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Fatwa gegen Schach

Fatwa gegen Schach

Saudischer Großmufti verbietet königliches Spiel

blankLangsam, aber sicher wird immer klarer, dass die Menschheit zumindest intellektuell zugrunde geht. Religiöse Vollpfosten an jeder Ecke oder überzeugte Volksverhetzer auf jedem Bürgersteig. Die einen trauen sich kaum noch auf die Straße, weil es dort vor Dummheit und Gewalttätern wimmelt, die anderen würden am liebsten Brandbomben schmeißen. Das gilt inzwischen scheinbar weltweit und ist längst nicht auf einige wenige Länder beschränkt. Die Idiotie des Schwachsinns hat nun ausgerechnet das vielleicht bekannteste Gesellschaftsspiel der Erde erreicht. Der Großmufti von Saudi-Arabien hat Schach verboten.

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Schach der Fatwa, Fatwa gegen Schach

Himmel, es mangelt an Aufklärung. Speziell in Saudi-Arabien, dem wichtigen strategischen Partner der westlichen Welt. Dem Land, in dem Frauen kein Auto fahren dürfen, Blogger wegen abweichender Meinungsäußerungen ins Gefängnis kommen und die Strafen in Form von Steinigung, Enthauptung und Gliedmaßen abtrennen so schlimm sind wie die des sogenannten IS. Dieses Land, das sich wegen der territorialen Überschneidung Staatsgebiet und Standort der heiligen Stätten des Islam als Wächter des rechten Glaubens aufspielt, gilt trotz der Anbindung an den Westen alles andere als in der Breite aufgeklärt. So ist es leider nicht verwunderlich, dass immer wieder eine fragwürdige Fatwa erlassen wird. Eine Fatwa ist ein Rechtsgutachten, das als Art Weisung an die Gläubigen gilt. Ein frommer Moslem richtet sich danach.

Nun hat Großmufti Scheich Abdulaziz Al al-Sheikh* das Verbot von Schach per Fatwa beschlossen. Das Spiel ist nun „haram“ (so etwas wie moralisch verwerflich). Das Wort eines Großmuftis ist im übertragenen Sinne des Wortes ein Gesetz. Denn über ihm steht kein Rechtsgelehrter, neben ihm allenfalls Kollegen aus anderen Großmuftiaten. Das Verbot ist somit von oberster Stelle an gläubige Moslems gerichtet. Dass der oberste Koranhüter Saudi-Arabiens Schach verbietet, ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar. Es ist sinnlos, blödsinnig und nicht im Geringsten verständlich. Die Begründung will ich aber doch nachreichen. In einem Video erklärt der Großmufti, dass Schach süchtig machen könnte, eine Verschwendung von Zeit und Geld wäre, Feindschaften hervorbringe und – man staune – die Frommen dazu verleiten könnte, ihre Gebete zu vergessen. Schlimmer noch ist, dass die religiösen Schergen Verstöße gegen diese Fatwa verfolgen könnten.

Glaubt man Medienberichten, hat der sunnitische (das sind die einen aus dem Islam) Großmufti damit die Fatwa seines schiitischen (das sind die anderen im Islam) Kollegen, Großmufti Großajatollah Ali al-Sistani aufgegriffen. Es ist schon verwunderlich, dass ausgerechnet in einer Maßregelung des normalen Lebens die beide wichtigsten Rechtsgelehrten der großen Religionsgruppen einer Meinung sind.

Schach, Herr Großmufti!

