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Spiel ’23: Die Messe siebt Medien aus

Interviews über Brettspiele - Szene mit Figuen - generiert mit dall-e

„Wir müssen leider draußen bleiben“

Wenn eine Szene samt Branche sich selbst feiert, soll es die ganze Welt erfahren. Wie kann das besser als über eine Messe funktionieren? Die Verlage und andere Beteiligten stellen ihre Produkte (Gesellschaftsspiele und Co.) vor, viele Besucher kommen, gucken und kaufen. Ein Happening, ein Get-together. So wie die Spiel in Essen.blank

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Eine Nachricht für die Welt

Berichten Medien darüber, tragen Webseiten, Magazine, Zeitschriften. Podcasts, Videokanäle, Fernsehen und Funk das alles in die Welt hinaus. Damit ist das Ziel der Branche erreicht: maximale Aufmerksamkeit. So funktionieren alle Szenen, alle Branchen und alle Messen/Ausstellungen. Das ist bei der Spielemesse in Essen nicht anders. Zumindest bisher. Denn einige Medien müssen in diesem Jahr leider draußen bleiben.

Auch die Medien haben einen Anteil am Wachstum der Messe

Gerade die Spiel ist als Event aus der Szene mit der Szene gewachsen und die Branche drumherum hat davon profitiert. Über Jahre ist aus einem kleinen Spielefest die – so heißt es immer – weltgrößte Spielemesse geworden.

Der Anteil der Medien ist dabei nicht zu unterschätzen. Speziell die vielen kleinen Medien direkt aus der Szene haben aus meiner Sicht dazu beigetragen, die Spiel zu dem zu machen, was sie ist.

Die Berichterstattung aus der Szene, für die Szene und innerhalb der Szene hat einen Beitrag geleistet, Gesellschaftsspiele, das Hobby Spielen in der Breite und Tiefe zu beleuchten. Diese Arbeit von in der Szene aktiven Menschen, von aus dem Hobby entstehenden Medien hat fehlende Berichterstattung anderer Kanäle über viele Jahre kompensiert.

Als die Spielbox, Spielerei und das Fairplay noch Monate nach der Spielemesse über Neuheiten berichteten, gab es kaum andere Quellen für Infos. Die Branche trat zur Spiel an, die Menschen kamen. Aber in der Breite war die Messe auch Spielenden unbekannt.

Als Webseiten und andere neue Medien dazu kamen, wuchs das Interesse, die Zahl der Informationsquellen und das Interesse – auch die Besucherzahlen der Spiel in Essen. Ob es eine Kausalität gibt, lässt sich schwer belegen. Ich bin aber absolut überzeugt, dass erst die vielen Berichte von Szene-Publikationen Futter für die Massen war. Die Spiel als wichtigstes Event war Thema auf allen Kanälen und irgendwann kann niemand mehr an der Erkenntnis vorbei: Einmal musst du als Spielefan nach Essen!

Aus Dankbarkeit bleiben einige draußen

Das bisherige Messeteam hatte es immer verstanden, einen Einklang aus der Masse an Anfragen nach „Pressekarten“ und der erforderlichen Berichterstattung zu finden. Es erhielten vielleicht nicht alle eine Pressekarte, die für eine halbwegs professionelle Arbeit vor Ort unabdingbar ist – verbunden mit kostenlosem Eintritt. Aber es galt lange das ungeschriebene Gesetz: Wer über die Spielemesse in Essen berichtet, erhält auch beim nächsten Mal auf Anfrage eine Pressekarte.

Kein Reich der Spiele ohne die Spiel in Essen

Ich bin den Machern des „alten Merz-Verlags“ dafür sehr dankbar. Das gilt besonders für Dominique Metzler. Obwohl ich mit ihr bei einigen Themen intensiv streiten konnte, hat sie durch diese Haltung der Messe und den Medien ein gegenseitiges Miteinander ermöglicht. Die einen wollen arbeiten und erhalten ein entsprechendes Umfeld. Die anderen wollen Aufmerksamkeit und bekommen Berichterstattung.

