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Spiel 2022: Von stinkenden Fischen, stammelnden Vätern und Kacketauchern

Messebesucher am Donnerstag auf der Messe

Mein persönlicher Messebericht

4 Tage spielte die Welt sich in Essen auf der Spiel 22 wund. Dabei waren 980 Aussteller aus 56 Ländern mit 1800 gelistete Neuheiten sowie 147.000 Besucher. Das bedeutet zumindest Rekord bei den Neuheiten und im Vergleich zum Vorjahr einen Besucherzuwachs von 53 %. Vorweg kann man sagen, dass die Gänge dieses Jahr deutlich stärker gefüllt waren, die Messe dafür aber auch wieder viel mehr Raum in den Hallen einnahm. Das traurige Bild der verwaisten Galeria hat sich dieses Jahr nicht wiederholt. Es wurde wieder eifrig Carcassonne in groß und mit dem netten Onkel „Tuff tuff tuff, die Eisenbahn“ gesungen. Samstag kam es dabei auch wieder zum obligatorischen Stau beim Übergang der Hallen 1-3 in die Hallen 4-6. Und umgekehrt.

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Stau gab es auch bereits Donnerstagmorgen vor offiziellem Einlass an den Eingängen West und Süd. Dirigiert wurden die Massen dabei zum Teil mit schroffem Ton durch die vertretenen Ordnungskräfte, so dass sich der eine oder andere an seine Bundeswehrzeit erinnert gefühlt haben dürfte. Auch das obligatorische Wettrennen nach dem Öffnen der Türen musste man nicht missen. Sehr zur Belustigung der anwesenden Aussteller, welche die hysterischen „Hasen“ eifrig anfeuerten. Bei manch einem setzte daraufhin etwas Restwürde ein, andere keuchten scham- und atemlos weiter durch die Gänge. Aber wer weiß, ob nicht der eine oder andere mit einer Zerrung jetzt auf der Couch liegt und sich nun an eines der schon früh ausverkauften „Schätzchen“ kuschelt.

Und davon gab es wieder viele dieses Jahr, u. a. Cat in the box, 12 Rivers, Great Western Trail Argentina, Arche Nova Zoopläne, Flügelschlag Asien Erweiterung, Age of Galaxy, Dorfromantik. All diese Spiele hatten direkt am ersten Tag, spätestens aber am Samstag das Prädikat „Sold out“. Und manch ein Spiel fand sich kurze Zeit später mit fantasievollen Preisvorstellungen bei Ebay & Co wieder. Same procedure as every year!

Dafür war auch der Hypetrain scheinbar vom Sabotageakt im Norden des Landes betroffen. Zumindest kam er weder vor noch während der Messe richtig in Fahrt. Klar, gab es wie jedes Jahr begehrte Titel, vielleicht Mini-Hypes. Aber die obligatorischen ein, zwei Titel, die gefühlt jeder nachher in seinen blauen IKEA-Tüten durch die Gänge schleifen wollte, die gab es dieses Jahr nicht. Vor der Spiel gepushte Titel wie Lacrimosa, Revive, Woodcraft oder Hamlet – The Village Building Game waren in der jährlichen Tütenschau nach der Messe gar nicht so intensiv vertreten. Und füllten auch nicht stunden- und tagelang die Diskussionen in den Foren und sozialen Medien.

Donnerstag, erster Messetag. Liebes Tagebuch …

Aber zurück zum Donnerstag. Erster Stopp bei iello. Im Angebot: King of Monster Island. Die nächste Hassgeburt im King of Tokyo-Kosmos. Diesmal kloppen sich die Monster nicht gegeneinander, sondern versuchen gemeinsam ein Boss Monster auf der Monster Insel zu besiegen. Doch nicht nur das Boss Monster, sondern auch seine Günstlinge machen uns das Leben schwer. Außerdem errichtet das Boss Monster Pylonen. Kennt man vom Fußballtraining. Sowohl Monster als auch Pylonen.

Spielbrett King of Monster Island

Wir gewinnen das Spiel, wenn wir das Boss Monster besiegen. Das Boss Monster gewinnt wenn eines unserer Monster zu Beginn seines Zuges keine Lebenspunkte mehr hat, drei Pylonen errichtet oder alle Günstlinge auf der Insel platziert wurden.

Bei King of Monster Island geblieben ist die typische Würfelorgie, wobei sowohl für unsere Monster als auch das Boss Monster neue Aktionen hinzugekommen sind. So können wir uns auf der Insel bewegen und sogenannte „Support Tiles“ platzieren, die wir einmalig in einer Runde nutzen können.

Leider ist die Regelerklärung an diesem Morgen noch etwas fahrig und/oder wir noch nicht geistig auf der Höhe, so dass wir während des Spiels doch an einigen Stellen hängen. Aber nicht nur deswegen zieht sich das Spiel etwas. Schon King of New York kam bei Fans von King of Tokyo weniger gut an, weil es etwas von der Einfachheit und Leichtigkeit des Grundspiels nahm. King of Monster Island entfernt sich hiervon noch mehr. Dafür ist das Thema und die visuelle Umsetzung wieder toll. Ich bin gespannt, wie es allgemein ankommt.