An dieser Stelle eine Bemerkung: Normalerweise würden wir das Video bei uns einbinden. Aber solche weltfremden Äußerungen möchten wir uns nicht zu eigen machen. Verstehen wird es ohnehin kaum jemand. Und noch eine Bemerkung: Wir, speziell ich, sollten als alles andere als ausländerfeindlich, anti-islamisch, rassistisch oder, oder, oder gelten. Das haben wir durch Statements immer wieder unterstrichen. Aber diese Meldung ist einfach ein Schlag ins Gesicht aller Menschen. Religion hat nicht das Recht irgendein Gesellschaftsspiel zu verbieten. Schon gar nicht Schach. Schach, das in seiner heutigen Form aus Persien (heute Iran) stammt, einer der religiösen Hochburgen des Islam. Schach, das eines ältesten Gesellschaftsspiele ist. Es ist ein Stück Kultur. Und so sehr ich viele Bemühungen der Spieleszene um das „Kulturgut Spiel“ belächele – in diesem Fall stimmt es.

Kulturgut Schach

Wer Kultur verbietet, verleugnet seine Geschichte und sein Dasein. Da helfen auch keine Verweise auf Verboten oder von der christlichen Kirche (zumindest früher) geächteten Kartenspiele und Würfelspiele. Auch Bücherverbrennungen in der Historie der aufgeklärten Welt sind keine Entschuldigung oder Rechtfertigung für das, was der Großmufti getan hat. In diesem Zusammenhang ist dein Detail interessant. Eine Fatwa darf nicht ohne ausreichende Kenntnisse der Materie erlassen werden. Dieser Grundsatz bezieht sich auf Sure 7, Vers 33, wo es sinngemäß heißt: „… und dass ihr gegen Gott etwas aussagt, wovon ihr kein Wissen habt.“

Gegen Irrsinn zur Wehr setzen

Die Schachspieler in Saudi-Arabien haben sich zumindest vorerst gewehrt. Denn der Großmufti hat die Fatwa erlassen, als er ein Schachturnier eröffnen sollte. Daraufhin haben die Veranstalter Bilder vom Turnier veröffentlich. Heute legten Sie Bilder von spielenden Mädchen nach. Auch das ist eine Antwort. Es bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen nicht wegen ihres Vergehens eingesperrt und bestraft werden. Das Spiel auf Freiheit oder Kulturschaden ist jedenfalls eröffnet und es ist zu befürchten, dass es noch viel Holz geben wird. #Mundaufmachen, um diese Idiotie zu verhindern!

* Der Scheich stammt offensichtlich aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, wirkt aber in und für Saudi Arabien.

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9 Kommentare

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Günter Cornett 23. Januar 2016 at 12:32

Man muss kein religiöser Vollpfosten sein, um das Schachspiel als Zeitverschwendung abzulehnen. Insbesondere dass deswegen immer klarer werde, dass die Menscheit intellektuell zugrunde gehe, halte ich doch für eine sehr gewagte These. Mich stört da eher die Gewichtung, dass die Meinungsäußerung einer islamischen Instanz zum Thema Schach so viel ernster genommen wird, als die Peitschenhiebe, Hinrichtungen, Unterstützung des Terrorismus, … Da es in Saudi-Arabien eine offizielle Saudi Chess Association gibt, kann man wohl nicht von einem Verbot sprechen. Für mich ist eine solche Äußerung nicht so weit weg von Forderungen nach Verbot von Ego-Shootern hierzulande. Letzteres halte ich zwar für etwas besser begründet, aber ich lebe auch im hier und jetzt und würde das in 500 Jahren vielleicht anders sehen, so wie man früher auch Comics verteufelt hat, die man heute als kulturellen Beitrag schätzt. Es gibt gewichtigere Gründe die Saudi-Arabien beherrschende ideologie abzulehnen als das Schachspiel. Wenn man sich diesem Teilaspekt wirdmen will, weil es hier um Spiele geht, erwarte ich aber schon eine fundiertere Auseinandersetzung und Einordnung in Zusammenhänge als: die sind böse, weil sie gegen Schach sind. Nebenbei bemerkt. Das persische Schach des 7Jh. unterscheidet sich in wesentlichen Regeln von dem heutigen bei uns gespieltem Schach. Und Saudi-Atabien und Iran als ‚religiöse Hochburgen des Islam‘ in einen Topf zu schmeißen, ist so verallgemeinernd, als wenn man Kreml und Weißes Haus als ‚religiöse Hochburgen des Christentums‘ zusammenfasste. Der Artikel erzählt eine ganze Menge darüber, wie wenig aufgeklärt eine Stellungnahme von jemandem sein kann, der sich für aufgeklärt hält. Nach „Aus den Tiefen unserer Leserschaft – Schon einmal etwas von Anstand gehört?“  https://www.reich-der-spiele.de/specials/leserpost-anstand sehe ich einen erneuten Schnellschuss, der den eigenen journalistischen Ansprüchen nicht wirklich gerecht wird.

