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Bericht zur Spielwarenmesse Nürnberg 2007

Zooloretto von Reich der Spiele

Lizenz zum Trend – International Toy Fair 2007

Irgendwo zwischen innovativer Stärke, Erfolg durch Lizenzen und gähnender Langeweile präsentierten sich die die Spieleverlage 2007 auf der Internationalen Spielwarenmesse in Nürnberg. Die Messe ist eine der größten deutschen Ausstellungen und für den Bereich der Gesellschaftsspiele wichtiger Handelsdrehpunkt für das gesamte Jahr. Deshalb ist es kaum verwunderlich, dass viele der gezeigten Produkte nur als Handmuster zu sehen waren, einige Verlage gerade mal die Schachtelgrafik präsentieren konnten und vereinzelt gar das Fotografieren der nicht fertigen Spiele verboten wurde.

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Nach Angaben der Fachgruppe Spiel hat das Segment der Spiele, Puzzles und Experimentierkästen einen Anteil von 18 Prozent am Gesamtumsatz des Spielwarenbereichs. 2006 flossen rund 400 Millionen Euro in die Kassen der Spieleverlage. Diese Angaben sind aber unter der Hand umstritten, da zumindest der Fachhandel nach Aussagen einzelner Verlagsvertreter letztes Jahr erhebliche Probleme gehabt habe und sich die Umsatzentwicklung ungleichmäßig auf die Verlage verteile. So präsentierten sich in den Messehallen selbst ernannte Gewinner und nicht zu ermittelnde Verlierer.

Eins war den Verlagen aber gemeinsam: Sie setzen weiter auf ihre bisherigen Erfolge, bauen Stärken aus und nutzen immer häufiger Lizenzthemen, um Spielideen zu vermarkten. Prägnantes Beispiel ist Kosmos. Durch die hausgemachte Nähe zum Literaturmarkt – Kosmos ist auch ein Buchverlag – gelingt es den Stuttgartern immer wieder, Literaturtitel für eine Umsetzung zu gewinnen. Unter anderem gehören dazu der britische Top-Titel Der Goldene Kompass, Die Kleine Hexe, Der kleine Medicus und die Comics Nicht lustig. Zugleich baut der Verlag seine Stärken in den Spielefamilien aus. Zu Die Siedler von Catan gibt es Das Würfelspiel, die Junior-Ausgabe und die neue Erweiterung Händler und Barbaren. Der Erfolg von Einfach Genial wird mit Einfach Genial Knobelspaß fortgesetzt und zudem bisherige Spiele teilweise in neuen Formaten (Mitbringschachteln und Weihnachtsaktionen) angeboten.

Ähnliches gilt für Hasbro. Schon seit Jahren werden immer wieder Lizenzthemen für Ausgaben von Monopoly und Risiko genutzt sowie die beiden Spiele ähnlich wie die anderen Dauerbrenner Dr. Bibber, Cluedo und Trivial Pursuit durch neue Formate belebt. Gehörte der Marktführer vor einigen Monate noch zu den ersten, die Spiele mit DVD-Unterstützung veröffentlicht haben, wird diese Kombination nun Schritt für Schritt ausgebaut. Doch daran orientieren sich auch verstärkt die Mitbewerber. Immer häufiger werden nun Gesellschaftsspiele mit DVD kombiniert. Meist sind es Quizspiele, bei denen Fragekarten so durch ein interaktives Medium ersetzt werden. Ob das immer sinnvoll ist, mag bezweifelt werden. Trendy ist es allemal. Schöne Ausnahmen sind die Ansätze von Noris, bei denen eine Spielreihe für Kinder längere informative Filme auf DVD enthält, und von Identity Games, für den es für das Spiel Wildlife den Toy Innovation Award in der Kategorie Games & Action gab.

