Es gibt offensichtlich Spiele und Spiele (ich weiss, ich wiederhole mich): Solche, bei denen der sprichwörtliche Funke sofort oder allenfalls auch später noch überspringt und die man immer wieder gerne spielt. Und dann gibt es halt auch andere Spiele, mit denen man irgendwie nicht recht klarkommt und die zumindest vielen der Beteiligten keinen rechten Spaß bereiten.
Solch ein Spiel der zweiten Sorte ist leider auch Top Secret von Prospero Hall (Schmidt Spiele). Dabei wären die Hintergrundgeschichte und das ganze Szenario des Spiels wirklich vielversprechend und toll. Von Spionage und Agenten ist da die Rede, mehrere Handlungsorte spielen eine Rolle und es gilt herauszufinden, wer sich wo genau mit wem treffen möchte. Wirklich wunderbar ist außerdem die äußere Aufmachung der Schachtel, die mit ihren sich bewegenden Augen ein echter Blickfang und ein Versprechen für alles Nachfolgende ist.
Der Mechanismus von Top Secret
Aber gleich zu Beginn tauchen da auch bereits erste Fragen und Probleme auf. So behauptet die Anleitung ernsthaft, dass Paris die Stadt der Spione sei (?!). Zumindest ich habe Paris bisher mit viel liebenswerteren Dingen verknüpft und eher andere Städte als Hochburgen des Spionagewesens gesehen. Aber Papier ist bekanntlich geduldig und der Frühling naht und man hat Lust, nach draußen zu gehen und Leute zu treffen. Und genau darum geht es auch bei Top Secret.
Alle Mitwirkenden erhalten dazu zwei Karten ausgeteilt. Eine davon zeigt je einen der anwesenden anderen Agenten, die zweite den Ort, der später als Treffpunkt dienen soll, dargestellt durch entsprechende Plättchen, die möglichst weit auseinander auf dem Tisch ausgelegt werden. Dann geht das Spiel bereits los, wobei alle zur selben Zeit und gleich in zwei unterschiedlichen Missionen tätig sind.
Bei der ersten, aktiven soll ich den Agenten, der mit zugeteilt wurde, durch ein Augenzwinkern kontaktieren, möglichst ohne dass jemand anderes das sieht. Ist mein Anbändelungsversuch erfolgreich, zeigt mir mein Gegenüber den gemeinsamen Treffpunkt an, indem er zum Ortsplättchen blickt, das auf seiner Ortskarte abgebildet ist. Das ist dann seinerseits die zweite, passive Mission, und da alles gleichzeitig abläuft, herrscht ein großes allgemeines Schauen, Zwinkern und Aufpassen und insgesamt ein ziemliches Durcheinander am Stubentisch.
Zwinker, zwinker
Dabei hätte eigentlich alles eine mehr oder weniger klare Struktur: Erst wenn das Kofferplättchen, das permanent in der Runde zirkuliert und den jeweils aktiven Spieler markiert, vor mir liegt, darf oder eher dürfte ich versuchen, meine aktive Mission abzuschließen. Dazu decke ich meine Agentenkarte auf und nenne den gemeinsamen Treffpunkt, der mir zuvor mit den Augen des anderen kommuniziert wurde. Aber wer kann da schon sicher sein?
Sind die Angaben dennoch richtig, deckt mein Gegenüber als Beweis seine Ortskarte auf, worauf wir beide unsere Karten als Siegpunkte weglegen und je eine neue Karte für weitere Aufgaben nachziehen dürfen. War mein Tipp dagegen falsch, zeigt der andere seine Ortskarte nicht, während ich eine neue Agentenkarte nehmen und von Null auf zu einer neuen Mission starten muss.
Ist es mir bei dem allem zusätzlich gelungen, jemand anderen beim Zwinkern zu beobachten, darf ich sofort und außerhalb der Reihe, das heißt, ohne das Kofferplättchen vor mir, meine Feststellung offenlegen. Ich nenne dazu den Zwinkernden und die andere Person, die meines Erachtens die fragliche Mitteilung erhalten sollte. Ist diese Vermutung richtig, erhalte ich die Agentenkarte des Überführten, andernfalls aber dieser einen speziellen Beobachtungschip von mir. In beiden Fällen sind das weitere Gewinnpunkte auf dem Weg zum Sieg. Das Ganze dauert, bis keine Agentenkarte mehr nachgezogen werden kann, worauf der Spieler mit den meisten Punkten zum Topagenten gekürt wird.
Lohnt sich das Agentenspiel Top Secret?
So interessant das Ganze möglicherweise tönen mag, so wenig funktioniert es leider im eigentlichen Spiel. Ein erstes Problem ist da das gleichzeitige Zwinkern und Blicken und Beobachten. In einer vorsichtigen Runde wartet jeder erst mal ab, um nichts zu verraten oder zu verpassen, worauf längere Zeit rein gar nichts geschieht. Unter aktiven, forscheren Leuten dagegen bricht innerhalb Kürze ein allgemeines Chaos aus, das kaum noch zu bändigen ist.
Insbesondere ist das Weitergeben des Kofferplättchens als Zeichen für den aktiven Spieler schlecht geregelt. Wer glaubt, gleich die nötigen Hinweise zu erhalten und seine Mission beenden zu können, gibt das Plättchen nicht oder nur ungern weiter, während im chaotischen Umfeld gar nicht darauf geachtet wird, wer das Plättchen gerade vor sich hat.
Halbwegs Spaß macht das Ganze also einzig in einer fröhlichen Runde. Allerdings könnte sich diese auch gegenseitig das Telefonbuch vorlesen oder -singen und wäre mindestens gleich gut unterhalten wie mit Top Secret. Letzteres braucht es also eigentlich überhaupt nicht, so bedauerlich das angesichts der tollen Schachtelgrafik auch erscheinen mag.
Infos zu Top Secret
- Titel: Top Secret
- Verlag: Schmidt Spiele
- Autor: Prospero Hall
- Spieleranzahl (von bis): 4-8
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
- Dauer in Minuten: 20
- Jahrgang: 2018
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