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Klaus Teuber über sein Spiel Tumult Royal

Brettspiel Tumult Royal - Foto von Kosmos

Revolutionäre Familienentwicklung

blankKlaus, gemeinsam mit deinem Sohn Benjamin veröffentlichst du bei Kosmos zur Spiel 2015 in Essen Tumult Royal. Welches Thema versteckt sich hinter diesem Titel?
„Die Grundidee zu einem Revolutionsspiel hatte ich schon vor vielen Jahren. Inspiriert  wurde ich damals von George Orwell, der mit seinem brillanten Roman ‚Animal Farm‘ die Ergebnisse der meisten Revolutionen der Menschheit auf den Punkt brachte: Sobald die Revolutionäre zu Macht gelangen, handeln sie nicht mehr im Sinne des Volkes, sondern zu ihrem eigenen Vorteil. Die alten Herrscher werden durch neue Herrscher ersetzt, die in ihrer Grausamkeit dem Volk gegenüber ihren Vorgängern kaum nachstehen oder sie gar übertreffen.
Gierig raffen – gerade nicht zu viel und bloß nicht zu wenig, das war auch damals schon der zentrale Mechanismus in meinem Konzept. Doch so richtig funktionierte das Spiel nicht. Ich steckte es schließlich in eine Schublade und widmete mich anderen Aufgaben.
Als ich Benjamin Anfang 2014 von der Grundidee erzählte, hatte er eine Idee dazu, die mich begeisterte. Ich bot ihm an, das Spiel gemeinsam von Grund auf neu zu entwickeln.
Zu Beginn unserer Entwicklung hieß das Spiel noch Revolution. Es gab Tumulte und bei gehäuften Tumulten eine Revolution. Bei einer Revolution traf es den größten Übeltäter drastisch. In unseren Tests erwies sich die Bestrafung als zu frustrierend für die Spieler und das Zusammenspiel von Tumulten und Revolutionen als zu kompliziert für unsere Zielgruppe.
Also strichen wir schweren Herzens die Revolution – übrig blieben die Tumulte, die zumindest noch die Ränge der raffgierigen Adligen kräftig durcheinander wirbeln konnten.“

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Was wird dabei die Aufgabe der Spieler bei Tumult Royal sein?
„Die Spieler sind fiktive Adlige, die nichts anderes im Sinn haben, als ihre Untertanen um ihre schwer erarbeiteten Waren zu erleichtern. Den Raub der Waren deklarieren sie als Steuereinnahmen. Mit den Steuereinnahmen bauen sie Schulen, Hospitäler und Armenhäuser …
Halt! Das war natürlich nur ein Wunschgedanke. Die geraubten Waren dienen unseren selbstherrlichen Adligen natürlich nicht diesem Firlefanz. Lieber errichten sie im ganzen Land Statuen von sich, um ihre Untertanen mit Ihrer Glorie zu beglücken und bloß nicht von der Nachwelt vergessen zu werden. Was kann es auch Sinnvolleres geben?
Wir hoffen, die Spieler erkennen den satirischen Ansatz von Tumult Royal und sehen ihre Rolle im Spiel entsprechend locker.“

Mit welchen Mechanismen setzt ihr Tumult Royal um? Welche sind wesentlich für den Spielspaß?
„Das Herz des Spiels ist das Rauben der Waren. In der Mitte des Tisches liegen Warenplättchen (die Waren des Volkes) verdeckt aus. Innerhalb von 20 Sekunden dürfen sich alle Spieler gleichzeitig ein Warenplättchen nach dem anderen anschauen und es entweder wieder zurücklegen oder rauben. Theoretisch darf jeder Spieler beliebig viele Warenplättchen rauben (solange der Vorrat reicht). Allerdings darf ein einmal geraubtes Plättchen nicht wieder zurückgelegt werden. Das kann dazu führen, dass dem Volk zu wenige Waren übrig gelassen werden, was einen oder sogar mehrere Tumulte zur Folge hat.
Bei einem Tumult wird der raffgierigste Adlige bestraft. Nicht so hart natürlich, wie das vielleicht im wirklichen Leben der Fall sein würde. Wir wollten unseren Spielern zu viel Frust ersparen. Schließlich soll auch der raffgierigste Spieler das Volk möglichst noch mit einer seiner Statuen erfreuen dürfen.
Spielspaß fördernd ist auch, dass sich das Spiel gegen Ende nicht hinziehen kann, wenn ersichtlich ist, dass einige Spieler chancenlos sind. Hierfür haben wir einen besonderen Mechanismus entwickelt.“

