Renn- und speziell Wagenrennspiele sind toll! Das zumindest ist die überwiegende Auffassung und Erfahrung in meinen diversen Spielrunden. Klar, Ausnahmen kann es immer geben. Aber insbesondere Ave Caesar, der altehrwürdige Klassiker im Bereich der altrömischen Wagenrennen aus dem Hause Ravensburger (nicht zu verwechseln mit der leider gestalterisch etwas missglückten späteren Überarbeitung durch Pro Ludo), kommt bei uns regelmäßig als idealer Abschluss eines tollen Spieleabends zum Einsatz – egal, was zuvor alles gespielt wurde, der „Chäser“ passt immer! Und nicht selten haben sich aus der eigentlichen Abrundung ganze Rennserien ergeben mit zahllosen Revanchepartien bis in die frühen Morgenstunden!
Klar daher, dass unter diesen Umständen ein neues Wagenrennspiel wie Chariot Race von Matt Leacock (Pegasus Spiele) bei uns einerseits auf ein sehr großes Interesse und viel Goodwill stoßen wird, sich andererseits aber auch zumindest gedanklich mit Ave Caesar vergleichen und messen lassen muss. Und da kann es eigentlich fast nur einen Sieger geben …
Wie funktioniert das Wagenrennspiel Chariot Race?
Aber wir wollen nicht vorgreifen. Chariot Race schaut toll aus und verspricht einigen taktischen Spielraum im Renngeschehen. Die Arena präsentiert sich als klassisches gestrecktes Oval mit je zwei langen Geraden und engen Kurven, die zwangsläufig für viel Spektakel sorgen. Ben Hur lässt grüßen! Die einzelnen Fahrspuren in den Kurven sind dabei gleich wie bei Formula D mit Maximalwerten für eine problemlose Durchfahrt versehen. Wer schneller fährt, beschädigt so sein Gefährt, was auf einem speziellen Tableau für die einzelnen Rennkutschen vermerkt werden kann und muss.
In der vollgepackten Arena gilt es anschließend, als Schnellster einen Parcours von zwei Runden zu bewältigen. Dazu wird gewürfelt, wobei zu Beginn jeder fünf Sechsseiter mit Spezialaufdrucken zur Verfügung hat. Passt das Ergebnis nicht, kann eine beliebige Anzahl neu geworfen werden. Für weitere Versuche müssen Fortunapunkte geopfet werden, was ebenfalls auf dem Renntableau der jeweiligen Spieler vermerkt wird. Und dann führt der aktive Spieler seinen Zug aus, bevor der nächste an der Reihe ist und seine Aktionsmöglichkeiten erwürfelt.
Die Karren weisen zu Beginn bereits eine Grundgeschwindigkeit von vier Feldern auf; die Römer scheinen also irgendwie bereits den Raketanantrieb entwickelt und genutzt zu haben. Später braucht es dann für jedes Beschleunigen und Abbremsen und für jeden Spurwechsel ein entsprechendes Symbol, das erwürfelt wurde. Außerdem enthalten die Sechsseiter Fortunapunkte für weitere Würfelversuche und Kleeblätter zum Reparieren der Rennkarren. Diese können nämlich nicht nur in den Kurven Schäden erleiden, sondern auch beim Zusammenstoß mit gegnerischen Vehikeln oder beim Überfahren von sog. Krähenfüßen, speziellen Eisenkonstruktionen, die mit einem weiteren Würfelsymbolen auf die Rennpiste fallen gelassen werden können. Dasselbe Symbol erlaubt als Alternative auch den Wurf eines Speeres auf benachbarte Karren – im Unterschied zum Raketenstart scheint Fairplay bei den Römern noch kein Thema gewesen zu sein.
Zusätzlich erschwert wird das Ganze durch die Tatsache, dass bei höheren Tempi weniger Würfel zur Verfügung stehen. Und das begrenzt entsprechend die Auswahl der verfügbaren Symbole bzw. die Möglichkeit, unerwünschte Einzelergebnisse zu kompensieren; die Rennmaschinen werden gewissermaßen schwerer zu lenken. Und so können sich binnen Kürze durch allzu rasante Kurvenfahrten und Kollisionen aller Art Schadenpunkte zuhauf ansammeln, bis bei 20 Schadenpunkten die ganze Karre auseinanderfällt und das Rennen für den jeweiligen Fahrer beendet ist.
Wie gut ist das Brettspiel Chariot Race?
Das alles schränkt beim Brettspiel Chariot Race den scheinbaren Spielraum für taktische Manöver empfindlich ein. Ohne laufendes Einsammeln von Fortunapunkten kann entweder kaum vernünftig und vor allem schnell und aggressiv genug gefahren werden oder aber droht das frühzeitige Ausscheiden durch einen Kollaps der eigenen Rennkarre. Außerdem gibt es einen gewaltigen Vorteil für den Startspieler, wenn dieser nur einigermaßen zügig losfahren und mindestens einen Krähenfuß fallen lassen kann. Die nachfolgenden Spieler werden so zu einer vorsichtigen Fahrweise gezwungen und können kaum überholen. Oder aber sie riskieren gleich zu Beginn einige Schadenpunkte und sind so anschließend zu Reparaturarbeiten gezwungen. Chancengleichheit sieht irgendwie ziemlich anders aus …
Im Übrigen spielt sich Chariot Race leider alles andere als rasant und elegant. Das dauernde Nachführen der Schadenpunkte verzögert das Geschehen und schleißt die Tableaus für die einzelnen Karren. Zudem gibt es bei jedem Wurf mehrere Möglichkeiten, wie Würfel eingesetzt oder aber neu geworfen werden können, was ebenfalls einige Rechnerei und Überlegenszeit nach sich zieht.
Von einem großen oder gar furiosen Rennspiel, wie in der Anleitung zu lesen ist, kann unter diesen Umständen keine Rede sein. Von der Eleganz und Emotionalität eines Ave Caesar oder Chäser, wie der Ravensburger-Klassiker in unserer Runde heißt, ist Chariot Race jedenfalls weit entfernt. Wie bereits erwähnt, haben wir mit ersterem schon ganze (Rest-) Nächte bestritten. Bei Chariot Race dagegen ist nie auch nur eine einzige sofortige Revanchepartie gewünscht worden und zustande gekommen. Und das will etwas heißen in unserer rennsportbegeisterten Spielrunde.
Spielanleitung zu Chariot Race
Infos zu Chariot Race
- Titel: Chariot Race
- Verlag: Pegasus Spiele
- Autor: Matt Leacock
- Spieleranzahl (von bis): 2-6
- Alter (ab oder von bis in Jahren): 8
- Dauer in Minuten: 30 - 40
- Jahrgang: 2016
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