Die Schlafmütze des Monats geht derweil an den Schwerkraft Verlag, der es nicht hinbekommen hat, bis zum Messestart um 10 Uhr seinen Stand fertig zu bestücken. Dazu gehört auch, dass weder Preise an den Spielen angebracht noch beim Personal bekannt sind. Optisch wird der Stand zudem von jeder Erbsensuppenkanone in der Fußgängerzone überholt.

Schachtel und Karten von Battle Fries

Besser schaut es mit der Erklärung von Battle Fries am Stand von BYR Games aus. Das Ding ist aber auch ein recht simples Kartenspiel, bei dem alle Spieler gleichzeitig spielen. Dafür hat jeder Spieler zu Beginn 9 Karten auf der Hand, die acht Mal Pommes und einmal eine Frikandel zeigen. In der Tischmitte liegen verschiedene Saucen. In unserem Fall Majo, Ketchup und eine Spezial Sauce. Zu Beginn einer Runde zählen dann alle Spieler bis drei und entscheiden sich, welche Pommes sie auf welche Saucenkarte spielen. Wählt nur ein Spieler eine Sauce, bekommt er seine eigene Karte, Karten die aus vorherigen Runden noch in der Sauce stecken und eine Bonuskarte. Spielen zwei Spieler gleichzeitig ihre Fritten in eine Sauce, bleiben diese in der Sauce stecken. Spielen mehr als zwei Spieler ihre Fritten in eine Sauce, kommen die Karten in die Tischmitte. Die Frikandel schlägt dabei andere Karten.

Battle Fries ist ein aufgeblähtes Gruppen-Schnick-Schnack-Schnuck mit einem Reizthema. Man denke nur an die Pommes-Preise! Das Spiel selbst kann man mal mitspielen, aber sicherlich kein Ding, was dauerhaft auf dem Spieltisch landet.

Ausschnitt Plakat Gay Sauna

Ob Gay Sauna – The Board Game das Zeug zum Spiel des Jahres 2023 hat, werde ich nie erfahren. Zwar hat man den Stand wirklich in die hinterste Ecke von Halle 6 verbannt, aber meine Begleitung weigert sich dennoch beharrlich, das Spiel genauer unter die Lupe zu nehmen. Als ich am letzten Tag erneut am Stand vorbeikomme, spielen aber tatsächlich einige Herren mit nacktem Oberkörper unter kleinem, aber feinen Applaus. Wie in einer Klischee-Komödie. Und ja, ich habe schmunzeln müssen.

Arche Nova Inlays und Overlays

Weniger lustig sind die Preise am Stand von Euro Hell Design. Die haben Premium Stuff für Brettspiele, u. a. Overlays und Organizer. Aber wenn alleine der Organizer schon mehr als das Spiel kostet, bin ich raus. Auch wenn die Sachen wirklich toll aussehen und ihren Nutzen haben.

Spielkarten Happy Dim Sum

Pünktlich zum Mittagessen wird Happy Dim Sum am Stand von Capital Gains Studio aufgetischt. Die Optik ist ansprechend, der Geruch zumindest nicht anstößig, an der Präsentation der Speisen lässt sich aber noch feilen. Unser junger Erklärbär ist weder regelfest, noch verströmt er großen Enthusiasmus beim Erklären und Spielen. Mag daran liegen, dass Happy Dim Dum ein seichtes Set Collection-Kartenspiel ist, bei dem wir unseren Mitspielern Sets von Dim Sums reinwürgen wollen. Wer drei Sets hat, fliegt raus. Damit das Ganze nicht zu einer mauen asiatischen Version von Schwarzer Peter verkommt, gibt es noch eine Reihe von Aktionskarten, die Würze in die Speisen bringen. Mit einigen Reisschnäpsen und einer auf Krawall gebürsteten Gruppe kann das durchaus Spaß machen, ist aber auch kein Must have.

Ausschnitt Spielbrett Block and Key

Ob Block and Key am Stand von Inside Up Games ein Must have ist, lässt sich nicht rausfinden. Will man das Spiel spielen, steht einem kein Erklärbär zur Verfügung, sondern man muss sich mit der englischsprachigen Erklär-App Dized rumschlagen. Die Erklärung ist hierbei nicht nur ziemlich monoton, sondern auch langatmig. Auch an anderen Stellen wurden vermehrt digitale Erklärsystem genutzt. Personalmangel? Kostengründe? Ursache unbekannt. Man kann nur hoffen, dass in der Zukunft weiterhin Erklärbären genutzt werden.

Spielbrett und Spielmaterial Planet B.

In die Zukunft geht es auch am Stand von Hans im Glück. Deren diesjähriges Top Spiel heißt Planet B. und lässt uns korrupte Gouverneure auf einem B-Planeten spielen, nachdem wir unsere jetzige Erde unbewohnbar gemacht haben. In dieser Rolle lassen wir uns von Konzernen schmieren, bauen unsere Stadt aus, manipulieren die News und versuchen um jeden Preis Präsident zu werden. Und das alles natürlich mit viel Humor.

Davon ist leider im Spiel nicht viel zu merken. Nach einer ebenfalls recht durchwachsenen Erklärung lässt man uns zu Viert mit unserem Planeten und unserem Dilemma alleine. Und das besteht darin, dass wir recht emotionslos die nächsten 1 ½ Stunden bunte Steinchen oder Figürchen irgendwo hinstellen, hinschieben und wieder wegnehmen, was zwischendrin immerhin durch ein paar illustrierte Karten mit Text aufgelockert wird. Das Thema kommt zumindest für uns kaum durch.Wir brechen das Spiel nach gut der Hälfte der Zeit ab und kommen gemeinsam überein, dass Planet B. die hohen Erwartungen zumindest an diesem Tag nicht erfüllen konnte. Jetzt weiß ich, was andere damit meinen, wenn sie ein Spiel mit einem Excel Sheet vergleichen. Entweder ist bei uns durch die dürftige Erklärung etwas schief gelaufen oder Planet B. ist tatsächlich mehr Flop als Top.