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Michael Weber 23. Januar 2016 at 12:53

Deine Kritik in Ehren, sie geht nur am Thema vorbei, läuft teilweise ins Leere.

Und jetzt merke: Das alles ist aber ebenso nicht von Belang, wie die Frage nach den aktuellen Schachregeln (S. Link!). In einem Punkt widerspreche ich aber deutlich. Eine Fatwa des saudischen Großmuftis ist alles andere als mit einer Kritik an Egoshootern in unseren Landen gleichzusetzen. Und sie kann ganz andere Folgen haben.

In dem Sinne ist mein Blogartikel eine ungefilterte Meinungsäußerung zum Thema Schachverbot durch Fatwa. Was das ist und wie das wirkt, steht ja oben. Iran ungleich Saudi-Arabien (zum Land s. oben, welche Kritik ich allein in einem Halbsatz anbringe), aber beides SIND Hochburgen (ja, sogar selbsternannte Hüter/Wächter) des jeweiligen Glaubens. Ich habe aber nicht den Anspruch, hier alle Details und Zusammenhänge aufzudröseln. (Zum Teil erledigen das die verlinkten Webseiten.) Noch einmal: Weil es gar nicht von Belang ist. Jendefalls nicht mehr, als ich es erklärt habe. Das darfst du aber als aufgeklärter und hartneckig kritisierender Mensch gern anders sehen 🙂

P. S.: Und natürlich sind wir ein Online-Magazin. Nichts anderes!

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Eberhard 24. Januar 2016 at 18:48

Im Sinne des Artikels kann man tatsächlich Kreml und Weißes Haus als christliche Hochburgen in einen Topf werfen, wenn es nicht daran scheitern würde, dass der Kreml nicht wirklich christlich ist.

Auch die Gewichtung stört nicht, denn wenn andernorts sich mit Peitschenhieben, Frauen-Ungleichbehandlung und Ermordung von Oppositionellen befasst wird, ist es hier halt eine unverständliche Fatwa bezüglich Schach (…wobei diese ja oben genannte Folgen noch hinter sich her zieht).

 

Für den Autor ist dies halt sein ganz persönliches i-Tüpfelchen, an dem er den intellektuellen Verfall der Menschheit fest macht. Wie groß die Schwankungen des menschlichen Intellekts über die Jahrhunderte wirklich sind, wäre noch mal ein interessantes Forschungsgebiet.

 

Wo ich überein stimme ist, dass Hintergrund und Neutralität fehlt. Das lese ich auch lieber als einen in der Wut geschriebenen Schmähartikel.

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Günter Cornett 25. Januar 2016 at 11:06

