Es ist ein bisschen still geworden um Carcassonne. Eine Mini-Erweiterung hier, eine Playmap da, doch die Zeit der jährlich neuen Variante ist vorbei. Was nicht heißt, dass es mit Carcassonne vorbei ist. Im Gegenteil: Erstmals weist die Vita eine Version auf, in der man nicht gegen-, sondern miteinander spielt. Kooperativ also.
Nebel über Carcassonne heißt diese, ist wie immer von Klaus-Jürgen Wrede bei Hans im Glück erschienen, und mit dem Nebel wabern Gespenster über das Land. Sie sind es, die die 1-5 Spieler vertreiben sollen, damit sie ihr Ziel, eine Level abhängige Punktezahl zu erzielen, erreichen.
So spielt man Nebel über Carcassonne
Auf dem Startplättchen im Zweimal-zwei-Format zieht bereits Nebel ins Land und mit ihm schon ein paar Geister. Die Spieltechnik ist unverändert: Plättchen ziehen, anlegen, Meeple setzen (oder nicht).
Doch wenn fortan Plättchen mit Nebel gezogen werden, kommen jedes Mal null bis drei Geister hinzu, die sofort in die Nebelwolke eintauchen. Sollte einmal der Vorrat an (max. 15) Geistern zu Ende gehen und neue Geister aufgestellt werden müssen, haben die Spieler sofort verloren.
Also müssen sie sie verjagen, womit sie wieder für neue Nebelwolken zur Verfügung stehen. Das tun sie immer dadurch, dass sie ein Nebelgebiet abschließen (ähnlich wie eine Stadt) oder eine Wertung auslösen und auf die Punkteeinnahme verzichten. Während sich aus einem abgeschlossenen Nebel alle Geister in Luft auflösen, können im letzten Fall immerhin bis zu drei Geister verjagt werden.
Allerdings sollen die Spieler eine bestimmte Punktezahl erreichen, um das Spiel zu gewinnen. Im ersten Level sind das 50 Punkte, die sie gemeinsam (mit einer Zählfigur) erzielen müssen. Daher widerspricht der Punkteverzicht diametral dem Erreichen des Punkteziels. Die Spieler verlieren darüber hinaus, wenn keine Plättchen mehr nachgezogen werden können und sie die geforderte Punktezahl nicht erreicht haben.
Schaffen es die Spieler, die 50 Punkte zu erreichen, haben sie Level 1 gemeistert und können sich an das nächste Level machen. In bis zu sechs Leveln steigen die Anforderungen, indem das Punkteziel steigt und/oder neue Kärtchen und Funktionen ins Spiel kommen, die es den Spielern gehörig schwer machen, das Ziel zu erreichen. So gibt es Schlösser, Friedhöfe und Hunde. Letztere helfen den Spielern sogar bei der Geisterjagd.
The Fog – Carcassonne des Grauens
In der Gruppe kann Nebel über Carcassonne zur echten Herausforderung werden. Es ist eine Variante, in der alle Spieler wissen sollten, was sie tun und die für Carcassonne-Neueinsteiger nicht geeignet ist. Ist es im normalen Spiel schon wichtig, sich Optionen zum Abschluss von Bauwerken nicht unnötig zu erschweren – in Nebel über Carcassonne führte dies unweigerlich zum Scheitern, besonders in höheren Leveln.
Da die meisten der Plättchen tatsächlich Nebel enthalten, kommt mit der überwiegenden Anzahl Plättchen meist mindestens ein Geist neu ins Spiel. Oft genug zu einem Zeitpunkt, an dem man dringend Geister loswerden müsste. Durch geschicktes Anlegen lässt sich das reduzieren, was auch immens wichtig ist. Große Bauwerke, egal ob Stadt oder Straße und später die Schlösser bergen immer die Gefahr, nicht (schnell genug) geschlossen werden zu können, wenngleich gerade diese die notwendigen Punkte versprechen. Eine Wiesenwertung und Endabrechnung gibt es nicht, sodass alles sofort passieren muss.
Das hängt eng zusammen mit der wichtigsten Abweichung zum Grundspiel:
Schaffen es hier mehrere Spieler mit ihren Meeplen in dieselbe Stadt (oder Straße) und wird diese gewertet, erhalten die Spieler die Punkte auch mehrfach.
Ohne das geht es in höheren Leveln gar nicht, doch das müssen die Spieler erkennen und umsetzen. Nun heißt kooperativ spielen sich zu einigen, was nicht immer einfach ist. Oft nimmt einer das Heft in die Hand. Nur, auch das tut einem Spiel (bzw. noch eher seinen Mitwirkenden) nicht immer gut.
So wird Nebel über Carcassonne für den Carcassonne-Fetischisten eines der besten Solospiele überhaupt. Und ein ungleich erfolgreicheres als in der Mehrspielervariante dazu.
Dem Spuk ein Ende machen
Nur eines scheint selbst den Geweihten des Olymps bisher nur in Ausnahmefällen zu gelingen: Level 6. Nach einhelliger Meinung auch sehr erfahrener CC-Spieler ist dieses Level – wenn überhaupt – nur mit viel Glück zu meistern.
Ist das jetzt eine besondere Herausforderung oder Abschreckung? Ich habe es ebenfalls bisher nicht geschafft und ich würde mich nach den Erfahrungen eher der Meinung anschließen, dass es keine Steigerung der Erschwernis ist, die besondere Kenntnisse und Fähigkeiten abverlangt (so wie in den ersten fünf Leveln). Vielmehr hängt das Gelingen von der zufälligen Verteilung der Plättchen im Stapel ab, was mit keiner noch so hohen Spielstärke und Erfahrung ausgeglichen werden kann. Insofern halte ich dieses letzte Level für nicht gelungen.