Fun Facts

Erholung gibt es wie immer bei Repos Production, die auch dies Jahr Leichtgewichtiges im Programm haben. Eine der Neuheiten ist Fun Facts, was vom Material und der Intention in die Fußstapfen von Just One tritt. Abwaschbare Plastikpfeile, schwarze Stifte und das Ziel, gemeinsam möglichst viele Punkte zu holen. Dafür bekommen wir je nach Spielerzahl eine bestimmte Anzahl von Fragen gestellt, auf die wir quantitativ antworten müssen. Die Antwort notieren wir verdeckt auf unserem Pfeil und legen ihn entweder vor oder hinter den Pfeil eines anderen Mitspielers. Die Postion hängt davon ab, ob wir vermuten, dass wir mehr oder weniger als unser Mitspieler angegeben haben. So müssen wir beispielsweise bewerten, wie kreativ wir auf einer Skala von 1-100 sind. Je kreativer, umso weiter liegt unsere Pfeilspitze vorne. Jede Pfeilspitze, die bei der Auflösung eine falsche Einschätzung enthält, wird nicht gewertet. Die restlichen Punkte werden zu den Punkten aus vorhergegangen Runden hinzuaddiert. Die finale Punktzahl gibt an, wie gut wir uns kennen. Auch hier nichts bahnbrechend Neues, aber halt wieder so ein Ding, dass man in geselliger Runde mal schnell erklärt und weggezockt hat.

Spielmaterial 7 Wonders Architects

Nicht mehr ganz neu, sondern ein Ding aus dem letzten Jahr ist 7 Wonders: Architects, welches das Spielprinzip des ursprünglichen 7 Wonders aufgreift, aber die Komplixität auf Familienspielniveau herunterbricht. Das Ding spielt sich auf jeden Fall angenehm fluffig, ohne dass es total öde ist. Und funktioniert an diesem Tag auch zu fortgeschrittener Zeit recht gut.

Optisch ein Graus, spielerisch eher in Richtung Schmaus geht Challengers von Zman. Das Ding zocken wir zu sechst in einer Multikulti-Gruppe, in der sich jeder mit jedem verteilt auf mehrere Runden in einem 1 gegen 1 duelliert. Mechanisch ist das Ganze ein Schmalspur-Deckbuilder mit wirklich mauem Artwork, wovon der Duell-Modus aber zumindest an Ort und Stelle geschickt ablenkt. Alle Beteiligten haben Spaß wie eine Horde Schuljungen, nachdem der Hausmeister sein Schmuddelheftchen auf dem Pausenhof vergessen hat.

Resterampe Heidebär

Und da ist sie auch wieder, die Resterampe von den Heidelbären. Drinnen warten die Unverkäuflichen, vor allen Dingen die Titel, die zur Spiel Digital 2020 rausgekommen sind. So gibt es ein Wiedersehen mit Decipher und Caretos. Aber auch das eine oder andere Schätzchen liegt im Kartonmeer. So verwundert es wenig, dass Tyrannen des Unterreichs für 30 € nach dem ersten Tag „Sold out“ ist. Bleiente macht hingegen Sanctum, das Ding, welches 2019 all die enttäuschte, die dachten, dass hiermit Diablo aus der digitalen in die analoge Welt wechselt.

Ich grabbel mir Tiny Turbo Cars und Vampire: The Masquerade – Vendetta für jeweils 15 Münzen. Ersteres, weil ich es auf der Spiel 2021 als nettes Programmierspiel kennengelernt habe. Letzteres, weil ich früher das gleichnamige Rollenspiel gespielt habe. Graupe oder nicht Graupe, das bleibt erst einmal die Frage.

Schachtel und Spielmaterial von My Shelfie

Auf den letzten Metern geben wir uns noch zwei kleine Spiele. Den Anfang vom Ende macht My Shelfie von Cranio Creations, bei dem wir jeder in einem Bücherregal Gegenstände puzzeln, um vorgegebene Muster zu erfüllen und übelst zu punkten. Ach Azul, was hast Du damals nur losgetreten. Spieleschachtel hübsch, Spielmaterial mager. 6.3 Punkte bei Boardgamegeek fassen es ganz gut zusammen.

Schachtel und Spielmaterial Troublez

Besser macht es Troublez von Albi, ein Push you luck-Spielchen, bei dem wir punkteträchtig Zombies in drei Reihen anzulegen versuchen. Neben den Zombies kommen auch Waffen hinzu, mit denen wir in den Auslagen unserer Mitspieler Zombies klauen oder töten können. Soviel Interaktion gab es zuvor höchstens beim Einlass. Und macht Troublez zu einem würdigen Abschluss, auch wenn sowohl die Kraft als auch die Begeisterung nicht mehr reichen, um es mitzunehmen.