Ein immer wichtigeres Thema sind Lizenzen. Ob Spiele zu Kinofilmen, Büchern, TV-Serien oder Comics – mit der Lizenz zum Trend ist es einfacher, erfolgreich zu sein. Besonders TV-Lizenzen sind im Kommen. Unter anderem Das perfekte Dinner und Das Quiz Taxi bei Noris, Galileo Mystery bei Clementoni und Deal Or No Deal bei Piatnik und Jumbo (regional abgegrenzt) setzen auf die Bildschirmvorlage. Natürlich darf da auch nicht Activity Extreme fehlen, das das Brettspiel zur Fernsehsendung zum Brettspiel ist.

Zu beobachten ist ebenfalls der Ansatz, zu bestehenden Spielen Juniorausgaben zu veröffentlichen, die Kinder an die Spiele heranführen sollen. Neben Die Siedler von Catan Junior, Mein erstes Monopoly ist hier auch Cafe International Junior zu nennen. Ebenfalls Juniorausgaben, aber nur in der Schachtelgröße, sind die Mitbringspiele vieler Verlage. Neben den bereits genannten Verlagen Kosmos, Hasbro und Noris sind hier insbesondere Ravensburger und Schmidt Spiele stark im Handel vertreten. Ein Umsatzwachstum von zwei Dritteln für Mitbringspiele im letzten Jahr zeigt, wohin der Trend geht.

Natürlich gibt es auch nach wie vor das klassische Brettspiel für erfahrene Spielefreunde. Hier könnten unter anderem Caylus – Magna Charta von William Attia (Ystari/Huch and Friends), Collosseum von Wolfgang Kramer (Days Of Wonder), Notre Dame von Stefan Feld (Alea/Ravensburger) Wikinger von den Ragnar Brothers (Pro Ludo) sowie Portobello Market von Thomas Odenhoven (Schmidt Spiele) interessant sein. Für die Familien sind Mont Saint Michel von Kathie Kappler und Johann Rüttinger (Drei Magier), Venedig von Klaus-Jürgen Wrede (Amigo Spiele), Zanzibar von Franz-Benno Delonge (Winning Moes) und Rotterdam von Hans van Tol (The Game Master) ein Tipp. Erste Wahl für Kinder dürften Burg Appenzell von Jens-Peter Schliemann, Bernhard Weber (Zoch Verlag), Geisterjäger von den Gebrüdern Frei (Haba) und Fröhlich oder traurig –  wie zeigst du Gefühle? von Kai Haferkamp (Kosmos) sowie das thematisch hervorragend abgestimmte Rettet den Märchenschatz von Kai Haferkamp (Selecta Spielzeug) sein.

Bei der Menge der gezeigten Spiele ist zu erwarten, dass die eine oder andere Perle im aktuellen Spielejahrgang zu finden sein wird. Ein gutes Spiel darf dabei gerne mit einem Lizenzthema für sich werben, benötigt dies jedoch nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Verlage den Spagat zwischen Spielen für den schnellen Euro und Spielen mit hochwertigem Spielspaß hinbekommen. Denn nur dann können Nichtspieler oder Gelegenheitsspieler auf Dauer an das Hobby Spielen gebunden werden. Dass die Branche eben dies zum Ziel hat, zeigt auch die Ausrichtung auf die so genannte „Toy Generation 40 +“. Die „mittelalten“, beruflich abgesicherten Menschen mit Zeit und Geld sollen und können nach einer Studie der Spielwarenmesse verstärkt zum Spielen (und natürlich zum Kauf von Spielen) gebracht werden. Doch dazu werden nicht nur die interessierten Menschen benötigt, sondern auch gute, leicht zugängliche Spiele, die mehr als nur einen Würfel-Lauf- oder Frage-Antwort-Mechanismus beinhalten. Diese Zutaten sind zwar bekannt und mögen den Einstieg erleichtern, auf Dauer fesseln sie aber nur Wenige. Was die Verlage bieten müssen, sind pfiffige, angemessen fordernde Spielmechanismen, viel Spaß und kommunikative Elemente. Wer eine Lizenz anbietet, dies zu schaffen, kann sicher schnell viel Geld verdienen und nebenbei die Zahl der Spieler erheblich steigern. Vielleicht sieht man sich 2008 in Nürnberg?

Zusatzinfos zur Internationalen Spielwarenmesse 2007 in Nürnberg

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