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Reich der Spiele >> Rezension >> Creature Crush

Creature Crush

Creature Crush - Ausschnitt des Covers - Foto von Creature Crush DCG

Creature Crush ist ein Sammelkartenspiel oder kurz TCG (Trading Card Game) für zwei. Und dann doch wieder nicht. Denn eigentlich ist es (laut den Machern) das erste Dice Card Game. Es richtet sich an TCG-Liebhaber und weist tatsächlich viele Elemente dieser Spiele auf. Einer der wichtigsten Unterschiede ist laut Spieleautor Kilian Hoock, dass eben nicht das Sammeln im Vordergrund steht. Und auch die Balance soll nicht immer wieder geändert werden. Aber wie spielt sich dieses Karten-, Würfel- und Duellspiel denn so?blank

Sammelkartenspiele als Genre

Eines der bekanntesten TCGs ist wohl Magic the Gathering, das auch das Deckbuilding (neben Dominion) bekannt gemacht hat. Oft haben TCGs Lizenzthemen (zum Beispiel Disney Locarna oder Marvel Champions: The Card Game). Wer PC-Spiele mag, kennt vielleicht auch Hearthstone. Im Kern definiert sich ein TCG darüber, dass es immer wieder neue Kartenpacks und Sonderkarten gibt, die das Spiel (und oft die oben schon erwähnte Balance) erweitern und verändern. Durch diese Sammelkomponente haben alle Spielenden ihr individuelles Kartendeck, das erst durch Boosterpacks stark und spannend wird. Wer mehr wissen will, kann unsere Rezension zu Magic the Gathering (2002) oder die zum Hauptset 2014 lesen.

Creature Crush als Dice Card Game: kurze Spielübersicht

Bei Creature Crush haben wir Lebenspunkte in Höhe der Kartenanzahl unseres Decks. Wenn wir Karten abwerfen, verlieren wir also Lebenspunkte.

Wer zuerst keine Karten/Lebenspunkte mehr hat, verliert das Spiel.

Wir haben jeweils unser eigenes kleines Spielfeld (Schlachtfeld) mit drei Ebenen: A, B und C. Platz gibt es dort für sechs Creatures (A und B) und drei sogenannte Crush-Karten (C), die eine Sonderaktion auslösen können. Wer an der Reihe ist, beschwört neue Creatures auf das eigene Schlachtfeld oder/und greift mit denen an, die ausliegen. Beides bezahlen wir mit Würfeln (Augenzahl). Wie wir haben unsere Creatures Lebenspunkte und außerdem einen Angriffswert. Mit diesem können wir entweder gegnerische Karten oder aber direkt unser Gegenüber angreifen. Letzterer muss dann Karten (also Lebenspunkte) abwerfen. Hat eine Creature keine Lebenspunkte mehr, kommt sie auf den Ablagestapel.

Zusätzlich haben die Creatures Effekte, die teils sofort, teils in bestimmten Situationen greifen. Und wir können Crush-Karten einsetzen, wenn wir denn welche haben. In der sogenannten Taktikphase dürfen wir Creatures auf andere Plätze (Ebenen-übergreifend) verschieben. Beides kostet ebenfalls Würfel (Würfelanzahl).

Dice Card Game: Würfelglück bei Creature Crush

Es dauert etwas, bis man sich bei Creature Crush zurechtfindet. Das liegt nicht zuletzt an der Anleitung (dazu später mehr), aber das Spiel hat auch einen gewissen Komplexitätsgrad. Kennerspielende und spielerfahrene Familien sollten (von Regelfragen abgesehen) dennoch gut zurechtkommen, zumal Creature Crush durch die Würfel einen hohen Glücksfaktor hat.

Wollen wir eine Creature beschwören oder mit ihr angreifen, müssen wir die Kartenkosten mittels Augenzahlen bezahlen. Dafür haben wir drei Startwürfel zur Verfügung, mehr werden es nur durch Karteneffekte oder wenn wir – mit Glück – einen Dreierpasch würfeln. Es gibt Karten, deren Kosten mit drei Würfeln gar nicht erreichbar sind. Und: Wir müssen die Kosten nicht nur erreichen, sondern genau erreichen. Dieses kleine Wort erschwert es deutlich, unsere Wunschkarten zum passenden Zeitpunkt spielen zu können, und schränkt die Kartenauswahl pro Zug ein. Es kommt durchaus vor, dass wir das Spielfeld voller Creatures und die Hand voller Karten haben und trotzdem nichts (oder wenig Sinnvolles) spielen können. Langfristige Strategie ist nur begrenzt möglich, Creature Crush lebt von taktischen Überlegungen.