Welche Zielgruppe hat das Spiel? Werden erfahrene Spieler so viel Spaß haben wie Familien oder ältere Kinder?
„Für gänzlich unerfahrene Spieler ist Tumult Royal sicher weniger gut geeignet. Wir haben beste Erfahrungen mit Spielegruppen gemacht, die gerne spielen und schon etwas spielerfahren sind. Für Kinder ab 10 Jahren stellt die Regel kein Problem dar. Ob auch Vielspieler, die primär nicht unsere Zielgruppe waren, ihren Spaß an Tumult Royal haben werden, können wir schlecht einschätzen. Natürlich hoffen wir es.“

Kannst du bitte den Spielern einen Tipp geben, die Tumult Royal das erste Mal spielen möchten: Was sollten sie beachten, was vermeiden, um den größtmöglichen Spaß zu haben?
„Das Rauben der Waren erfordert Fingerspitzengefühl. Da die Statuen für den Spielsieg notwendig sind und man für viele geraubte Waren auch mehrere Statuen auf einmal bauen kann, neigen Erstspieler dazu, zu viele Waren zu rauben. Tumulte sind dann unausweichlich. Wir empfehlen, zunächst einmal zur Probe zu rauben. Dann bekommt man ein Gefühl für die nachfolgenden Steuer-Raubphasen.“

Wie war es für dich als erfahrener Autor, mit deinem Sohn zusammen ein Spiel zu entwicklen? Gab es besondere Reibungspunkte oder lief es gerade wegen der familiären Bindung besonders glatt? Gab es eine klare Aufgabenteilung?
„Wie meine Frau und mein ältester Sohn Guido hat auch Benjamin mich oft beim Testen meiner Spiele begleitet. Seit Benjamin 2011 in unsere Firma eintrat und seit 2013 auch Geschäftsführer ist, bewegten sich seine Kritik und Vorschläge mehr und mehr in Richtung Entwicklung. Anfang 2014 war es daher nur noch ein kleiner Schritt zur zukünftig gemeinsamen Entwicklung neuer Spiele aus dem Hause Teuber.
Hat einer von uns eine Idee, schreibt er ein grobes Konzept und schickt es dem anderen, der dann seinerseits Ideen einfließen lässt. So geht das Konzept für ein neues Spiel hin und her, bis wir die Idee entweder verwerfen oder einen ersten spielbaren Prototyp bauen.
Bei der Entwicklung sind wir gleichberechtigt. Gefällt einem von uns ein Regeldetail nicht, suchen wir solange gemeinsam nach einer Lösung, bis wir beide zufrieden sind.
Eine Aufgabenteilung gibt es insofern, dass ich mich mehr um die Erstellung der Prototypen kümmere und Benny mehr um die Vermarktung unseres Spiels.“

