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Meeple Circus

Meeple Circus - Ausschnitt - Foto von Pegasus Spiele

Erst spärliches Licht, dann flammt der Scheinwerfer auf. Trommelwirbel! Fanfaren erklingen, die Tuba brummt, das Becken schallt, Zirkusmusik. Manege Frei für Fingerakrobaten und Bauspezialisten am heimischen Spieltisch. Die großen Stars sind hier ganz klein: Meeples. Die Spieler werden Zuschauer und Akteure zugleich. Das alles versteckt sich in der Schachtel Meeple Circus von Cedric Millet (Pegasus Spiele).

Wie wird man der Star im Meeple Circus?

Sobald die leuchtend rote Schachtel geöffnet wird, springen kunterbunte Meeple heraus. Gleich fangen die Akrobaten an, sich zu atemberaubenden Meeple-Pyramiden aufzubauen. Dabei helfen noch andere Bauteile wie runde Fässer, längliche Balken und andere Requisiten. Gleich hinterher trampeln graue Elefanten und darauf tanzen weiße Pferde. Der stärkste Mann der Welt hebt gleichzeitig ein Kamel in Schwindel erregende Höhen und trägt zusätzlich auch noch einen Balken balancierenden Clown, auf dessen Kopf ein Tiger sitzt und ganz oben auf sitzt ein hochkonzentrierter Seelöwe mit einem kreiselnden Ballon auf der Nasenspitze. Neben all dieser Farb- und Formenpracht fallen Plättchen und Karten in der Schachtel gar nicht mehr so auf. Jedoch machen erst sie die bunte Zirkusschar zu einem Familienspiel.

Obgleich man Leuten aus dem Zirkus eine hohe Freiheitsliebe nach sagt, ist der Meeple Circus in drei feste Showabschnitte eingeteilt. Die ersten beiden Aufführungen sind im Grund zum warm werden, sich dehnen, sich schon mal einstimmen. Kurz gesagt: Fingerübungen. Aber den krönenden Abschluss bietet das frivole Finale: Die Gala-Aufführung. Hier ist jeder auf sich allein gestellt, während die anderen Spieler zusehen, die Luft anhalten und hoffen, dass etwas von der Menschen-Meeple-Tier-Requisiten-Pyramide umfällt. Als Spieler hält man selbst die Luft an, weil man hofft, den letzten Akrobaten behutsam mit zittrigen Fingern auf den erhabensten Platz stellen zu können. Und dazu erklingt allseits bekannte Zirkusmusik, so klischeehaft und kitschig, dass sie ein absolutes Muss im Spiel ist.

Der größte Lohn eines Artisten ist der Applaus. So auch hier und den erringt man auf zweierlei Weise. Zuschauerwünsche wollen zunächst befriedigt werden. Natürlich, denn der Kunde ist König. Darüber hinaus haben die unterschiedlichen Meeple verschiedene Talente, welche clever eingesetzt werden sollen. Der Sieger des Abends ist, wer sich den frenetischsten Applaus mit Beinestampfen und „Bravissimo“- Rufen aus dem Auditorium verdient.

Genug der blumigen Worte. Wie wird Meeple Circus gespielt?

Ganz nüchtern betrachtet ist Meeple Circus ein Bauspiel in der Art von Tier auf Tier oder Menara. Und das ist auch der wesentliche Kern: Am Spieltisch werden kleine Holzfigürchen (die Meeple) übereinander platziert und noch Tierfiguren sowie andere Formen dazwischen gestapelt. Hierbei ist es nicht unbedingt erforderlich am höchsten zu bauen. Viel mehr gibt es zwei Kriterien, die Punkte bringen: Zuschauerwünsche (Karten) und der gezielte Einsatz der verschiedenen Akrobaten. Denn die unterschiedlichen Farben wollen auch verschieden eingesetzt werden: Z. B. gibt es für blaue, unerfahrene Akrobaten jeweils einen Punkt, wenn die Figur den Boden berührt. Dem entgegen bekommt man für gelbe Figuren jeweils einen Punkt, wenn sie den Boden nicht berühren. Die erfahrensten von allen möchten in höchste Höhen hinaus und hierzu wird mit einem beigefügten Klatsch-O-Meter gemessen, wie hoch der Artist gebaut wurde und wieviel Applaus es dafür gibt. Zusätzlich spielt Geschwindigkeit eine kleine Rolle. Denn die beiden schnellsten Spieler können zwei bzw. einen Bonuspunkt abgreifen.

Die Karten mit den Zuschauerwünschen liegen von Anfang an offen aus und zeigen die seltsamsten Kombinationen aus Artisten, Tieren und Requisiten. Nach der ersten und zweiten Aufführung wechselt der Wunsch des Publikums in zumindest einer Karte. Zuschauer wollen einfach auch mal was anderes zu Gesicht bekommen.