Dice Card Game: Kartentaktik bei Creature Crush

Trotzdem müssen wir schon beim Beschwören einer Creature gut überlegen, wo wir diese platzieren und wie wir sie einsetzen. Zwar können wir sie später verschieben, aber nur, wenn unser Gegenüber sie bis dahin nicht besiegt. Wichtig ist dabei die Angriffslinie: Angreifen können Creatures nur gegenüberliegende Karten (die Spielpläne liegen sich gegenüber und haben drei Spalten).

Die Effekte der Creatures sind mit Schlüsselwörtern eingeteilt: „Nachtragend“ beispielsweise bedeutet, dass dieses Wesen auch selbst Schaden verursacht, wenn ich es mit einer meiner Karten angreife. Viele Creatures haben außerdem individuelle Kartentexte, die aber leider nicht immer eindeutig sind. Etwa wenn ein Effekt beim Beschwören einen zusätzlichen Startwürfel bringt. Wann bekommen wir den genau? Sofort? Gewürfelt haben wir ja eigentlich schon (laut Anleitung ist das eine separate Spielphase). In der Folgerunde? Oder womöglich dauerhaft, solange die Karte auf dem Schlachtfeld liegt? Fragen über Fragen …

Verteidigung und Angriff

Neben den Effekten müssen wir die Angriffsregeln bedenken, denn nicht jede Ebene hat dieselbe Reichweite: Creatures in der vorderen Reihe (A) können sowohl gegnerische Karten der B-Reihe als auch direkt den Mitspieler angreifen – den allerdings nur, wenn in der Angriffslinie keine Karte im B-Bereich liegt. Creatures in zweiter Reihe (B) können nur Karten, dafür aber im gegnerischen A- und B-Bereich, angreifen. Creatures in der B-Reihe bilden also die Verteidigungslinie, während die im A-Bereich für den direkten Angriff da sind.

Es dauert, bis man das verinnerlicht hat, gerade in den ersten Partien mussten wir dazu häufiger nachschlagen. Wünschenswert wäre hier eine Übersichtskarte.

Deckbau bei Creature Crush

Creature Crush - einige der Karten - Foto von Creature Crush DCG

Varianz entsteht zum einen, weil immer nur ein Teil der Karten ins Spiel kommt, zum anderen durch die drei Varianten zur Spielvorbereitung: Bei der Einstiegsversion bekommen wir ein zufälliges Deck, bei den anderen beiden erstellen wir unser Deck selbst. Der Aufbau lässt sich also in der Komplexität steigern und durch das Erstellen des eigenen Decks spielt sich Creature Crush taktischer: Wir können beim Deckbau bereits vorausplanen und wissen später, womit wir ungefähr rechnen können. Genretypisch kommt es darauf an, passende Kartenkombinationen zu haben.

Wichtig ist bei Creature Crush, nicht zu viele gleiche Kartenwerte (Kosten) im Deck zu haben, sonst ist es noch schwerer, die passenden Augenzahlen zu erreichen. Hohe Kosten sind besonders schwer zu erreichen, wenn sie mehr als drei Würfel erfordern, davon sollten es also nicht zu viele sein. Niedrige Zahlen sind nicht automatisch leichter: Für eine Eins muss man explizit mit einem Würfel eine Eins würfeln, sie lässt sich nicht durch mehrere kombinieren. Auf die Balance kommt es an. Und natürlich aufs spätere Würfelglück. Ach ja, und die Crush-Karten nicht vergessen …

Crush – Überraschung!

Die können nämlich auch mal die Pläne des Gegenübers durcheinanderbringen. Crush-Karten spielen wir zunächst verdeckt aus und können sie später in der Kampfphase oder als Reaktion auf Angriffe einsetzen (manche haben eine Voraussetzung, die erst erfüllt sein muss). Ein taktisches Überraschungselement, das das Spiel dynamischer macht.

Unklar blieb für uns im Regelwerk allerdings, ob wir Crush-Karten ohne Voraussetzung noch im selben Zug einsetzen müssen – zumal sich bei manchen die Kosten erst beim Einsetzen definieren, das Kaufen ja aber vor dem eigentlichen Spielen der Crush-Karte stattfinden soll.

Gestaltung und redaktionelle Umsetzung

Die kleinen roten Würfel als Schadenspunkte für verletzte Creatures lassen sich gut handhaben und fügen sich thematisch und optisch super ins Spiel ein. An vielen anderen Stellen fehlt aber leider eine entsprechende redaktionelle Umsetzung. Das betrifft unter anderem fehlende Übersichtskarten und Erläuterungen zu ausgewählten Karten, aber auch die genaue Regelung, wie bestimmte Dinge gehandhabt werden sollen. In einigen Kartentexten steht „zufällig“, die Anleitung weist aber nur allgemein darauf hin, dass sich das durch Kartenziehen oder Würfeln lösen lässt. Die konkrete Umsetzung wird der Spielrunde überlassen. Erfahrene Spielende können das gut umsetzen, trotzdem bleibt das Gefühl einer vagen Regel.