Neben Norderwind und wenigen anderen aktuelleren Spielen dreht sich Tumult Royal nicht direkt oder indirekt um Die Siedler von Catan oder nutzt dessen Mechanismen. Wie sehr blockiert dich der riesige Erfolg von Catan in der Entwicklung bzw. Umsetzung neuer Ideen?
„Seit Catan vor 20 Jahren erstmals veröffentlicht wurde, habe ich mich intensiv um Catan gekümmert. Dazu gehörten die Entwicklung neuer Erweiterungen oder Spin-offs wie beispielsweise Catan Junior, Aufbruch der Händler oder Die Sternenfahrer von Catan. Auch die Entwicklung und Pflege von Die Fürsten von Catan (früher das Kartenspiel für Zwei) war sehr aufwändig. Die Überarbeitung des Kartenspiels in den Jahren 2009 – 2010, die ich zusammen mit Peter Gustav Bartschat und Reiner Düren bewerkstelligte, kostete alleine so viel Zeit wie die Neuentwicklung von zwei oder drei Spielen. Dazu kamen die elektronischen Umsetzungen der Catan-Spiele, zu denen ich die Konzepte für die künstliche Intelligenz verfasste und bei deren Tests ich intensiv eingebunden war. Glücklicherweise kümmerte sich Guido ab 2002 verstärkt um das internationale Lizenzgeschäft und die Markenpflege.
Das alles blockierte natürlich meine Zeit für die Entwicklung neuer Spiele. Aber ich bedaure das nicht. Im Gegenteil. Als Spieleautor empfand und empfinde ich es als ein großes Glück, ein Spiel entwickelt zu haben, dessen Potential es mir erlaubte, es mit neuen thematischen und spielerischen Inhalten auszubauen und es auf seinem Weg zum Erfolg zu stärken.
Seit Benjamin unserem Familienunternehmen angehört und Guido und mich unter anderem auch bei der Pflege von Catan unterstützt, habe ich wieder den Kopf frei für die Entwicklung neuer Spiele. Die Freude, mit Benjamin zusammenzuarbeiten, motiviert mich dabei sehr. Nach Tumult Royal wird nächstes Frühjahr ein weiteres Spiel (diesmal ein waschechtes Familienspiel) von uns erscheinen. Weitere gemeinsame Spiele sind in Arbeit.“

Catan ist eine der erfolgreichsten Weltmarken in der Spielebranche geworden. Das lässt sich vorher nie steuern. Mit dem großen Abstand zur Erstveröffentlichung: Gab es ein Ereignis, einen Moement, den du für entscheidend für diesen Erfolg hältst?
„Ich glaube, der Erfolg ist im Spielsystem begründet. Catan ist interaktiv, kommunikativ und aufbauend. Das bedeutet, es gibt keine Wartezeiten, es wird nichts zerstört und die sozialen Komponenten des Spiels, das Handeln und das Einbringen der eigenen Persönlichkeit sind oft spielentscheidend.
Manche werfen Catan vor, es sei zu glücksabhängig. Wenn das so wäre, würde man bei Meisterschaften nicht häufig immer wieder die gleichen Gesichter unter den Gewinnern sehen. Wie bei vielen, etwas anspruchsvolleren Spielen ist es auch bei Catan so, dass ein sehr guter Spieler auch mal Pech haben und verlieren kann. Über mehre Spiele hinweg wird er sich aber bei fast allen Partien durchsetzen.
Ich bestreite einen gewissen Glücksanteil nicht. Ich würde ihn auch nie aus dem Spiel entfernen. Denn er ist das i-Tüpfelchen für den Erfolg. Wer Catan verliert, kann mit Würde und ohne Gesichtsverlust behaupten, er hätte einfach Pech gehabt. Damit ist er aus dem Schneider und kann sein ‚Glück‘ bei der nächsten Partie erneut versuchen.“

Bei allen Veröffentlichungen zu Catan und allen Varianten oder Szenarien hast du sicher eine Lieblingsversion. Welches Catan-Spiel spielst du am liebsten, welches am wenigsten gern (und warum)?
„Ich spiele alle Catan-Erweiterungen oder Szenarien gerne. Wäre es anders, hätte ich sie nicht veröffentlicht. Spontan würde ich jetzt mit erfahrenen Catanern am liebsten Der große Kanal oder Das verwunschene Land spielen.“

Webseite zu Die Siedler von Catan

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