Die Spieler erhalten ihre Figuren und Requisiten nach eigener Auswahl. Eine Auslage wird zufällig zusammengestellt und hieraus darf sich jeder nach Herzenslust bedienen. Was weg ist, ist weg und die Auswahl ist leider begrenzt. So kommt es öfter mal zu Situationen, die eine natürliche Auslese darstellen. Nicht jeder wird aufgrund der verbleibenden Auslage auch die Möglichkeit haben, alle oder gerade die lukrativsten Zuschauerwünsche bedienen zu können. Genau deswegen darf auch der Spieler mit dem wenigsten Applaus die Zuschauerwünsche in der kommenden Spielrunde manipulieren (eine Karte austauschen).

Woher kommt eigentlich diese Musik?

Für Meeple Circus gibt es eine App. „Schon wieder eine App?“ hört man die Zuschauer skandieren. Doch „Buuuuhh“-Rufer könnten überrascht sein. Neben einer lapidaren Kamerafunktion, welche das Fotomotiv z. B. mit einem roten Vorhang umrahmt, finden sich in der App viele kurze Musikstücke wieder. Zirkusmusik natürlich. Bekannt aus Film und Fernsehen. Die Titel sind gleichzeitig Untermalung, aber auch Timer. Und darüber hinaus ein Spaß mit der Erweiterung, denn eingespielte Sounds (z. B. ein Tusch oder das blecherne Beben des Beckens) sorgen für Luftküsse oder andere Reaktionen in der Gala-Aufführung. Somit ist die App ein schönes Nebenprodukt, die nicht nur Töne bietet sondern viel mehr beim Eintauchen in die Manege hilft. Wer das nicht glaubt, soll mal hier drauf klicken und dann die Augen schließen. Wer mit dem Grinsen und Kopfwackeln aufgehört hat darf gerne in den Kommentaren schreiben, was er gerade vor dem geistigen Auge gesehen hat.

Wer sich gegen Handys am Spieltisch ausspricht, die Musik aber gerne als Untermalung nutzen möchte (auch gerne im Büro), kann sich alle Titel von der Homepage von Pegasus herunter laden und anderweitig abspielen.

Gesellschaftsspiel Meeple Circus - Foto von Pegasus Spiele

Wie gut ist Meeple Circus?

Kinder lieben den Zirkus. Das Kind in mir ebenfalls. Und so frohlockt selbiges, sobald Meeple Circus auf den Spieltisch kommt. Zudem habe ich ein Faible für Bau- bzw. Balancespiele. Aus dieser Sicht konnte Meeple Circus bei mir doppelt punkten. Daran ändert auch nichts, dass die Regeln des Spiels zwar im Grund einfach gehalten sind, jedoch die Spieler sehr viel Verwaltungsaufwand ertragen müssen. Letztlich will ich nur Figuren aufeinander stapeln. Gerne gehe ich dabei sowohl behutsam, als auch taktisch vor. Allerdings lässt der bereits erwähnte Mangel an Verfügbarkeit aller Bauteile auch den größten Taktiker und den fingerfertigsten Artisten alt aussehen, wenn man die punkteträchtigen Zuschauerwünsche nicht erfüllen kann.  

Um mich mit anderen zu messen, sind sowas wie Siegpunkte notwendig und auch in Ordnung. Für den Spaß an sich, benötige ich es eher weniger. Und diese Restriktion der Bauteile gefiel mir am Spieltisch nur in dem Aspekt, dass man über das Spiel hinweg immer wieder kleine Entscheidungen treffen muss, was die Auswahl anbelangt. Jedoch führte es hier und da auch zu kleinen Frustmomenten. Insbesondere dann, wenn die siebenjährige Tochter nicht ihr heiß begehrtes weißes Zirkuspferd ergattert hatte. Und wo Vorlieben für Tiere anfangen, da werden Siegpunkte ohnehin nebensächlich.

In der Manege des Meeple Circus habe ich mich ein ums andere Mal verloren, genauso wie meine Mitspieler. Sieg oder Niederlage haben dabei weniger eine Rolle gespielt. Der Klamauk der Gala-Aufführung ist zwar nicht jedermanns Sache, jedoch habe ich auch schon Skeptiker am Tisch gehabt, die plötzlich mit eingeklemmter Zungenspitze an ihrer Pyramide basteln und das im Takt der Musik. Groß und Klein versammeln sich in diesem Zirkus am Spieltisch. Die Regularien machen das Spiel aufwändiger, als es vielleicht sein müsste. Den Spielspaß bietet es dennoch allen Zuschauern und Fingerakrobaten. Und darauf kommt es letztlich an. Ein tolles Spielprinzip mit leichten Mängeln in den Regeln, dafür einem hohem WOW-Faktor und einem genialen Thema. Meeple Circus: Die Show wird weitergehen.

Spielanleitung auf der Homepage des Verlages

Infos zu Meeple Circus

  • Titel: Meeple Circus
  • Verlag: Pegasus Spiele
  • Autor: Cedric Millet
  • Spieleranzahl (von bis): 2-5
  • Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
  • Dauer in Minuten: 30-60
  • Jahrgang: 2018

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1 Kommentar

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Axel Bungart 4. Juni 2019 at 15:07

Die Musik zum Spiel ist ja echt lustig. So macht man aus einem (mittelmäßigen) Spiel ein Event.

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