Infos zu Finca (2018)
- Titel: Finca
- Verlag: Franjos
- Autor: Ralf zur Linde, Wolfgang Sentker
- Spieleranzahl (von bis): 4
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 10
- Dauer in Minuten: 45
- Jahrgang: 2018
Ui! Ui! Ui! In Zeiten, in denen Spiele immer thematischer, aufwendiger und abenteuerlicher werden und man häufig aufgrund der irrsinnigen Ideen nur noch verblüfft den Kopf schütteln kann, belebt Franjos mit Finca ein Spiel wieder, das erst einmal wie eine Obstgarten-Version für Erwachsene erscheint. Vor allem, weil man im Spiel ständig mit hölzernen Früchten hantiert. Und da die Früchteernte als mallorquinischer Bauer auch etwas bieder daherkommt. Den Raben hat man übrigens durch einen Esel ersetzt, denn … Tier muss ein!
Aber: Immerhin war Finca 2009 zum Spiel des Jahres nominiert, bei dem es sich Dominion geschlagen geben musste. Beide Spiele wurden damals bei Hans im Glück veröffentlicht. Ergibt eine Wiederveröffentlichung denn Sinn?
Der Bauernkönig von Mallorca
Bis zu vier Spieler können bei Finca als Bauern auf Mallorca gegeneinander im Früchteernten antreten. Den Ertrag ihrer Ernte bestimmen sie über cleveres Ziehen auf einem Windrad, um die erworbenen Früchte anschließend mit Eselskarren an eine oder mehrere Inselgemeinden zu liefern, die entsprechenden Bedarf signalisieren. Am Ende siegt der, der zum einen am besten erntet und zum anderen am gewinnbringendsten liefert. Der Spieler wird der Bauernkönig von Mallorca!
Seiner Zeit weit voraus: der Windrad-Mechanismus
Bevor wir zum einst sicherlich innovativen Windrad-Mechanismus kommen, werfen wir einen Blick auf die Zugmöglichkeiten, die die Spieler jede Runde haben. Als da wären:
- Die Spieler ziehen ihre Bauern auf dem Windrad und ernten die Früchte auf den Feldern, auf denen sie stehen bleiben.
- Die Spieler liefern die passenden Früchte an die Inselgemeinden und erhalten dafür Siegpunkte.
- Die Spieler nutzen eine der vier Sonderaktionen, z. B. dürfen sie ihre Bauern zweimal auf dem Windrad ziehen oder müssen eine Frucht weniger an eine bestimmte Gemeinde liefern.
Das war sicherlich auch 2009 schon nicht innovativ, aber es gibt ja noch das Windrad. Dieses setzt sich aus zwölf Windmühlenblättern zusammen. Auf jedem Windmühlenblatt ist eine der sechs verschiedenen Früchten abgebildet. Zu Beginn des Spieles setzen die Spieler abwechselnd ihre Bauern auf die Blätter und erhalten dafür als Startkapital die dort abgebildeten Früchte. Dann darf gezogen werden.
Wie weit ein Bauer gezogen werden darf, hängt davon ab, wie viele Bauern auf dem Blatt stehen, von dem man loszieht. Wie viele Früchte man bekommt, hängt davon ab, wie viele Bauern auf dem Blatt stehen, auf das ich ziehe. Stehen mit meinem Bauern drei Bauern auf dem Blatt, von dem ich losziehe, muss ich drei Blätter gehen. Stehen auf dem Blatt, auf dem ich lande, mit meinem Bauern schließlich vier Bauern, dann erhalte ich vier Früchte.
Und hier beginnt schon das Taktieren: Gehe ich auf ein Blatt, bei dem ich viele Früchte einer Sorte bekomme, die ich aber aktuell gar nicht benötige? Oder gehe ich auf ein Blatt, auf dem die Früchte liegen, die ich benötige, wovon ich dann allerdings nicht viele erhalte? Kann ich durch meinem Zug anderen Spielern eine gute Möglichkeit nehmen, z. B. indem ich von einem Blatt gehe und damit die Zugweite eines anderen Spielern reduziere?
