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(M)eine Messetour auf der Spiel ’14

Axel Bungart

Der persönliche Bericht von der Essener Spielemesse

Neeiiinn!! Der Messesonntag fällt aus! Wie immer. Für mich. Denn der Samstag ist immer mein letzter Messetag. Vier Tage Messe liegen beim Schreiben dieses Textes schon hinter mir, denn mittwochs sind die Pressekonferenz, die Neuheitenschau und der Tingeltangel durch die noch im Aufbau begriffenen Messestände.

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Tag eins auf der Spiel ’14 – viel gespielt

Drei Tage „echte“ Messe der Spiel ’14 aber habe ich genossen. Drei Tage spielen ohne Ende. Und ja: Wir haben viel gespielt! Am Donnerstag war es zwar schon so voll, dass man eigentlich schon hätte prusten wollen. Aber nach ein paar wenigen Stunden verteilten sich die Besucher doch auf die drei Hallen. Unsere Freundes-Troika hat daher jeden Tisch in Beschlag genommen, der frei war, und einigermaßen unterhaltsame Spiele versprach. Mit Five Tribes wurde der Reigen eröffnet. Hat allen gut gefallen, so gut, dass man schon die ersten Berechnungen über das Spielebudget anstellt. Aber am ersten Tag kaufen ist verpönt – auch, wenn das die Händler anders sehen. Weiter ging’s mit Witness von Ystari. Erklärt von einer jungen, netten Dame, die auf den süßen Namen Fee-Lena hört, worauf ich sie prompt anspreche. Und ich bekomme ein Lächeln zurück. Dann Witness: Ein Deduktions-Stille-Post, bei dem man Auge beweisen muss, wenn man den Täter entlarven will. Ganz nett, braucht aber die richtigen Mitspieler.

Im Vorbeigehen werfen wir einen Blick auf den Kosmosstand. Alle Plätze belegt. Dazwischen schon die nächsten, die wie Aasgeier auf aufgegebene Tische hoffen.

Ein besonders schöner Stand fängt uns ein. Bei Mattel gibt es ein Beduinenzelt mit sehr gemütlicher Sitzrunde um einen hell erleuchteten Spieltisch. Ein Klasse Stand! Und das Spiel? Bania. Oder war es Banalia? Oder Banania? Schon vergessen. Es hatte wohl bei keinem der Mitspieler einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Noch mal im Vorbeigehen ein Blick auf den Kosmosstand. Alle Plätze belegt. Manche Aasgeier haben aber Futter gefunden. Dafür sind neue da.

Weiter geht’s zu Piatnik, wo uns Venezia 2099 neugierig macht. Nach kurzer Erklärung und einem Spiel von guten dreißig Minuten haben wir unser erstes überraschendes Erlebnis: Eine tolle neue Spielidee, sehr gutes Material. Ein Spiel, das man kaufen kann; nicht, weil das Thema so phantasievoll wäre, sondern weil es rund läuft, spannend ist und unterhält.

Den Abschluss des Tages bildet Black Fleet von den Space Cowboys (Splendor). Bunte Schiffe auf einem simplen Meeresspielplan. Das nächste belanglose Piratenspiel? Piratenspiel ja, aber belanglos? Die Regeln sind wieder in wenigen Minuten erklärt – von der Schwester von Fee-Lena. Und wieder ein Lächeln gewonnen. Die Spieler schippern mit ihren Schiffen übers Meer, transportieren Waren, kapern Schiffe und versenken Piraten. Nichts Neues? Nö, aber unterhaltsam. Die Farben der Schiffe sind abstrus, aber das stört gar nicht. Man ärgert sich gegenseitig, hofft, das Land zu erreichen, ohne gekapert zu werden, und dann gibt’s Geld und alles ist gut. Vortreffliche Unterhaltung, wenn man nicht viel denken will. Bravo Space Cowboys!

Kurz vor Messeende des ersten Tages werfen wir noch mal einen Blick auf den Kosmosstand. Alle Plätze belegt. Nur die Geier sind weg.

