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Spieleautor Friedemann Friese über Futuropia

Futuropia - Foto von 2F-Spiele

Fünf für futuristische Fantasien

Friedemann, zur Spiel ’18 in Essen veröffentlichst du in deinem Verlag 2F-Spiele unter anderem Futuropia. Welches Thema verbirgt sich hinter diesem futuristischen Titel?
„Es ist die Utopie, dass wir in Zukunft Arbeit nur danach messen, ob sie unsere Grundbedürfnisse befriedigt. Alles was darüber hinaus geht ist freiwillig und somit wohl Luxus. Der Luxus mehr Freizeit zu haben oder der Luxus mehr zu arbeiten und dadurch mehr Geld zu haben. Automatisierung wird dazu benutzt, dass die Arbeiter weniger arbeiten müssen und nicht dafür, dass weniger damit reich werden.“

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Was heißt das in der Partie für die Spieler? Welche Hauptaufgabe haben sie?
„Wie das immer so mit Spielthemen ist: Das Spiel muss da abstrahieren und vereinfachen. Jeder Spieler optimiert eine Anlage (einen Bio-dome, eine Wohn-Arbeits-Einheit) und muss sie selbstversorgend schaffen, das heißt, es muss mindestens so viel Nahrung und Energie produziert werden, wie auch verbraucht wird. Dies ist die notwendige Vorraussetzung. Um zu gewinnen, muss man dann am meisten Menschen wohnen haben, die nicht mehr arbeiten müssen.“

In der Ankündigung heißt es, Futuropia sei ein Wirtschaftsspiel ohne Glückskomponenten. Wie setzt du das um. Welche Mechanismen kommen zum Tragen? Welche besondere Herausforderung bieten diese?
„Bei den Mechanismen bin ich schon extrem sparsam gewesen. Man hat fünf Aktionskarten, die man verbraucht und erst alle wieder bekommt, wenn man jede einmal benutzt hat. (Man kann sich schon früher wieder alle zurück kaufen.)
Es geht da ganz viel um Timing, wann und in welcher Reihenfolge ich meine Aktionen ausführe. Wann ich welchen Wohnraum kaufe. Die Wohnräume sind alle unterschiedlich und bieten viele verschiedene Möglichkeiten. Es ist ein klares Resourcenmanagement über Geld, Nahrung und Energie. Das zusammen mit der Entscheidung wann und wie viele Kredite zu nehmen fordert die Spieler.

Ist Futuropia entsprechend ein schwer beherrschbares Spiel? Liegt es auf einer Komplexitätsstufe wie Funkenschlag? Wer ist Zielgruppe?
„Das Spiel ist von den Regeln her extrem einfach. Man hat ja nur die Wahl zwischen fünf verschiedenen Aktionen:

  1. Nahrungsgenerator kaufen
  2. Energiegenerator kaufen
  3. Neue Leute aufnehmen
  4. Roboter einbauen
  5. Subventionen erhalten.

Das ist einfach spielbar, aber dennoch schwer beherrschbar. Hmm, wie misst man Komplexität? Sicherlich haben Funkenschlag und Futuropia Gemeinsamkeiten und zwar, dass man bei Funkenschlag die Faktoren Netz, Kraftwerke und Rohstoffe am Ende des Spiels optimal zueinander haben muss. Bei Futuropia ist das noch entscheidender den Nahrungsverbrauch mit dem Angebot und bei Energie ebenfalls Verbrauch mit Erzeugung zu optimieren. Es geht da um die ‚Punktlandung‘ genau zum Spielende.
Der Vorteil gegenüber Funkenschlag ist, dass man keine so großen Zahlen rechnen muss. Bei Futuropia geht das alles maximal bis zu einem Wert von 30.“

Hast du vielleicht einen Tipp, worauf Spieler speziell in der ersten Partie achten sollten, um nicht gleich hoffnungslos abgeschlagen zu sein?
„Keine Experimente. Einfach die fünf Aktionen in der intuitiven Reihenfolge ausführen. Erst mal neue Generatoren kaufen, dann Roboter und neue Leute und dann frisches Geld und wieder von vorne …“

Es gibt eine Solovariante, die du als Lernspiel empfiehlst. Ist es wirklich nur eine Lern-Variante oder steckt ein ganzes Spiel dahinter?
„Ist eine Optimierungsaufgabe auf maximale Siegpunkte ein Spiel oder vielleicht doch eher ein Rätsel? Ich weiß, es gibt genug Menschen, die genau das in einem Solospiel suchen. Da Futuropia ohne Zufall auskommt kann sich schon eine Weile rumbasteln, um den Highscore zu finden. Da es aber immer wieder andere Ausgangspositionen gibt, kann man damit bestimmt auch 100 Stunden zubringen.“

Du nutzt häufiger Wirtschaftsmechanismen. Wie schwierig ist es für einen Spieleautor solche als Reduktion der Wirklichkeit auf das Spielbrett zu bringen. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich dir dabei?
„Wirtschaft ist ja so super simpel (deswegen lockt es ja auch so viele schlichte Gemüter): Geld generieren, reinvestieren, mehr Geld generieren. Das wird es wohl immer sein.
Da war die Arbeit an Futuropia schon deutlich anders, da es ja nicht um das klassische kapitalistische Ideal geht, den Gewinn ohne Rücksicht zu maximieren. Hier hat mich das Thema schon gezwungen mal anders zu arbeiten.
Das wirklich neue in Futuropia ist, dass man sogenannte Testläufe macht, das heißt, wenn man einen Nahrungsgenerator kauft, wird nur produziert und nicht verbraucht. Das ist ungewöhnlich. Im Standardwirtschaftsspiel rechnet man ja immer gegeneinander: Rohstoffpreise, Netzwerkbau gegen erwirtschaftetes Geld. Wenn ich in Futuropia einfach zweimal hintereinander nur Dinge kaufe, die erzeugen, habe ich keinen Verbrauch sondern nur ‚Einkünfte‘. Wenn ich dann allerdings neue Leute besorge (und/oder Roboter), dann wird nur verbraucht und es kommt nix rein.“

Das spielerische Ideal, nicht mehr arbeiten zu müssen: Glaubst du, dass die Gesellschaft in der Realität in den kommende Jahren ebenfalls vor solchen Entwicklungen stehen wird? Wie viel Sozialromantik oder Zukunftsglaube steckt in Futuropia bei aller Reduktion auf ein Spiel?
„Es wäre schon besser wenn die Menschen sich mehr damit beschäftigen, dass es allen die hier sind, besser geht und man merkt, dass man viel mehr Menschen versorgen kann, als dass  man nur darauf schaut, möglichst wenige hierher kommen zu lassen. Wenn wir es richtig machen ist Platz für alle da!
Wenn wir aber weiterhin von weißhaarigen (oder auch gelbharigen) alten Männern regiert werden, die die langfristigen Folgen ihrer rückwärtsgerichteten Politik gar nicht mehr erleben werden, dann wird das wohl Sozialromantik bleiben.“

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