Ich glaube sogar, dass diese Haltung einer der Gründe ist, warum es Reich der Spiele noch gibt. Meine Messebesuche und nun die unseres Teams waren Initialzündung für Kontakte, für Einblicke und für Berichte. Ohne das alles hätte ich unser Magazin vielleicht schon als Hobbykram aufgegeben. Und ohne all das, wären wir nie zu dem herangewachsen, was wir sind.

Und davon hat auch die Spielemesse in Essen profitiert. Denn wir haben mit unseren Messeberichten und der umfassenden Vorberichterstattung immer wieder bei unserer Leserschaft das Fieber für die Spiel zu entfachen versucht. Wir haben auf diese kleine, bescheidene Art der Messe etwas zurückgegeben. Vielleicht sind sogar „ein paar“ Leute wegen uns nach Essen gefahren.

Medien und Spiel in Essen: Und dann wird alles anders

Noch einmal: Es war ein Geben und Nehmen. Wer für die Messe im Sinne einer wie auch immer gearteten Publikation gearbeitet hat, erhielt auch im kommenden Jahr eine Pressekarte. Alle Beteiligten haben profitiert.

Nun scheint alles anders zu sein. Die Messe ist nicht nur verkauft, sondern ein neues Team hat dieses Jahr die Leitung übernommen. Unsere Leute sind weiter vor Ort und werden berichten. Danke!

Aber einige andere Medien und Pressemenschen, die bisher verlässlich berichtet haben, haben keine Pressekarten erhalten. Wie viele es betrifft, ist mir nicht bekannt. Mir sind aber durchaus einige Namen bekannt, von denen einzelne das auch öffentlich thematisiert haben.

Abkehr vom alten Prinzip

Damit kehrt die Messeleitung vom alten Prinzip ab. Ich halte das für einen Fehler. Die Spiel zeichnete sich immer durch einen familiären Charakter auf Augenhöhe aus. Es war und ist natürlich knallhartes Business. Aber Messe und Presse begegneten sich als Partner, die auf unterschiedlichen Seiten des Business ein gemeinsames Ziel hatten: Über ein Event zu berichten, das heute als Nabel der Gesellschaftsspielewelt gilt.

Es bleibt der Eindruck, dass die neue Leitung durch die Nicht-Vergabe von Pressekarten neue, jedoch nicht näher definierte Hürden aufbaut und Wertschätzung vermissen lässt. Wer eine Karte bekommt und wer nicht, ist selbstverständlich Sache der Organisatoren. Ob jeder Mini-Kanal oder Blog eine Pressekarte erhalten muss, ist auch fraglich und lässt sich trefflich diskutieren. Es scheint aber nicht einmal eine konkrete Abgrenzung durch zum Beispiel Reichweite oder Medienart zu geben.

Ziel: Wer berichtet, darf wiederkommen

Wenn genau die Leute, die bisher berichtet haben, nicht mehr bedacht werden, wirkt das alles andere als glücklich. Denn genau solche Menschen haben einen kleinen, vielleicht auch nur winzigen, aber eben einen Anteil an dem, was die Spiel heute ist und zu dem dieses Event auch genau durch solche Menschen geworden ist. Das Organisationsteam ist neu und hat viele alte Zöpfe abgeschnitten. Auch diesen. Nicht immer muss Neues auch besser sein.

Jede Pressekarte bedeutet Berichterstattung. Jede Berichterstattung bedeutet Wahrnehmung. Jede Wahrnehmung ist PR. Jede nicht vergebene Pressekarte an Menschen, die berichten wollen, ist eine verpasste Chance. Ich wünsche mir, dass die neue Leitung das erkennt und zum alten System zurückkehrt. Statt „Wir müssen draußen bleiben“ hoffe ich auf ein „Wer berichtet, darf wiederkommen“. Denn das ist ein Vorteil für alle.

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