Tag zwei auf der Spiel ’14 – weiterspielen …

Am nächsten Tag steht bei Ravensburger ein leerer Tisch. Sowas! Wir spielen schon nach kurzer Zeit. Knizia heißt jetzt Orongo. Oder viel mehr sein neuestes Werk heißt so. Der Anfang ist zäh und man neigt zur inhaltsschwangeren Frage: „Hä?“. Spielen wir was falsch? Nein, laut Regel nicht. Dann weiter. Und dann kommt plötzlich Leben ins Spiel und man weiß, dass man a) ein bisschen vorausschauen sollte und b) tatsächlich richtig spielt. Aber trotz deutlicher Führung im Mittelspiel geht es am Schluss um einen Zug, der Sieg oder Niederlage bedeutet. Das klingt nach zu ausgeglichen. Nach zu unbedeutsam, was die Planung angeht. Vielleicht auch nur Zufall, aber ich fürchte, ich werde es nicht mehr herausfinden.

Wir bleiben sitzen und holen uns La Isla – das neue „Feld“. Ein ganz anderes Kaliber. Die Grafik des Spielfelds löst keine Begeisterungsstürme aus. Zu sehr ist sie dem Zweck angedient. Das Spiel selbst offenbart sich nicht als ganz typisches Feld, aber ausbalanciert, vielseitig, knifflig. Ein Spiel, das man sofort noch mal spielen möchte, um dies und das und jenes auszuprobieren. Dann doch ein echtes „Feld“.

Bei einem kurzen Umweg nach der Pipipause sehen wir bei Kosmos vorbei. Alle Plätze belegt. Neue Aasgeier schwirren umher.

Bei eggertspiele wird ein Tisch frei. Hospital Rush liegt darauf. Wie? Hospital Rush. Noch nichts von gehört. Wir setzen uns und „schauen mal“. Die Erklärung dauert schon etwas länger. Ein paar Details sind dem Erklärbär noch fremd, was die Lust auf das Spiel anfriert. Doch dann geht’s los. Wir sind Ärzte in einer Klinik und kloppen uns darum, unsere Patienten gesund zu machen. Kloppen ist aber durchaus wörtlich zu verstehen, denn wir klauen uns gegenseitig Patienten, die der Herr Kollege freundlicherweise aus seinem Budget entlassungsreif gepflegt hat. Wir petzen, wenn andere unerlaubte Sachen machen, und bedienen uns ungeniert am Medizinschrank und Geldbeutel der Ärztekollegen. Wie gut, dass es nur ein (richtiges Ärger-) Spiel ist. Nur einen guten Tick zu lang dauert es.

Nach mehreren Anläufen erhalten wir endlich einen Tisch bei North Star Games, wo wir Evolution spielen. Aufgrund ein paar Vorrecherchen nicht ganz unbedarft treten wir unsere Partie zusammen mit zwei Amerikanern an. Das Spiel ist in Englisch, was aber auch für uns gar kein Problem ist. Man entwickelt neue Tierarten und versucht, sie am Leben zu halten, was angesichts fleischfressender Spezies nicht immer gelingt. Die Vorschusslorbeeren bestätigen sich: Evolution ist ein tolles Spiel, das seinen Reiz aus den Kartenkonstellationen zieht, die gegen- und miteinander wirken. Unser aller Highlight auf der Messe!

Ob bei Kosmos jetzt was frei ist? Wir verzichten vorerst auf eine Überprüfung.

Den Messeabschluss bildet an diesem Tag Massilia von den Quined Goblins. Unsere Zufallsbekanntschaft, die mit uns spielt, schnattert mir mit nahezu unerträglicher Lautstärke und Ruhrpott-Slang dermaßen ins Ohr, dass mir die Konzentration auf das Spiel schwer fällt. Nach einer halben Partie brechen wir in der Überzeugung ab, genug gesehen zu haben. Bis dahin hat uns Massilia wenig begeistert. Nur mein Ohr hüpft vor Freude. Ich würde Massilia aber noch eine Chance geben. Dem Ruhrpottlautsprecher nicht.

Tag drei – bis zum Ende nur spielen!

Am dritten und letzten Tag (für uns) sieht meine Liste der Spiele, die ich testen wollte, noch arg unberührt aus. Dafür ist sie um Titel gewachsen, die ich gar nicht auf dem Schirm hatte. Aber das hat sich gelohnt. Den Kosmosstand haben wir an diesem Morgen umgangen. Da wäre eh’ nichts frei gewesen.

