Die HABA-Redakteure Markus Singer und Patrick Tonn über ein ganz besonderes Legacy-Kinderspiel
Patrick Tonn ist Spieleredakteur bei HABA. Eigentlich sollte man meinen, so ein Mensch bekommt eine Spielidee auf den Tisch, verleiht ihr den letzten Schliff und realisiert sie dann mit tollen Materialien für die Produktion. Stimmt. Aber dann bekam er als „Sidekick“ für seinen Kollegen Markus Singer das Familienspiel Käpt’n Pepe auf den Tisch. Flugs schreibt er einen ganzen Song und nahm ihn auf. Wie kommt ein Spieleredakteur dazu, ein „Spielesänger“ zu werden? Wir haben ihn und den hauptverantwortlichen Spielredakteur, Markus Singer, zum Kinderspiel Käpt’n Pepe – Schatz Ahoi einfach gefragt.
Markus, damit unsere Leserschaft zunächst die Arbeitsweise versteht: Ihr habt bei HABA als Redakteure zu zweit an Käpt’n Pepe gearbeitet?
Markus Singer: „Genau, in der Regel ist es bei HABA so, dass jedes Spiel von zwei Personen betreut wird. Ein/e Spieleredakteur/in als Hauptverantwortliche/r und ein Spieleredakteur/in als Sidekick. So hat man neben dem/r Autor/in auch immer intern jemanden mit dem man Ideen austauschen und brainstormen kann. Aber natürlich ist nicht nur Sidekick, sondern die ganze Spieleredaktion involviert.“
Kurs in Richtung Schatz
Zuletzt ging ein Legacy-Spiel für Familien durch eure Hände: Käpt’n Pepe, Schatz Ahoi von Christos Giannakoulas und Manolos Zachariadis. Was versteckt sich thematisch hinter diesem Titel? Es klingt sehr nach Schatzjagd, Piraten und Seefahrt.
Markus: „Ja, diese drei Stichworte bringen es sehr gut auf den Punkt. Gemeinsam erleben die Spieler/innen mit Käpt’n Pepe und seiner Crew ein großes Abenteuer in 25 Kapiteln auf hoher See. Dabei soll verhindert werden, dass die böse Piratin Madame Goldzahn den ‚Schatz der Sieben‘ in ihre Klauen bekommt. Dieser ist so mächtig, in ihrem Besitz würde das den Untergang der ganzen Welt bedeuten. Auf dem Weg gibt es so einige Geheimnisse zu lüften, Schätze zu entdecken und es werden so einige Bekanntschaften gemacht. Ich will nicht zu viel verraten, aber als Piratenfan hat man natürlich schon von Riesenkraken, wilden Stürmen auf hoher See oder auch Gespenstern gehört.“
Legacy bedeutet hier eine besondere Schatzjagd
Der Legacy-Mechanismus spielt eine wichtige Rolle. Der Begriff steht für ein Spielerlebnis, dass durch neue Komponenten und Regeln in den Folgepartien auf bereits Erlebtes aufbaut. Welche Überraschungen dürfen Fans bei Käpt’n Pepe erwarten? Wie stark steigt der Schwierigkeitsgrad dadurch an?
Markus: „Genau, Legacy bedeutet vor allem auch das Bekleben des Spielmaterials mit nach und nach freigespielten Stickern und das Freischalten von neuem Spielmaterial im Laufe der Geschichte. Was genau, müsst ihr selbst herausfinden, aber grundsätzlich erwarten euch mit jeder neu freigespielten Schatzkiste auch neue Herausforderungen. Dadurch das diese Schritt für Schritt eingeführt werden, ist es für Kinder (und Erwachsene) nie überfordernd, sondern alle wachsen gemeinsam in die Aufgaben hinein. Zudem muss man zum Fortschritt der Geschichte nicht alles immer perfekt schaffen. Wenn man das aber doch will, um wirklich alle Sticker zu erbeuten, kann man jedes Kapitel beliebig oft probieren.