Sowohl Putin als auch die US-Präsidenten geben sich immer wieder betont christlich, wenn auch in weltlichen Staaten; aber ich gebe zu: der Vergleich  hinkt schon ein bisschen, ist zumindest erklärungsbedürftig. Ich wollte eigentlich darauf hinaus, dass die Widersprüche zwischen Iran und Saudi-Arabien ähnlich groß sind wie die zwischen USA und Russland, während die Staaten bei oberflächlicher Betrachtung derselben Grundideologie zuzuordnen sind (einerseits Islam, andererseits Christentum in formal laizistischem Umfeld). Tatsächlich liegen ja die Interessengemeinsamkeiten quer zu diesem ideologischen Lagerdenken: USA als Verbündeter Saudi-Arabiens, Russland als Schicksalsgenosse Irans. ‚Beide Hochburgen des Islams‘ ist daher eine völlig undifferenzierte Sicht. ‚Den Islam‘ gibt es nicht oder anders ausgedrückt: ‚Der Islam‘ ist genauso vielfältig wie ‚das Christentum‘. Es gibt nicht nur unterschiedliche Strömungen sondern in jeder größeren Strömung Menschenverachtung und Menschenliebe, auch im Islam, natürlich. Mich stört diese Frontstellung: Hier freies Spielen dort Unterdrückung und das anhand bestimmter Religionen fest gemacht, anstatt an der Intoleranz, die – wie ihr Gegenteil – prinzipiell jeder Weltreligion innewohnt.Einen positiven Beitrag zu der Thematik finde ich den Artikel „Die eifersüchtigen Götter“ im Zeit-blog: https://blog.zeit.de/schach/religion-islam-christentum-judentum/ Aufschlußreich auch derWikipedia-Artikel über den saudi-arabischen Großmufti: https://de.wikipedia.org/wiki/Abd_al-Aziz_bin_Abdullah_Al_asch-SchaichNatürlich ist er zutiefst reaktionär, Teil eines menschenverachtenden Systems. Es stimmt aber auch, dass er mit seinen Fatwas kein saudi-arabisches Recht spricht, also auch nicht Schach verbietet, sondern grundsätzlich die Einführung von (weltlichen) Gesetzen fordert oder die (islamischen) Gesetze interpretiert. Letzteres bedeutet zwar, dass er behauptet, etwas sei im Islam verboten, aber es wirkt in erster Linie moralisch, nicht gesetzeserlassend. Das erklärt auch, dass das ‚Verbot‘ des Schachspiels nicht automatisch dazu führt, dass die saudi-arabischen Schachspieler aufhören, Schach zu spielen. Beispiel für seine Forderungen nach Gesetzesänderungen:„In einer Fatwa vom März 2004 forderte der Großmufti ein vollständiges gesetzliches Verbot des Miteinanders von Männern und Frauen außerhalb der Familie.“„Im März 2008 setzte er sich öffentlich dafür ein, mehr Posten in der Justiz an Frauen zu vergeben; in der Justiz könne jeder arbeiten, der qualifiziert genug sei; eine Diskriminierung von Frauen liege nicht im Interesse der Gesellschaft und verstoße gegen die Gesetze des Islam. Des Weiteren gab er bekannt, Rechtsberatungsstellen eigens für Frauen einrichten zu wollen. Man müsse einen Weg finden, wie Frauen Richter erreichen können, ohne mit Männern in Kontakt zu kommen“ Beispiele für seine Interpretationen, was ‚der Islam‘ verbietet:„Bei der Haddsch im Jahre 2004 hat der Mufti zur „gnadenlosen Erdrückung“ des im Namen des Islam begangenen Terrors aufgerufen. Der Islam verbiete jegliche Art von Gewalt in all ihren Formen, er verbiete die Entführung von Flugzeugen, Schiffen und anderen Verkehrsmitteln, des Weiteren verbiete er alle Handlungen, die die Sicherheit der Gesellschaft untergraben.[5]In einer Fatwa im April 2005 erklärte er die Zwangsehe für verboten und forderte eine schärfere Kontrolle und Bestrafung durch die Justiz, da die Zwangsehe gegen den Islam verstoße[6] und der Prophet Muhammed einem Hadith zufolge eine Zwangsehe annullieren ließ.[7](Quelle jeweils der genannte Wikipedia-Artikel) Der Großmufti hat damit weder Zwangsehe noch Terror verboten, sondern mitgeteilt, dass das im Islam (seiner Strömung) seit jeher verboten sei. Es ist nicht sein Verbot, sondern seine Interpretation. Man kann das für spitzfindig halten, aber ich denke es hilft vielleicht zu verstehen, dass es auch im Islam einen Unterschied zwischen weltlicher und religiöser Instanz gibt, sogar in Saudi-Arabien. Das Verstoßen gegen das Verbot religiöser Gesetze kann in Saudi-Arabien prinzipiell ebenso ernsthafte Konsequenzen haben, wie das gegen weltliche Gesetze. Aber es ist einfach falsch, zu behaupten, der Großmufti verbiete das Schachspielen in Saudi-Arabien, solange dort weiter Schach gespielt wird. Siehe auch:„Die Organisatoren wollen das Schachturnier in Mekka trotz der Fatwa durchführen. Derzeit ist unklar, ob die Religionspolizei das Verbot des Großmuftis durchsetzen wird. Auch im strengreligiösen Saudi-Arabien sind Fatwas keine Gesetze, sondern gelten als religiöse Gutachten, die Gläubigen eine allgemeine Handlungsempfehlung liefern sollen.“https://www.spiegel.de/politik/ausland/saudi-arabien-grossmufti-verbietet-schach-a-1073308.html  