Wir beginnen unseren letzten Tag in Halle 1 und werden am Stand von Backspindel Games von einem zotteligen, fellbemützten Iren im Kampfrichter-Shirt vehement zu einer Runde Luchador eingeladen. Ein Wrestling Game, au Backe, so gar nicht mein Ding, so bunt und schrill, wie Wrestling eben ist. Das sehe ich auch in den Augen der anderen beiden, die sich nur zögernd setzen. Ein Vierter spielt mit uns. Wir spielen in zwei Teams. Die temperamentvolle Erklärung ist verständlich, wenn auch von irischem Klang, was das Verständnis nicht eben erhöht.

Die erste Wrestling-Runde beginnt mit dem Countdown unseres Erklärers in einer Art und Weise, dass die vorbeigehenden Messebesucher stehen bleiben müssen. Das Würfelergebnis „Chair“ oder „Table“ müssen auch die Besucher in Halle 2 noch hören, so enthusiastisch verkündet unser Kampfrichter die Treffer. Ganz in Wrestling-Manier. Wir kämpfen ein paar Runden, bis der erste zermatscht am Boden liegt. Jeder Treffer wurde bis dahin von unserem Iren spektakulär gefeiert. Ein sensationeller Typ, den man bei jeder Partie dabei haben müsste. Hat man aber nicht, und deshalb wird uns das Spiel auch nicht nach Hause begleiten. Aber, was keiner anfangs dachte: Spaß hatten wir allemal.

An einem Stand begeistert mich die Grafik eines Spielplans: Versailles von NCKN aus Polen und Rumänien. Nach einer ersten Erklärung und einer sehr freundlichen Platzreservierung für zwölf Uhr, steigen wir mit zwei weiteren Mitstreitern in eine Partie ein. Die Regeln werden perfekt erklärt, und auch deshalb läuft der Einstieg in die Partie reibungslos. Das Spiel geht flott, selbst zu fünft, ist eingängig und trotzdem nicht banal. Man muss taktieren aber auch strategisch denken, um sich nicht selbst auszutricksen. Und in der Spielplanmitte wächst das Schloss, an dem alle bauen. Mein Spontankauf für diese Messe steht fest.

Mittagessen, Pinkelpause und dann mal nur laufen und gucken. Wir schlendern wieder Richtung Halle 3, trennen uns kurz, um uns dann später beim Kosmosstand zu treffen – allen Erfahrungen und Aasgeiern zum Trotz. Schon nach kurzer Zeit knarzt mein Funki: „Haben einen Tisch am Kosmosstand. Kommst Du?“ Das muss ein anderer Funker gewesen sein, der dieselbe Frequenz benutzt. Aber meine Nachfrage wird positiv bestätigt. Sensationell! Ich eile zum Kosmosstand, wo immer noch Aasgeier kreisen, und bewundere meine Freunde ob ihres Erfolges. Wir lassen den Tag bei Norderwind (vom Frühjahr des Jahres) und Machi Koro ausklingen. Bei Machi Koro gehe ich gnadenlos unter und schiebe das auf den aus meiner Sicht zu dominant auftretenden Monopoly-Effekt. Keine Kaufoption.

Dann ist Schluss. Und das in mir jammernde Gefühl, dass es das nun wieder für ein langes Jahr war, hält mich fast zurück in der Halle. Schön war’s. Wie immer. Tschüss, bis nächstes Jahr, Essen!

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3 Kommentare

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Bernhard Zaugg 19. Oktober 2014 at 21:46

… und den Iren und sogar den Ruhrpottlautsprecher hätte ich gerne ebenfalls erleben wollen!  😉

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Besucher 20. Oktober 2014 at 04:03

Hast Du Halle 4 gar nicht wahrgenommen oder wolltest Du uns geschickt andeuten, dass die Besucher sich nur auf drei der vier Hallen aufgeteilt haben und Halle 4 unbesucht blieb?

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Frank Riemenschneider 20. Oktober 2014 at 11:07

Danke Axel. Ich könnte sofort wieder nach Essen fahren. Nur, da ist ja jetzt fast keiner mehr.

Und wie sachte immer Herr Tegtmeier: Hauptsache Määnsch bleiben. 

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