Das mindert ein wenig den sehr positiven Eindruck, den ich von Nebel über Carcassonne habe: Das Thema ist sehr hübsch umgesetzt, auch die grafische Darstellung, das Material und die Spielregel sind einwandfrei. Vielleicht gibt es zu dem ominösen Level des Grauens ja mal eine Korrektur seitens des Verlags?
Allein, kooperativ oder als Erweiterung spielbar
Wer das Spiel nicht kooperativ spielen will, findet in Nebel über Carcassonne eine neue Erweiterung. Für die Nebelplättchen, aber auch die anderen in dieser Version vorkommenden neuen Elemente gibt es eine Spielregel als Variante für das Basisspiel. Der Verlag überlässt es hier allerdings erneut seinen Kunden, das Zusammenspiel mit den anderen zahlreichen Erweiterungen auszutesten. Spielregeln dafür wird es nicht geben. Da halten sie es wohl mit Goethe: „Die ich rief, die Geister“ …
Infos zu Nebel über Carcassonne
- Titel: Nebel über Carcassonne
- Verlag: Hans im Glück, Asmodee
- Autor: Klaus-Jürgen Wrede
- Spieleranzahl (von bis): 1-5
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
- Dauer in Minuten: 35
- Jahrgang: 2022
Werbung
Nach neuen Spielen schauen bei:
Amazon
Spiele-Offensive
10 Kommentare
Ich will diese Ausgabe echt mögen. Die Idee ist toll. Aber die Geister machen das in den höheren Leveln echt unspielbar. Gibt es eigentlich schon einen Menschen, der das letzte Level geschafft hat?
Berechtigte Frage. Ich habe bisher noch keinen getroffen…
Getroffen haben wir uns wohl nicht. Aber wir haben es gestern geschafft! Das war der erste Sieg in mehr als 30 Versuchen. Es geht nur mit sehr viel Glück. Wichtig ist das Timing und sich sehr gut abzusprechen. Wenn das Glück nicht mitspielt, funktioniert es aber nicht. Ist irgendwie sehr unbefriedigend selbst beim Sieg.
Oh, Glückwunsch. Well done. Aber Du hast recht: Wenn es nicht aus eigener Kraft wiederholbar ist, ist es unbefriedigend.
Wird nicht gekauft!
Als ich auf dem Karton sah, dass auch dort mittlerweile gegendert wird, war es ganz schnell wieder im Regal.
Die Regeln hätten sich sicher recht schwer gelesen. Zudem unterstütze ich keine Sternchensprache. Ich kann nur jedem empfehlen, der das auch nicht mag, solche Produkte nicht mehr zu kaufen, denn dann müssten die Hersteller endlich wieder normale Spiel Anleitungen drucken, wenn sie was verkaufen wollen.
Die Regeln kannst du dir ja online anschauen: https://cundco.de/brettspiele/a-c/464/carcassonne-nebel-ueber-carcassonne-de?c=60
Vielleicht ist die direkte Ansprache auch nicht jedermanns Geschmack, aber das gern und viel diskutierte Gendern im klassischen Sinne habe ich auf die Schnelle weder in der Anleitung noch auf dem Karton gesehen.
Wenn ein Regelwerk gut geschlechtsneutral geschrieben wurde, bekommt man es kaum mit Das ist durch direkte Ansprache oder neutrale Formen (z. B. die Spielenden) gut machbar. Aber auch mit etwas Übung ist die Form mit dem Sternchen nicht schwieriger zu lesen als „normale“ Sprache auch.
Lieber Axel, leider habe ich Deine Rezi erst gelesen, nachdem ich mir das Spiel voller Vorfreude gekauft habe.
Wir spielen seit Jahren immer wieder gerne das Carcasonne Grundspiel. Bisher konnte sich keine Erweiterung o.ä. nachhaltig bei uns durchsetzen.
Von Nebel über Carcassonne hatte ich mir ein schönes kooperatives Familienspiel erhofft.
Leider scheitern wir seit ca. 10 Versuchen an Level 3 und ich würde das Spiel am liebsten umtauschen. Mir ist jegliche Spielfreude verloren gegangen.
Was bitte hat Herr Wrede sich dabei gedacht? Als wären die Geister nicht schon nervig genug, muss auch noch ein Friedhof her!?
Liebe Bianca,
das klingt wirklich dramatisch. Was auch immer Herr Wrede bezwecken wollte – das jedenfalls nicht.
Einen Tipp habe ich noch: Versuche es mal alleine. Wir haben uns zu mehreren auch schwergetan. Im Solospiel hat es besser geklappt.
Viel Glück!
Axel
Hallo Bianca,
inzwischen gibt es auf der Homepage zum Spiel [Anm. der Red.: http://www.cundco.de] ein FAQ-PDF, wo auch eine Erläuterung zu den Friedhöfen enthalten ist:
Wenn man aufgrund einer fertigen Straße oder Stadt etc. statt Siegpunkten auf einem Plättchen Geister abräumen möchte, darf man das auch auf einem Friedhof tun.
Das erleichtert immerhin die Sache, auch wenn es damit immer noch nicht zu einem Kinderspiel wird.
Hoffe, das kann Dir helfen,
KK