Hat man das Spiel durchgespielt, kann man natürlich die verschiedenen Module aus den Schatzkisten neu kombinieren – so kann man den Schwierigkeitsgrad selbst steuern und sogar Erwachsene können sich daran – im positiven Sinne – die Zähne ausbeißen.“
Schatzkisten und andere Überraschungen
Mit welchen Mechanismen bringen die beiden Autoren den Spaß auf das Brett? Wodurch zeichnet sich Käpt’n Pepe besonders aus?
Markus: „Das Schöne an Käpt’n Pepe, Schatz Ahoi ist, dass es den Spielenden aus den unterschiedlichsten Gründen Spaß macht. Pepe hat nicht nur eine Besonderheit, sondern mehrere!
- Da wäre zum einen die unfassbar spannende Geschichte. Viele können kaum erwarten wie die Geschichte weitergeht und so wird eine Partie nach der anderen gespielt. Dabei kann die Geschichte entweder von einer Person vorgelesen werden oder alle hören sich die Geschichte per QR-Code für jedes Kapitel an. Denn wir haben die komplette Geschichte vertont. Insgesamt sind das ca. 60 min. Hörzeit! Aber Achtung! Natürlich immer nur so weit hören wie ihr beim Spielen gekommen seid!
- Zum anderen sind ein großer Faktor die geheimen Schatzkisten. Die Spielenden können es kaum erwarten zu erfahren was sich jeweils in den Schatzkisten verbirgt. Die neuen Spielinhalte sorgen dafür, dass das Spiel immer wieder neue Herausforderungen bereithält.
- Kinder lieben vor allem den Sammelfaktor bei den Stickern. Viele kennen das auch aus dem Kindergarten oder der Grundschule – hier werden Sticker in Sticker Alben gesammelt und getauscht.
- Und dann ist da natürlich vor allem die grundlegende Spielmechanik:
- Im Spiel versuchen alle gemeinsam die Crewmitglieder zu den farblich passenden Rudern auf dem Schiff zu bewegen. Nebenher läuft dabei eine Sanduhr ab – das kann dann schon mal hektisch und aufregend werden. Teamgeist, gute Kommunikation, ein bisschen Logik und manchmal auch eine Prise Glück sind gefragt! Denn desto mehr Crewmitglieder vor Ende der Sanduhr auf ihren Plätzen stehen, desto mehr Belohnungen werden erbeutet.
- Langzeitspaß: Auch wenn man die komplette Geschichte mit allen 25 Kapiteln durchgespielt hat – das Abenteuer ist noch nicht zu Ende! Die Inhalte der Schatzkisten können nun beliebig kombiniert werden und so können sich die Spielenden ganz eigenen Herausforderungen stellen.“
Besonders die letzten Kapitel bieten so einige Überraschungen, die auch Erwachsene herausfordern.
Ihr weist den Titel für ein Alter ab sechs Jahren aus, allerdings in der grünen Verpackung für Familienspiele. Werden Erwachsene mit Käpt’n Pepe ebenso viel Spaß wie Kinder haben?
Markus: „Bei unserem neuen Schachtellayout hat sich das System ein wenig geändert – es geht weniger nach Familienspiel- oder Kinderspiel, sondern nach dem Alter. So sind alle Spiele ab 6 Jahren in der grünen Verpackung. Die randlose Verpackung in der früher alle unsere Familienspiele verortet waren, gibt es so gar nicht mehr. Unsere Spiele bieten generationsübergreifend Spaß, sodass Kinder, Eltern und Großeltern gemeinsam eine schöne Zeit beim Spielen verbringen.
Das ist insbesondere bei Pepe eine super Lösung. Denn das Spiel ist zwar ab 6 Jahren aber soll gar nicht als reines Kinderspiel gesehen werden. Im Grunde genommen ist es ein Spiel für die ganze Familie mit Kindern. Und ja – auch die Erwachsenen haben sehr viel Spaß am Spiel. Das liegt zum einen an der Spielmechanik an sich – dadurch, dass es ein kooperatives Spiel ist, sind alle gemeinsam und gleichzeitig involviert. Besonders die letzten Kapitel bieten so einige Überraschungen, die auch Erwachsene herausfordern. Und zum anderen sind natürlich auch die Erwachsenen gespannt darauf, was sich an Stickern in dem großen Umschlag und den Schatzkisten verbirgt.“
Einfacher Einstieg durch eine gute Anleitung
Die erste Partie entscheidet für Käuferinnen und Käufer über den Spaß. Hier kommt erschwerend hinzu: Klappt es im ersten Versuch nicht, bleiben ihnen der gesamte Legacy-Effekt verborgen. Worauf sollten Interessierte achten, um speziell bei diesem Titel von Anfang an viel Spaß zu haben? Welche Fehler sind zu vermeiden und worauf kommt es gerade in der ersten Partie an?
