gegenteil, sie bekommen Einkommen in Form von Waren, die sie anschließend an vorbeifahrende Händlerschiffe verhökern können. Dafür bekommen sie frisches Gold oder andere Vorteile. Wer später passt, bekommt meistens ein höheres Einkommen. Sicher ist das allerdings nicht, denn das hängt wiederum auch von den aktuell im Gebot befindlichen Würfeln ab. Der Nachteil des späteren Passens liegt auf jeden Fall darin, dass man eventuell nicht mehr den Händler bekommt, den man gerne hätte, weil er schon von einem Spieler, der vorher gepasst hat, beliefert wurde. Die Versteigerungen bei Grog Island beinhalten also weit mehr Entscheidungen, als nur die klassische Frage nach der Höhe des richtigen Gebots.“

Gibt es etwas, worauf Spieler achten sollten? Es scheint ein bisschen so zu sein, dass jeder die richtige Balance zwischen Bieten und anderen Aktionen finden muss?
„Balance ist – wie so oft – ein guter Tipp. Und Timing natürlich. Denn eins ist bei einer Versteigerung klar: Was weg ist, ist weg. Da man am Ende Punkte für Auftragskarten erhält, sollte man diese im Auge behalten und seine Möglichkeiten stets gut abwägen. Durch Papagei-Karten und einige Händleraktionen kann man auch noch ein bisschen rumtricksen. Die kleinen Kniffe, die sich noch so im Spiel befinden, sollte man nicht unterschätzen. Davon verrate ich aber an dieser Stelle noch nichts.“

Wie anspruchsvoll wird Grog Island sein? Wer wird mit diesem Spiel den meisten Spaß haben?
„Das Spiel ist von den Regeln nicht sonderlich kompliziert. Die Versteigerung ist durch die Reihe der kleinen Entscheidungen, aus denen sie sich zusammensetzt, aber keineswegs trivial. Ich vermute mal, dass sich im Laufe mehrerer Partien die Erfahrung mit dem Spiel auszahlen wird. Das Spiel spielt sich recht freundlich. Alle haben am Ende etwas erreicht, das Spiel ist an keiner Stelle sonderlich böse und lässt sich auch gut aus dem Bauch heraus spielen. Ich denke, jeder der regelmäßig spielt, wird damit gut zurechtkommen. Eggertspiele haben sich auf ihrer 4-Tatzen-Skala für drei Tatzen entschieden. Ich denke, man hätte auch zwei Tatzen wählen können. Wahrscheinlich liegt Grog Island genau dazwischen. Wenn man die Sache mit den Würfeln einmal verinnerlicht hat, gibt es keine Hürden weiter.“

Du hast viele Spiele veröffentlicht, die eine Literaturvorlage haben. Wie wichtig ist für dich ein stimmiges Thema schon bei der Spieleentwicklung?
„Klar, bei Literaturvorlagen ist mir das schon wichtig. Ich schätze das sehr, wenn Mechanismus und Spielgeschichte irgendwie harmonieren. Wenn ein Spiel wie Grog Island aber eindeutig von der Mechanismus-Seite her entwickelt wurde, resultiert das meistens in einem austauschbaren Thema, das dann in der Regel erst zum Schluss festgelegt wird. Und natürlich könnte eine Versteigerung auch ein ganz anderes Setting haben, als ausgerechnet Piraten, die ihr Gold investieren. Ich finde das aber lustig und denke, dass es auch ganz gut passt. Für mich trägt auch die wunderbare Grafik von Klemens Franz sehr zum Spielspaß bei.“

Gibt es auch Themen, die du für ausgelutscht hältst? Oder hast du Themen, für die du gern mehr Spiele sehen würdest?
„Nein, eigentlich nicht. Die Qualität eines Spiels hängt von so vielen Dingen ab. Ich bin sicher, man kann immer noch tolle Eisenbahnspiele machen, obwohl es schon so viele davon gibt. Venedig finde ich nach wie vor genial. Ich würde gerne mal ein Venedig-Spiel machen, obwohl ich noch nie da war. Auf ein Spiel mit dem Hintergrund japanischer oder griechischer Mythologie hätte ich auch Lust. Da gäbe es eine ganze Reihe schräger Kreaturen, die sich von unseren tollen Spiele-Illustratoren sicher wunderbar malen ließen. Und ich stehe total auf Vampire.“

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