Freitag, zweiter Messetag. Die Bahn kommt …

Volle U-Bahn zur Messe

Zumindest an einem von vier Tagen muss mit der Bahn angereist werden. Hat Flair. Ist auch ein wenig Spiel, wenn man schon auf dem knapp über eine Stunde dauernden ÖPNV-Tripp rät, welcher der Mitreisenden auch zur Spiel fährt. Jeder Koffer, jeder Rucksack, jede Zeitschrift und jede Verzierung an der Kleidung ist verdächtig. Auch Körperform und Körperhaltung können ein Indiz sein. Spätestens aber, wenn man sich morgens in die U-Bahn Richtung Messe quetscht und gegenseitig die Rucksäcke in die Seiten bzw. bei geringer Körpergröße auch vor den Schädel bekommt, dann weiß man, wer potentielle Gegner und Verbündete sind.

Menschen in Halle 7

Statt Eingang Süd betrete ich heute entspannt über Eingang Ost die Messe. Das hat den charmanten Vorteil, dass man nicht bei frostigen Temperaturen am Gehweg kleben bleibt. Außerdem wirken die Massen in den Hallen 7 und 8 vor Einlass nicht so massig, sondern lediglich wie eine kleine Traube Menschen, die einem nicht die raren Plätze an den Tischen streitig macht.

Karten des Spiels Voll auf die 18 von Marc Uwe Kling

Treffpunkt mit meinen Mitstreitern ist diesmal am Stand von Pegasus in Halle 3. Leider um 10:30 Uhr, so dass bereits fast alle Tische belegt sind. Lediglich bei Chronocops herrscht dauerhaft Leere. Und bei Voll auf die 18, dem neuen Känguru-Kartenspiel von Marc-Uwe Kling, ist noch Platz. Bei dem appgesteuerten Hektik-Spiel versuchen wir durch das Tauschen und Ausspielen von vorgegeben Kartenkombinationen wertgenau den IQ der Nazis auf den Karten zu erreichen, um sie durch Argumente für eine bessere Welt zu gewinnen.

An diesem Morgen muss die Welt leider ohne uns zu einem besseren Ort werden, denn wir versagen zwei Mal schon beim ersten Level und wenden uns von Marc-Uwe Kling und seinem Voll auf die 18 frustriert ab. Objektiv betrachtet macht das Ding sicherlich jenen Spaß, die auf Spiele wie 5 Minute Dungeon oder Sebastian Fitzek Safe House stehen. Außerdem geht der Gewinn aus dem Verkauf des Spiels an Organisationen, die sich gegen Rassismus wenden. Darum mag man es gar nicht doof finden.

Schachtel und Karten von District Noir

Am Stand von Blackrock Games spielen wir District Noir, ein Kartenspiel für zwei Personen, das aber gar nicht mehr so neu, sondern aus dem Jahr 2016 ist. Das erklärt die etwas altbackene Aufmachung, mindert aber nicht den Spielspaß. Man legt in mehreren Runden abwechselnd Karten von seiner Hand in eine gemeinsame Auslage ab, bis sich einer der Spieler entscheidet, die fünf zuletzt ausgelegten Karten zu nehmen. Hierbei können Karten mit positiven Werten, positiven und negativen Boni dabei sein. Außerdem gibt es drei Sonderkarten. Gezählt werden bei der Wertung nur die positiven Werte einer Zahl, die man öfters als sein Gegner hat. Man gewinnt das Spiel, wenn man am Ende die meisten Punkte hat. Oder die drei Sonderkarten besitzt. District Noir ist also ein Set Collection Spiel, bei dem man den richtigen Zeitpunkt abpassen muss, an dem man zuschnappt. Macht für den Moment Laune, was nicht zuletzt daran liegt, dass ich mir in der Nummer den Henkelpott hole.

Karten des Spiels Space Aztecs

Gleicher Stand, anderes Spiel. Space Aztecs mischt Azteken- und SciFi Thema und unterlegt das Ganze mit einem Mix aus Drafting-, Set Collection-, Deduktions- und Memory-Mechanismus. Geschichte ist hierbei schnell erzählt: Wir sind Anführer eines Aztekenstamms und versuchen unser Volk vor außerirdischen Invasoren zu beschützen. Dazu wählt jeder Spieler pro Runde eine Karte von einem der acht verdeckt ausliegenden Kartenstapel. Jede Karte zeigt dabei entweder Azteken, Tiere, Tempel oder fliegende Untertassen. Außerdem ist auf jeder Karte eine Uhrzeit abgebildet. Die Karten werden nach der Uhrzeit aufsteigend abgehandelt. Daher kann es passieren, dass man einen Azteken ausspielt, dieser aber – weil noch ungeschützt – von einem gegnerischen Ufo entführt und in einer gegnerischen Auflage abgelegt wird. Schützen kann man seine Azteken durch Tempel. Außerdem gibt es noch weitere Karten, die u. a. Kartenkombos ermöglichen. Der Clou ist natürlich, dass man sich merken sollte, in welchem Stapel welche Karte liegt. Und die Karten zum richtigen Zeitpunkt auspielen.

Da wir zu Beginn noch nicht regelfest sind, läuft es etwas holprig, aber immerhin kann man ein gewisses Potential in dem Spiel erkennen. Endlich mal Interaktion. Endlich mal Gegner ärgern. Endlich mal flott von der Hand gespielt. Und: Mit 6 Personen möglich. Allerdings hätten dem Spiel ein wenig mehr Karten gut getan. Nach einer Partie hat man das Gefühl, alles gesehen zu haben. Komm, kriegst 7 Punkte bei Boardgamegeek.