Markus: „Ja, die erste Partie ist besonders wichtig. Eventuell sogar nicht die Partie an sich, sondern das Lernen der Spielregeln vor der Partie! Hier bieten wir aber viele Einstiegshilfen:
- Zum einen führt die Spielanleitung Schritt für Schritt durch ein kleines Einführungsspiel. Hier werden der Aufbau und die Grundregeln des Spiels einfach erklärt, sodass schnell losgespielt werden kann. Erst danach kommen nach und nach neue Regeln hinzu.
- Anstatt die Anleitung für das Einführungsspiel zu lesen, kann man sich auch unser Erklärvideo im Internet anschauen. Hier wird der Einstieg Schritt für Schritt erklärt und bereits nach 2 Minuten im Video werden die Spielenden aufgefordert selbst aktiv zu werden!
- Das Wichtigste: Hauptsache alle haben Lust auf ein gemeinsames Abenteuer mit Käpt’n Pepe! Und wirkliche Fehler gibt es nicht – gerade im Einführungsspiel kann man sich Zeit lassen da die Sanduhr noch nicht zum Einsatz kommt. Und da es ein kooperatives Spiel ist, können sich alle gegenseitig helfen.
Wichtig bei einem Legacy-Spiel ist natürlich: Verborgene Inhalte erst aufmachen, wenn ihr dazu aufgefordert werdet – es ist ein bisschen wie bei einem Buch oder Film – da will man ja auch nicht das Ende vorab wissen.“
Der Song über Käpt’n Pepe
Käpt’n Pepe ist weit mehr als ein Brettspiel. Es gibt eine akustische Begleitung. Patrick, du hast einen Titelsong geschrieben, eingespielt und gesungen. Dieser ist unter anderem auf YouTube zu hören. Wie verrückt muss man sein, um das zu machen? Wie kam es zu dieser kuriosen musikalischen Begleitung?
Patrick Tonn: „Ein bisschen Verrücktheit schadet bei solchen Projekten sicher nicht! Und da ich mich als Markus’ Sidekick auch über einen langen Zeitraum und sehr intensiv mit Pepe und seiner Crew auseinandergesetzt habe, war es dann wohl irgendwann einfach so weit.
Nach einem mehrstündigen Pepe-Meeting musste ich erst einmal meinen Kopf frei bekommen. An diesem Tag im Home-Office stand praktischerweise meine Gitarre gleich dafür bereit. Üblicherweise brauche ich schon ein paar Tage, manchmal sogar Wochen, um einen Song zu schreiben. Aber diesmal war es fast so, als hätte ich die Unterstützung einer ganzen Piratencrew, die mir in Nullkommanichts Ideen für Melodie und Text lieferten. “
Neben der eingängigen Melodie und den im Text vorkommenden Tierfiguren aus dem Spiel hat ein Kinderchor eine tragende Rolle. Wer sind diese Kinder und wie habt ihr sie ausgewählt?
Patrick: „Im Refrain sind die ‚Casi-Singers‘ zu hören – knapp 30 Mädels und Jungs aus dem Chor eines Gymnasiums in der Nähe von Bad Rodach – darunter auch ein paar HABA-Kids!
Stefan Fischer, ein Kollege, der für die Entwicklung der Werbekampagne von Käpt’n Pepe zuständig ist, hatte die Idee, einen Kinderchor in den Song zu integrieren und diesen für Kinder und Eltern auf den Streaming-Plattformen anzubieten.