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Michael Weber 25. Januar 2016 at 12:12

Ich finde es etwas ärgerlich, was du schreibst. Du hältst dich an kleinteiligen Details auf, die zum Teil so nicht einmal im Text stehen.

Ich habe Iran und Saudi-Arabien nicht in einem Topf geworfen. Mir ist sehr wohl klar, dass beide Länder im Islam Gegenspieler sind, was wiederum an den großen – in Details sehr auseinanderlaufenden – Islamströmungen der Schiiten und Sunniten liegt. Beide Großmuftis urteilen gleich. Genau das habe ich geschrieben. Und Iran und Saudi-Arabien sind beides eine Art „Glaubenshüter“ ihrer jeweiligen vorherrschenden Glaubensrichtung. Da muss man nichts in einen Top schmeißen. Das ist so. Den Topf hast du erst daraus gemacht. 

Aber darum geht es nicht. Es geht um eine Fatwa gegen ein Spiel. Eine Fatwa ist kein Gesetz, hat aber ein moralisches Verbot zur Folge. Genau das steht oben. Die Auswirkungen habe ich beschrieben. Nicht mehr und nicht weniger.

Und alles andere ist hier kein Thema gewesen. Und das soll bitte auch so bleiben. Über das Geschriebene (und da stehen Formulierungen, mit denen die meisten Kritikpunkte meiner Meinung nach ins Leere laufen) hinaus gibt es keinen Anlasse, über Länder, Religionen oder andere Fatwas zu diskutieren. Ganz am Ende geht es einfach darum, wie bescheuert es ist (ja, genau das), ein Spiel verbieten zu wollen (genau dshalb ist es ein Blogartikel und kein Nachrichtentext). Übrigens völlig unabhängig davon, wer das macht und ob es andere Kritikpunkte gegenüber Großmuftis, Länder, Religionen oder Spiele gibt.

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Günter Cornett 25. Januar 2016 at 13:31

Sistani ist nicht iranischer Großmufti, sondern der Schiiten im Irak. Soviel Differenzierung sollte schon sein.

 

Es ist Tatsache, dass die Frage, ob Schach Haram, also verboten sei, in islamischen Foren kontrovers diskutiert wird. Generell gelten Glückspiele als unislamisch, wegen Suchtgefahr und Verführung zum Betrug und betrogen werden. Historisch kann ich sowas ganz gut nachvollziehen, wie ich auch das Verbot von Schweinefleisch in Zeiten ohne Kühlschrank als etwas Sinnvolles erachte.

 

Das Problem dieser (und anderer) Religion(en) ist, dass Regeln als zeitlos angesehen werden, auch wenn die Zeiten sich gravierend ändern. Diejenigen, die nach dem Sinn von Regeln fragen, kommen damit oftmals besser klar, als die, die sie allzu wörtlich nehmen.

Wer wirft sich eine Decke über den Kopf, nur weil es in der Anleitung heißt, man solle die Karten verdeckt austeilen?