Spielmaterial Color Code

Partyspiele gibt es sicherlich ebenso viele wie Rollkoffer auf der Messe. Color Code ist eines davon. Und ehrlich: Ich habe wenig Bock drauf. Aber der Stand von Chili Island ist an diesem Freitagmorgen so traurig verwaist, dass man einfach aus Mitleid Platz nimmt. Vielleicht muss auch nur irgendwer den Anfang machen. Und so schlecht ist das Ding dann auch nicht. Klar, wieder kooperativ. Abwechselnd muss einer der Spieler verdeckt drei verschiedene Farbkarten gegenüber von Karten mit Begriffen legen. Und die anderen Spieler müssen erraten, welche Farben gewählt wurden. Punkte gibt es für richtig geratene Paarungen. Gewonnen hat man, wenn man eine von der Spieleranzahl abhängige Punktzahl am Ende erreicht.

Auf jeden Fall so ein Ding, bei dem sich vor allen Dingen Pärchen schön in die Wolle kriegen, wenn sie meinen sich zu kennen, aber das Gegenteil der Fall ist. Unser Pärchen am Tisch ist noch in der Verliebtseinphase und belohnt sich gegenseitig mit Bussis, auch wenn es nicht ganz so geklappt hat.

Spielmaterial Pizzabeats

Bekloppt geht es am nächsten Stand weiter. Bei Pizzabeats darf geschnippt, geklatscht, getrommelt und gestampft werden. Und das anhand einer Reihenfolge, die auf einer Pizza aus vier Teilen abgebildet ist. Musik gibt es auch passend dazu. Und so grooven wir uns mächtig ein, während die Musik immer schneller wird. Die Bewegungslegastheniker steigen zwangsläufig früh aus und schmollen. Ich verhampel mich zwar anfangs auch noch, aber nachdem ich mich in der dritten Runde sortiert habe, schneide ich für meine Verhältnisse zufriedenstellend ab.

Bei dem Ding kann man natürlich die Pizzastücke austauschen, um Variabilität reinzubringen. Und man kann es mit einer beliebigen Anzahl an Personen spielen. Wurde Sonntag für 20 Taler für die Kids meines Neffen eingepackt. Weihnachten kann kommen. Wenn der Ofen ausbleibt, klatschen wir uns halt warm.

Spielmaterial Not that movie!

Einmal im Rausch gönnen wir uns Not that Movie!, ein Partyspiel um verdrehte Filmtitel für 2-7 Personen. Natürlich auch wieder kooperativ. Hier werden bekannte Filmtitel halbiert und aus den Hälften acht neue Filmtitel gebildet. Ergänzt wird das Ganze durch eine positive und eine negative Kurzkritik imaginärer Filmkritiker. Jeder Spieler hält anschließend verdeckt fest, auf welchen Filmtitel die Kritiken seiner Meinung am besten passen. Anschließend legt jeder reihum ein Plättchen auf den Filmtitel, von dem er meint, dass der Titel von niemanden gewählt wurde. Einen Fehler darf man sich dabei erlauben. Beim zweiten Fehler endet die Runde. Punkte gibt es für fehlerfreies Raten.

Not that Movie! lebt natürlich vor allem von den merkwürdigen Filmtitelkombinationen, die auch bei weniger geübten Cineasten sogleich Bilder im Kopf entstehen lassen. Aber auch das gemeinsame Raten sorgt für kurzweiligen Spaß. Ist halt so ein klassisches Ding, was nach der Weihnachts- oder Silvestervöllerei auf den Tisch kommt.

Spielbrett von Treasures of Nakbe

Auch der Ralph Siegel der Brettspielszene, Reiner Knizia, hat wieder zahlreiche Neuheiten zur Spiel 2022 dabei. Eine davon heißt Treasures of Nakbe und ist eine Neuimplementierung des Spiels Drachenhort. Zeitgemäß wurde die Optik und das Thema angepasst. Ziel des Spiels ist es, die drei uns verdeckt zugelosten Abenteurer aus einem Labyrinth zu führen, dabei Schätze aufzusammeln und nicht vom Gott Ekchua erwischt zu werden. Ziehen dürfen wir dabei alle Figuren, die nicht im Schatten stehen. Deren Bewegung wird über einen Würfel gesteuert. Nach der Bewegung stehen die Figuren bis zum Ende der Runde im Schatten und können nur noch mit einer 2 bewegt werden. Die letzte Figur wird dann am Ende der Runde meistens vom bösen Gott erwischt und scheidet aus. Je nach Platzierung der Figuren gibt es am Ende mehr oder weniger Punkte. Und natürlich Punkte für die aufgesammelten Schätze. Hätte mir als Kind Spaß gemacht, heutzutage wirkt es auch mit neuem Anstrich wie ein Relikt aus dem letzten Jahrtausend. Wenn dann nur für gelegentlich spielende Familien geeignet.