Hierbei spielt es auch eine Rolle, dass die Anzahl jeder Fruchtart limitiert ist. Komme ich auf ein Blatt mit einer Frucht, von der nicht mehr genug Exemplare im Vorrat liegen, müssen alle Spieler ihre Exemplare der Frucht abgeben und zurück in den Vorrat legen. Damit kann man eifrigen Sammlern schon mal ordentlich das Obstlager leerräumen.
Schließlich sind auf dem Windrad auch noch zwei Linien eingezeichnet. Kommt man beim Ziehen über eine dieser Linien, erhält man einen Eselskarren. Nur mit einem Eselskarren kann man auch Früchte ausliefern.
Auf die Plätze, fertig, Esel los!
Und damit sind wir beim Ausliefern. Die Eselskarren bringen die Früchte in die Gemeinden. Und jede Gemeinde hat ihren bestimmten Bedarf. Und je höher der Bedarf umso mehr Punkte. Aber: ich darf mit einer Eselskarre maximal sechs Früchte in einer Runde liefern. Der Bedarf liegt dabei zwischen 1-6 Früchten. Wird der Bedarf erfüllt, erhält der Spieler das entsprechende Plättchen. Schafft man es dabei, sechs Plättchen mit den Werten von 1 – 6 zu sammeln, erhält man ein Bonusplättchen mit Zusatzpunkten. Außerdem gibt es Zusatzpunkte, wenn man den gesamten Bedarf einer Gemeinde gedeckt hat. Dann wird immer geschaut, wer die meisten Früchte einer bestimmten Sorte besitzt. Und Punkte gibt es schließlich noch für die Sonderaktionen, die bis zum Ende ungenutzt blieben.
Für Grübler und aus dem Bauch-Spieler
Okaaaaay, wenn ich mich recht erinnere, dann war Obstgarten doch ein wenig einfacher! Finca ist nicht umsonst erst ab 10 Jahren. Man kann bei dem Spiel versuchen, jeden Zug bis zum Morgengrauen zu optimieren, indem man nicht nur seine Spielzüge der nächsten Runde plant, sondern auch die der Mitspieler vorhersagt. Und dabei natürlich möglichst viele Sonderpunkte mitnimmt.
Allerdings dürften Strategen sich dabei über den X-Faktor ärgern, den das Spiel mitbringt. Zum einen ist der Gesamtbedarf der einzelnen Gemeinden nicht vorhersehbar, zum anderen stellt jede Bauernbewegung die geplanten Züge wieder auf den Kopf.
Wer sein Gehirn nicht pausenlos unter Volldampf setzen will, kann auch die Bauchtaktik fahren und einfach quantitative Züge machen. D. h., möglichst viel Ertrag über das Windrad generieren und dabei ordentlich Esel akquirieren und häufig den Bedarf befriedigen. Sonderpunkte werden nicht geplant, sondern eher überraschend mitgenommen.
Das Spielmaterial macht es beiden Fraktionen dabei einfach: Übersichtlich und farbenfroh. Kein Plastikmüll oder labbrige Pappaccessoires. Und ich liebe die Holzfrüchte und Holzbauern. Die Anleitungen geht auch gut rein und schon nach dem ersten Lesen kann man eifrig losbauern. Wem das Grundspiel nach einiger Zeit zu wenig bietet, bekommt direkt auch noch die kleine Erweiterung „El Razul“ mitgeliefert, die ursprünglich ein Beilage der Zeitschrift spielbox war.
Gegenüber der Originalversion des Spiels hat sich hingegen wenig verändert. Der Spielplan ist größer, aber die Optik ist im Wesentlich identisch mit der 2009er-Version. Das ist aber vollkommen in Ordnung.
Zielgruppe und Wertung
Ja, die Zielgruppe, die Zielgruppe. Ich sehe Finca eher bei älteren Semestern als bei Kindern oder Jugendlichen. Für ein junges Publikum hat Finca zu wenig Story und ist nicht luftig genug. Ältere Semester, denen der Hintergrund egal ist und die einen moderaten Grübler suchen, werden sicherlich an Finca ihren Spaß haben. Ich würde es auch jederzeit wieder auf den Tisch bringen, weil es schnell erklärt ist und Laune macht. Und gerade der X-Faktor gefällt mir gut. Olé!
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