 

Zum Schachspiel gibt es im Islam unterschiedliche Meinungen:

http://www.shia-forum.de/index.php?/topic/20070-schach-oder-dame-spielen-haram/

Was für manche von uns verwirrend ist, ist dass ‚der Islam‘ nicht den einen Papst kennt, sondern viele Experten (gleicht in dieser Beziehung mehr dem Fußball als dem Christentum). Bei vielen Fragen werden unterschiedliche Meinungen nebeneinander geduldet: der Gläubige kann sich aussuchen, wem er folgt, wessen Fatwas er vertraut.

 

Interessant ist, dass auf die Frage nach dem Verbot von Schach als ‚Glückspiel im weitesten Sinne‘ (nicht wörtlich zitiert) die Frage kommt, ob auch Backgammon haram sei.

 

Dass Religionen Probleme damit haben, dass Menschen sich mit Musik, Spiel oder anderen Hobbies vergnügen, weil sie von der Religion ablenken, ist nicht wirklich islamspezifisch. Das ist bei den Zeugen Jehovas genauso.

 

Wichtig finde ich, gerade in der Auseinandersetzung mit ‚dem Islam‘, mit Muslims hierzulande, dass man sich darum bemüht, den Hintergrund solcher angeblichen oder tatsächlichen Verbote zu verstehen, um sein Gegenüber mit dem man spielt, besser zu verstehen, um seine persönliche Haltung zu respektieren, ohne sich deswegen gleich mit unterdrückerischen Strömungen des Islam zu verbrüdern.

 

EDIT:

Noch ein ausführlicher Artikel zum Thema Schachverbot im Orient, in Deutschland in den USA

http://schach-und-kultur.de/2009/05/das-verbot-schach-zu-spielen-2/

(liest sich, als wäre er gut recherchiert, wenngleich Persien irrtümlich als arabisches Land bezeichnet wird)

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Lisa 25. Januar 2016 at 18:16

Das ist jetzt aber ziemlich wirr… Die Gemeinsamkeiten von Schach und Fußball kann ich nur darin finden, dass ich zum Erklären der Rochade ungefähr so lange brauche wie zum Erklären der Abseitsregel.

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Günter Cornett 26. Januar 2016 at 08:46

Seufz. Da steht nicht, dass Schach wie Fußball sei, sondern: „Islam ist wie Fußball …“ Es geht also nicht um den Vergleich von Schach mit Fussball, sondern darum, welche Bedeutung die Aussage einer Autorität hat:

Beim (katholischen) Christentum gibt es den einen Papst, der sagt, was Sache ist. Das ist für alle Katholiken bindend. Beim Fußball und im Islam gibt es keinen ‚Papst‘, sondern viele Experten, die sich berufen fühlen. Und jeder ‚Fan‘ kann sich aussuchen, welchem Experten er folgen will.

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Elu Becker 13. März 2016 at 22:10

So einfach solltet ihr euch ds nicht machen. Ein Fatwa zu ewähnen hat nur Sinn wenn es besprochen werden kann.Wichtig ist dabei die Begründung. Fatwas sind Rechgsgutachten und keine Urteile, sie haben keien Rechtskraft und richten sich klassischerseits nur an den Anfragenden. Aus der Fatwapraxis des Mittelalters sind Fatwas bekannt die das Schachspiel sowohl als halal als auch als haram erklärt haben. Das ist normal,in einem Fall richtete es sich an einen praktizierenden Gläubigen der das Schachspiel zu seiner geistigen Entspannung nutzte(halal) im anderen Fall an einen Menschen der spielsüchtig war und damit seine täglichen Pflichten nicht mehr nachkommen konnte. So machen Fatwas Sinn, aber nicht wenn sie sich an die Allgemeinheit richten.  Das kann nicht rechtens sein, da ein Fawa stets die jeweiligen Umstände des einzelfalls berücksichtigen  berücksichtigen muss.  

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