Spielmaterial Reflecto

Bei Reflecto hat man einen abstrakten Klassiker mit einem Wortratespiel verknüpft. Hierbei hat jede Spieler sieben Schirme, wovon zwei eine Spiegelfläche haben. Auf die anderen fünf Schirme schreibt er jeweils fünf Buchstaben, die ein Wort ergeben. Die Buchstaben können vom Gegenspieler nicht gesehen werden. Ziel des Spiels ist es, alle seine Schirme auf die gegenüberliegende Seite durchzubringen, oder durch geschicktes Setzen der eigenen Spiegelschirme, die Buchstaben des Gegners herauszufinden. Bewegt werden die Schirme dabei nach den Regeln von Halma.

Der Erklärbär gibt sich echt Mühe, uns das Spiel als Kracher zu verkaufen, aber das Ding hier ist echt aus der Zeit gefallen. Zumal es gefühlt vollkommen sinnlos ist, das verdeckte Wort des Gegenübers erraten zu wollen, weil es einfacher erscheint, seine Schirme auf die gegenüberliegende Seite zu bringen.

Spielmaterial Barolo

Die Gurke des Tages geht aber an Barolo, einem Plättchenlegespiel, bei dem wir Trauben anbauen, ernten und dann in Wein umwandeln. Das Spiel spielt sich leider so, als hätte man sich schon einen Karton Rotwein reingekloppt. Allerdings ist es auch noch in einem Prototypstatus.

Spielmaterial Honey Buzz

Gottlob gibt es kurze Zeit später eine kleine Aufheiterung am Stand von Elf Creek Games. Nicht nur das erklärende Personal sondern auch Honey Buzz wissen zu überzeugen. Hier bauen wir Bienenstöcke und platzieren Bienen, um möglichst effizient Honig zu produzieren, den wir anschließend an Waldtiere verkaufen. In der kurzen Einführungsrunde lässt sich das Spiel noch nicht wirklich durchdringen, aber die Optik … die Optik ist wirklich klasse. Die englische Version ist Freitag bereits ausverkauft. Lediglich die Deluxe Variante für schlappe 80 € ist noch im Angebot. Fakt ist aber, dass das zusätzliche Bling Blink unnötig ist, wenn das Grundspiel schon alles richtig macht. Die deutsche Version am Stand von Skellig ist auch nicht mehr verfügbar.

Spielschachtel und Kartenspapel Mantis

Vom Verlag Exploding Kittens und den Machern von Lucky Lachs kommt mit Mantis ein Kartenspiel, welches so simpel wie L.A.M.A. ist. Im Kern ist ein Set Collection-Spiel, bei dem wir versuchen, möglichst viele Gottesanbeterinnen gleicher Farbe in unsere Auslage zu bekommen. Die drei Farben auf der Rückseite der Karten weisen immer auf die Farbe der Gottesanbeterin auf der Vorderseite hin. Bevor man sich eine Karte nimmt, muss man ansagen, ob man mit der Karte punkten oder stehlen will. Wählt man punkten und hat die Farbe bereits in der Auslage, darf man alle Karten der Farbe als Punkte neben der Auslage ablegen. Stiehlt man, so muss man zusätzlich ansagen, bei wem man stehlen will. Hat der zu bestehlende Spieler die Farbe der Gottesanbeterin in seiner Auslage, zieht man diese in seine eigene Auslage. Wenn nicht, dann legt man die Karte, mit der man stehlen wollte, in die Auslage des anderen Spieles. Wer zuerst 10 Punkte hat, gewinnt das Spiel. Simple as that. Eine Partie dauert ca. 10 Minuten und kann bis zu sechs Leute unterhalten. Kein Kracher, aber definitiv ein guter Absacker.

Spielmaterial Poesie für Neandertaler

Am gleichen Stand gibt es außerdem noch Poesie für Neandertaler. Prinzipiell nichts anderes als Tabu mit dem Unterschied, dass man nur einsilbige Wörter benutzen darf. Wer beim Erklären gegen diese eine Regel verstößt, kriegt eins mit einer aufblasbaren Keule übergebraten.

Wir spielen es mit einer fünfköpfigen Familie, d. h. Vater, Mutter und drei Töchter im anstrengenden Alter. Vater ist der Erste, der erklären darf und verfällt in endloses Stammeln. Scheinbar kennt der Mann nur ein einsilbiges Wort. Oder ist gefangen in einer Endlosschleife. Für die Mädels ist er an diesem Morgen nicht der größte Vater der Welt, sondern lediglich der Leuchtturm der Schande.

Gut, dass der Rest der Familie sprachlich versierter ist. Mutter, die bei uns im Team ist, feuert lässig eine Erklärung nach der anderen raus, aber schließlich können alle nur neidvoll auf die jüngste Tochter (vermutlich um die 10 Jahre) blicken. In Rapperkreisen würde man sagen, das Mädel hat den Flow.

Wichtig ist aber, dass wir ordentlich mit der Keule austeilen. Jeder darf mal, außer Vater, der ja vorsichtshalber die eine Silbe tot geritten hat. Poesie für Neandertaler = ganz nett. Man kann sich aber auch ein altes, abgegrabbeltes Tabu nehmen, die Regeln anpassen und sich je nach Grad des persönlichen Masochismus mit beliebigen Gegenständen auf die Omme geben.

