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Autor Martin Schlegel über sein Brettspiel Atacama

Atacama von Mücke Spiele

Taktisch aufgetürmtes Abschürfen von Rohstoffen

blankMartin, du veröffentlichst bei Mücke Spiele zur Spielemesse in Essen das Spiel Atacama. Das klingt nach einem Spiel über die Wüste in Südamerika. Um was geht es in Atacama thematisch?
„Wir sind im Jahr 2020. In der Atacama, dieser 1200 km langen, am Pazifischen Ozean gelegenen Wüste, die sich über Peru und Chile erstreckt, wurden große Vorkommen von Gold, Silber und Kupfer entdeckt. Mehrere Teams erschließen die einzelnen Felder, errichten Bohrtürme. Doch jedes Team darf nur zwei der drei Bodenschätze abbauen. Fördert ein Team „versehentlich“ etwas, für das es keine Schürfrechte besitzt, wird es bestraft.
Reich werden, ist eben ein schwieriges Geschäft.“

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Mit welchen Mechanismen setzt du das Thema so um, dass es zu einer Herausforderung wird. Was macht das Spiel zu etwas Besonderem?
„Besonders ist sicher die kurze Regel, verbunden mit hoher taktischen Anforderung. Es gibt eigentlich nur zwei Mechanismen: Man setzt einen Bohrturm ein. Hier wird gefördert und die 4 angrenzenden Felder sind tabu.
Die einen Spieler fördern in Nord-Süd-, die anderen in Ost-West-Richtung; aber nur in Reihen mit mindestens 4 Türmen.
Das ist’s.“

Das hört sich aber leicht an …
„Na ja, die Regeln sind einfach. ‚Ein Spiel ist erst dann gut, wenn man es nicht weiter vereinfachen kann‘ hat Alex Randolph mal gesagt. Atacama ist ein Spiel ohne Schnick-Schnack, ein schnörkelloses Spiel. Die Regeln sind enorm kurz, kürzer geht wohl nicht. So bleibt Zeit, in der die Köpfe qualmen können. Was sich so einfach anhört, ist ein Spiel, das von Zug zu Zug komplexer wird. Es führt zu einer Fülle von Optionen. Man muss Räume eng machen, erfolgversprechende Felder früh besetzen, Linien sichern, ungefährdete Felder bilden und im Auge behalten – und das alles mit wenigen Bohrtürmen.“

Für wen ist Atacama besonders gut geeignet?
„Es ist etwas für Taktiker, denn der Glücksfaktor hat Ferien. Das Spiel besitzt ein Grundspiel, ein Aufbauspiel und eine Taktikvariante. Da ist ein breites Spektrum gegeben. Zudem ist der Spielplan variabel, die neun Teilpläne werden immer wieder anders angeordnet.
Sehr schön finde ich auch, dass Christian Opperer eine tolle Grafik hingelegt hat.“

Das Spannungsfeld aus Konzessionen und geografischem Raum scheint ein sehr interaktives Spiel zu ermöglichen.
„Die Interaktion ist sogar immens. Denn ein von mir gesetzter Bohrturm wird auch von den anderen genutzt – was für die Mitspieler recht ärgerlich ist, wenn sie kein Schürfrecht besitzen. Auch sonst kann ich vielfältig in die Aktivitäten der anderen eingreifen – und leider die in meine.“

Hast du als Autor einen Tipp, worauf die Spieler in ihrer ersten Partie bei Atacama besonders achten sollen?
„Auf jeden Fall sollte man die kleine, gemeine Regel beachten, dass nur Reihen mit vier Türmen Punkte bringen. Gerade Anfänger neigen dazu, zügig die ertragreichen Felder zu besetzen. Doch wenn hier bei Spielende nur drei Türme stehen, sind die völlig wertlos. Noch ein Tipp: Ruhig mal nachdenken.
Diese 4-Turm-Regel bietet taktische Möglichkeiten. Und zwar erheblich. Sie besitzt hohes Drohpotential. Ich muss aber permanent abwägen, ob das destruktive oder konstruktive Spiel mehr bringt.“

Du bist ein alter Hase unter den Spieleerfindern. Wie schaffst du es immer wieder, neue Ideen für Mechanismen und Themen zu finden?
„Eindeutig assoziativ. Ich sehe etwas: Ein Bild, ein Mosaik, den gedeckten Frühstückstisch, Schauspieler auf der Bühne, Politiker im Fernsehen usw. Oder ich höre einen Satz, interpretiere ihn falsch. Und schon setzt sich etwas in Bewegung. Daraus entwickelt sich in meinem Kopf ein Mini-Mechanismus. Das geschieht nur im Kopf, da kann ich ihn einfacher ändern, umbauen und wenn er nichts ist: Vergessen.
Was gut ist, wird notiert. Mittlerweile habe ich einen ziemlich großen Vorrat. “

Wie ist üblicherweise deine Herangehensweise an die Entwicklungsarbeit?
„Die einen fangen mit dem Thema an, das sind die Märchenerzähler. Ich starte mit einem Mechanismus, zähle mich also zu den Mechanikern.
Im Normalfall gehört zum Mechanismus noch kein Thema. So ist das, was nachher Häuser, Boote, Bilder oder Inseln darstellen, einfach nur ein Kringel oder ein Buchstabe. Mir reicht’s, manch einem Tester nicht. Da lege ich dann ein Arbeitsthema drauf. Dann wird getestet, geändert, wieder getestet, wieder geändert usw. Zwischendurch verschwindet der Prototyp im Regal; das ist wie bei gutem Wein, der muss auch lagern, um zu reifen. Das dauert, aber das ist nicht schlimm; ich stehe ja nicht unter Druck.“

Du bezeichnest dich als „Mechaniker“. Dann ist das Spielthema nicht dein Ding?
Atacama hieß erst Äpfel und Birnen. Nichtssagend, langweilig. Harald Mücke verwarf den Titel sofort und drängte auf eine Ansiedlung in seiner Edition Bohrtürme. So haben wir dann gemeinsam gesucht und uns zum Schluss für Atacama – The Mining Conflict entschieden.
Das ging Hand in Hand mit dem Verlag. Das ist für ihn charakteristisch. Nach dem Vertragsabschluss bleibt der Autor eingebunden. Mir gefällt das und ich glaube: Das ist gut für das Endprodukt.“

Was hat dir das Spieleentwickeln gegeben?
„Geld? Nein! Bekomme ich mal mehr, wird es gespendet. So gingen die Einnahmen von Aqua Romana an die Kindernothilfe.
Es macht Spaß, bringt Freude und Freunde. Dazu eine Erkenntnis: Früher – ich habe ja als Statistiker gearbeitet – war klar: Ein Problem muss ich benennen, fixieren können; Bauchgefühl galt nicht. Wenn ich heute das Gefühl habe, es könnte sein, dass an diesem Spiel eventuell noch ein Fehler, eine Ungereimtheit bestehen könnte, dann weiß ich: Da ist noch was falsch! Zurück zur Überarbeitung. „

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