Auch dass man für verdeckte Crush-Karten Würfel zahlt, aber die Kosten nicht sichtbar sind, ist etwas unglücklich. Da entsteht schnell ein „Was machst du da eigentlich?“-Gefühl. Wir haben es so gelöst, dass wir die Karte abdecken und nur den oberen Teil mit den Kosten vorzeigen, bevor wir die Karte spielen. Wenn man die Karten erst einmal kennt, ist aber auch das suboptimal, denn dabei sieht man den Kartennamen.

Formale Mängel

Besonders die Anleitung, aber auch manche Kartentexte überzeugen schon rein formal nicht. Neben Schreibfehlern finden sich teils sogar halbe Sätze ohne Zusammenhang. Ein Korrektorat (von Redaktion/Lektorat ganz zu schweigen) hätte den Texten gutgetan. Auch ein Impressum sucht man vergeblich (zumindest auf der Schachtel gibt es eines, allerdings ohne Nennung der Mitwirkenden), eine Altersangabe fehlt gänzlich. Und das Layout ist nicht nur durch die kleine Schrift augenunfreundlich.

Schön sind Gestaltungsdetails wie die Überschrift der Anleitung als „Schlachtplan“, die aber leider im Gesamtbild untergehen.

Anleitung mit Interpretationsspielraum

Inhaltlich ist die Anleitung unübersichtlich; einiges steht nicht dort, wo man es erwarten würde, sodass nachschlagen meist suchen bedeutet (so gibt es keinen eindeutig benannten Abschnitt zum Spielende, die Info findet sich unter „Eine Schlacht gewinnen“). Das erschwert den Einstieg. Positiv zu erwähnen ist aber das Glossar, in dem Begriffe nachgeschlagen werden können.

Problematisch ist vor allem, dass die Regeln und Kartentexte an vielen Stellen nicht eindeutig sind.

Neben den bereits erwähnten Unstimmigkeiten und offenen Fragen betrifft das zum Beispiel die Startphase, in der wir Karten nachziehen und würfeln. In der Anleitung heißt es, wir sollen zu unseren vier Handkarten eine weitere ziehen. Das passt zum Spielstart, da wir beim Vorbereiten vier Handkarten bekommen. Allerdings haben wir in späteren Runden eine andere Anzahl, abhängig davon, wie viele Karten wir gespielt haben. Heißt das nun, wir müssen unsere Handkarten bei Rundenbeginn immer auf fünf auffüllen? Oder einfach jedes Mal eine Karte ziehen, egal wie viele Handkarten wir gerade haben? Da hilft nur ausprobieren und in der Spielrunde etwas festlegen. Dabei wäre es durch eine präzisere Formulierung so einfach lösbar gewesen.

Insgesamt lässt die Spielanleitung viel Interpretationsspielraum. Manche Dinge wurden uns erst in der Kombination mit Kartentexten – und damit erst im Laufe des Spiels – deutlich. Auch wenn Lücken sich mit Hausregeln stopfen lassen, verbringt man zunächst viel Zeit mit Regelsuchen und -diskutieren. Besonders die ersten Partien verlaufen dadurch holprig.

Ist Creature Crush ein gutes Spiel?

Creature Crush - Schachtel der Basisversion - Foto von Creature Crush DCG

Creature Crush hat eine schöne Grundidee: ein TCG, das eben nicht auf dem (teuren) Sammeln von Kartenpacks basiert, sondern einfach Spaß macht. Denn eben dieser Punkt schreckt sicher manche Spielefans vom Genre ab.

Insgesamt wirkt Creature Crush aber leider unausgereift. Besonders die an vielen Stellen unklare Anleitung und die teils nicht eindeutigen Kartentexte schmälern den Spielspaß und den Wiederspielreiz deutlich. Das ist schade.

Wer bereit ist, sich dennoch auf das Dice Card Game einzulassen, wird nach einigen Partien Einspielzeit und vermutlich Regeldiskussion ein Kartenspiel vorfinden, das (redaktionelle) Schwächen, aber interessante Ansätze hat. Ansprechen dürfte es vor allem TCG-Fans, aber auch Menschen, die das grundlegende TCG-Spielprinzip mögen, sich aber nicht auf die Sammelkomponente einlassen möchten. Vielleicht wird es ja eines Tages eine überarbeitete Version von Creature Crush geben. Wünschenswert wäre es.

Infos zu Creature Crush

  • Titel: Creature Crush
  • Verlag: Creature Crush DCG
  • Autor: Kilian Hoock
  • Spieleranzahl (von bis): 2
  • Dauer in Minuten: 20-40

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