Spielmaterial Barabar

Niveauvoller geht es bei Barabar zu. Hier versuchen wir erzählerisch fiktive oder nicht-fiktive Herausforderungen zu lösen, indem wir mehr oder weniger bekannte Aktivisten, Umweltschützer, Künstler, Ökologen und Unternehmer ins Rennen schicken. Zu den zu lösenden Szenarien gehören bspw. die Weltfinanzkrise oder Kinderarmut. Da wir aber vor allem auf der Messe sind, um dem Alltag einmal für ein paar Stunde zu entfliehen, entscheiden wir uns für ein fiktives Szenario, nämlich die Zombie Apokalypse. Zusammen mit unserer Erklärbärin schicken wir nach und nach historische Persönlichkeiten ins Rennen, unabhängig davon, ob wir die Damen und Herren kennen. Schließlich lasse ich Stephen Hawking mit seinem Rollstuhl ein Wurmloch erschaffen, welches die gesamte Zombiebrut in eine andere Dimension zieht.

Die „Spinnerei“ hat definitiv Spaß gemacht, auch wenn die Intention der Autoren sicherlich eine andere war. Wer mehr darüber erfahren will, sollte einmal auf die Website der Organisation gehen, die Barabar ins Leben gerufen hat. Sicherlich ein interessantes Ding, um lahmen Geschichts-, Politik- oder Philosophieunterricht spannender zu gestalten.

Spielkarton Tokyo Poo Divers

Hinab von den geistigen Höhen eines Barabar stürzen wir uns in die Kanalisation von Tokyo. Dort suchen wir in Tokyo Poo Divers nach Wertgegenständen. Das Spiel, was in einem Pizzakarton daherkommt und auch sonst materialtechnisch eher minimalistisch ist, ist ein simples Push your luck Ding. Und ist so unterhaltsam wie eine dieser deppernden Mario-Barth-Sendungen auf RTL. Aber Thema und Aufmachung lassen einen neugierig werden. Zumindest das Prädikat „originell“ möchte ich an der Stelle vergeben.

Spielschachtel und Spielmaterial Beetle to the Bubble

Eine kleine Überraschung ist das Familienspiel Beetle to the bubble. Ziel dieses Rennspiels ist es, möglichst schnell unsere Käfer (=unsere Spielsteine) auf die Zielkachel zu bewegen. Die Bewegung erfolgt hierbei über Handkarten. Dabei können Käfer nur auf die Felder bewegt werden, deren Farbkarte man hat. Man kann so auch auf andere farbige Käfer springen und erhält hierfür zusätzlich Handkarten. Und auch die Kacheln, aus denen sich das Spielbrett zusammensetzt, können gedreht werden. Das ist vom Material her nicht der Reißer, aber es funktioniert sehr gut und macht Laune auf weitere Runden.

Spielschachtel und Spielmaterial von Yozu

Ein paar Stände weiter lassen wir uns Yozu zeigen. Ist zwar schon drei Jahre alt, wirkt aber zumindest von der Optik frisch. Und ist zu solch fortgeschrittener Stunde zumindest von den Regeln überschaubar: Yozu ist ein Kartenspiel bestehend aus 32 Karten, die wiederum jeweils eins von vier Tieren und eine von vier Jahreszeiten zeigen bspw. Panda im Sommer. In jeder Runde spielt ein Spieler das Orakel und nimmt sich zwei verdeckte Karten. Die anderen Spieler müssen nun genau eine der Karten erraten. Dazu nennen sie jeweils ein Tier und eine Jahreszeit. Wird die richtige Kombination nicht erraten, gibt das Orakel einen Hinweis auf Tier oder Jahreszeit einer der beiden Karten. Anschließend ist der nächste Spieler mit Raten dran, darf aber nicht den letzten Hinweis des Orakels nutzen. Das Raten geht solange, bis ein Spieler die richtige Karte errät. Diese legt er dann vor sich ab oder tauscht sie mit einer Karte, die ein anderer Spieler vor sich ausliegen hat. Ziel ist es, ein Yozuka zu schaffen. Ein Yozoka ist entweder ein Tier in allen Jahreszeiten oder alle Tiere in einer Jahreszeit.
Yozu ist eine weitere Memory-Variante. Nicht mehr und nicht weniger. Sieht aber hübsch aus und macht nichts verkehrt.

Spielschachtel und Sanduhren von Kites

Wie jedes Jahr entwickelt sich auch während der Messe ein kleiner Hype. Ein Spiel, das vorher niemand auf der Liste hatte, ist auf einmal in vieler Leute Munde. Vor ein paar Jahren waren das die Kosmos Neuheiten Die Crew und Palm Island. Dieses Jahr gehört Kites dazu. Dementsprechend viel Trubel war auch den ganzen Tag am Stand, aber kurz vor Toresschluss lässt sich noch ein Platz bei einer Demorunde ergattern.
Kites ist ein kooperatives Echtzeitspiel, bei dem wir Windvögel in der Luft halten müssen. Die Windvögel werden dabei repräsentiert durch farbige Sanduhren, bei denen man darauf achten muss, dass der Sand nicht komplett durchläuft. Wobei dieser je nach Sanduhr schneller oder langsamer läuft. Sobald das Spiel gestartet ist, spielen wir Karten mit Farbsymbolen aus, die wiederum für die Sanduhren stehen. Diese werden dann rumgedreht. Schließlich kommt es auf gute Kommunikation untereinander an, damit die Sanduhren immer rechtzeitig gedreht werden.

Das ist hektisch, das ist beim ersten, beim zweiten und vielleicht noch beim dritten Mal lustig, aber … ich kann mir nicht vorstellen, dass dies ein Dauerbrenner ist. Und 25 € ist für das bisschen Material und die doch recht banale Idee eine Ansage. Tatsache ist, dass es zumindest Freitagabend für den Tag ausverkauft ist. Haben also eine Menge Leute anders gesehen.