Alle Beteiligten fanden das super passend und so kam es, dass wir eine hoch motivierte Gesangsgruppe aufnehmen konnten, die dank ihres Chorleiters Wolfgang Lischke perfekt vorbereitet war.“
Der Titelsong war tatsächlich eine ziemliche ‚Guerilla-Aktion‘
Das Ergebnis kann sich sehen, ähm, hören lassen. Dennoch: Wie wurde der Song „offiziell“ und wurde eine optionale Begleitung zum Spiel? Welche Entscheidungswege waren im Verlag erforderlich, um das Produkt durch die Musik aufzuwerten?
Patrick: „Der Titelsong war tatsächlich eine ziemliche ‚Guerilla-Aktion‘, bei der vor allem viel Leidenschaft und Spaß im Spiel waren. Es gab kein offizielles Briefing für das Lied und ich hätte anfangs auch nicht daran geglaubt, dass es eines Tages auf Spotify zu hören und mit eigenem Musikvideo auch auf YouTube zu sehen sein würde. Aber manchmal braucht man eben ‚einfach nur‘ eine Idee sowie gute Freunde und kreative Kollegen. Vielen Dank an meinen Bruder Jannik für die Drums, an Marcel und Tim für das Recording und Mastering und an Stefan fürs Ermöglichen der Chor-Session und des Videodrehs!“
Das Hörbuch zu Käpt’n Pepe, Schatz Ahoi
Markus, neben dem Titel gibt es ein ganzes Hörbuch, das Teil der Geschichten rund um Käpt‘n Pepe ist und zum Spiel gehört. Welche Rolle hat dieses Hörbuch in einer oder über die Partien hinaus?
Markus: „Das Hörbuch ist die Vertonung der einzelnen Kapitel im Spiel. Die Spielenden können sich also aussuchen, ob sie lieber selbst im Abenteuerbuch den anderen vorlesen, oder sich gemeinsam die jeweiligen Kapitel im Hörbuch anhören.
Aber auch nach Beendigung des Spiels ist das Hörbuch etwas Großartiges für die Kinder. Alle Eltern wissen, wie gerne sich Kinder ihre Lieblingsgeschichten wieder und wieder anhören. Und Käpt’n Pepe, Schatz Ahoi hat auf jeden Fall das Potential, zur Lieblingsgeschichte zu werden! Es ist eine unheimlich spannende Geschichte, die sich auch nach dem Spielen wieder und wieder hören lässt. Sei das bei langen Bahn- oder Autofahrten, zu Hause oder auch zum Einschlafen als Gutenachtgeschichte … Dann aber vielleicht nur einzelne Kapitel, denn die Hörzeit sind ca. 60 Minuten!“
Patrick, nachdem dir der Titel so gut gelungen ist: Juckt es dich in den Fingern, für ein anderes Kinder- oder Familienspiel ebenfalls einen Song zu erfinden oder gar einzuspielen? Gibt es unabhängig von deinem Arbeitgeber vielleicht ein Gesellschaftsspiel, das du schon immer unbedingt vertonen wolltest?
Patrick: „Jetzt, da ich weiß, dass ein Titelsong für eins unserer Spiele möglich ist und wie viel Spaß das macht, spinne ich natürlich schon wieder fleißig herum. Irgendwie schwingt seitdem bei all meinen Projekten die Frage mit: ‚Lässt sich das vielleicht auch vertonen?‘ Und es kann sein, dass ich diese Frage seit ‚Schatz Ahoi!‘ bereits ein zweites Mal mit ‚Ja!‘ beantwortet habe.
Über Soundtracks zu spielen, an denen ich nicht selbst mitgewirkt habe, habe ich bisher noch gar nicht nachgedacht. Mal sehen, was die Zukunft so bringt! Aber aktuell bin ich jedenfalls noch voll im Pepe-Fieber und freue mich auf viele Klicks sowie lautstarke ‚Ahoi!‘-Rufe.“
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Spiele-Offensive
1 Kommentar
Ich mag solchen Verrücktheiten wie ein Lied zum Spiel. Hoffentlich gibt es einen Auftritt auf der Spiel Essen.
Und auch solche Interviews haben für mich und mein Hobby immer einen tollen Mehrwert. Mal hinter die Kulissen geschaut. Super!
(Hinweis: Ich gehöre zwar zum Reich der Spiele, aber das musste ich mal los werden. :-))