Damit geht Tag 2 auch zu Ende und als ich dank Verspätungen im ÖPNV nach 2 ½ Stunden endlich zuhause bin, bereue ich schon, dass ich nicht wie sonst jedes Jahr zumindest den Samstag zur Erholung frei mache.

Samstag, dritter Messetag. Muss i denn, muss i denn zur Messe hinaus

Nach erneut viel zu wenig Schlaf und wirren Träumen geht es heute wenigstens später und erneut mit dem Auto zur Messe. Pünktlich um 11 Uhr rollen wir ohne Stau ins Parkhaus P6 und können anschließend ohne Schlangestehen auch die Hallen betreten. Dort herrscht allerdings im Gegensatz zu den letzten Tagen gar furchtbarer Trubel, von dem ich bisher nur gehört, ihn aber gottlob noch nie selbst miterleben musste. Daher kann heute das Vorgehen nur wie folgt sein: Der Hintern nimmt da Platz, wo der Hintern Platz findet.

Spielmaterial von Nebel über Carcassonne

Dass das ausgerechnet bei Hans im Glück und auch noch bei Nebel über Carcassonne sein muss … aber da war halt noch ein Platz frei. Ein gutes hat es aber: Das Spiel ist schnell erklärt. Denn wirklich viel tut sich jetzt nicht zum normalen Carcassonne. Gut, wir spielen jetzt miteinander. Und es werden keine Meeples mehr auf Wiesen gelegt. Dafür ist auf den Karten häufig Nebel, in dem sich wiederum Gespenster verstecken. Und wenn alle Gespenster abgelegt sind, dann haben wir verloren. Oder wenn wir nicht die benötigte Punktzahl erreicht haben, aber keine Plättchen mehr zum Anlegen übrig sind.

Herrgott, kooperative Spiele sind selten meins. Und dieses leidet noch darunter, dass Carcassonne doch etwas in die Jahre gekommen ist. Daran können auch Gespenster, Nebel und Koop-Mode nichts ändern. Allerdings ist die Zielgruppe auch klar der Familienspieler, der seine Spielesammlung noch im obersten Fach des Schlafzimmerschranks verstaut bekommt.

Spielschachtel und Karten von Gasha

Auf dem gleichen Niveau geht es mit Gasha von Board Game Circus weiter. Wieder einmal Set Collection. Wieder einmal sammeln wir Symbolkarten, um Aufgabenkarten zu erfüllen, die wiederum zum Schluss dann Punkte geben. Das sieht alles ganz nett aus, macht aber so viel Spaß, wie einen nassen Rasen zu mähen. Umso verwunderlicher, dass eine Dame, die uns beim emotionslosen Spielen zugeschaut hat, das Ding danach voller Enthusiasmus kauft.

Spielmaterial vom Spiel Erde

So darf es nicht weitergehen! Und so geht es auch nicht weiter. Denn bei Skellig Games sind wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort und ergattern zusammen mit einem netten Pärchen einen Platz bei Erde. Das Ding kommt zwar erst 2023 raus, aber das Spielmaterial sieht jetzt schon nice aus.

In diesem Spiel erschafft jeder Spieler ein eigenes Ökosystem, was im Spiel durch eine Kartenauslage von 4 x 4 Karten widergespiegelt wird. Diese Karten zeigen Pflanzen und Landschaftstypen. Und dienen sowohl dem Engine Building als auch der Erfüllung von Siegpunktbedingungen.

Grob zusammengefasst gibt es im Spiel vier mögliche Aktionen, wobei der aktive Spieler die stärkere Variante und die passiven Spieler die schwächere Variante der Aktion ausführen können. Außerdem triggert die Farbe der Aktion weitere gleichfarbige Aktionen auf den Karten in der Auslage. Die Downtime bleibt durch diesen Mechanismus gering, da alle Spieler beschäftigt sind.

Thematisch schick ist zudem, dass man sowohl Bäume inklusive Baumkronen auf bestimmten Karten wachsen lassen, als auch Karten aus der Hand und vom Nachziehstapel für Siegpunkte kompostieren kann.
Nicht nur vom Anspruch sondern auch von den mit Flavor Text versehenen Karten erinnert Erde dabei an Flügelschlag. Ob das Spiel genauso ein Hit wird, lässt sich allerdings nach einer kurzen Partie schwer sagen.

Spielkarten von Quick and Dirty

In den Hallen 1-3 mit den großen Anbietern ist an diesem Samstag kein Blumentopf zu gewinnen. Mehr Raum bieten hier die Hallen 4-6. Recht hinten in Halle 5 steht einsam und unbedrängt, aber tapfer und freundlich lächelnd eine Dame aus den Vereinigten Staaten, die versucht des Verlags Spielereihe Quick and Dirty an Frau und Mann zu bringen. Schweres Unterfangen, denn Quick and Dirty bietet streng genommen nichts neues. Man deckt zwei Karten auf, wobei eine einen Buchstaben und die andere eine Anforderung an den zu suchenden Begriff aufführt, z. B. „Things that happen in Vegas“ oder „Weird phobia“. Sobald die beiden Karten offen sind, muss schnell eine möglichst plausible Lösung ins spielende Volk geschrien werden. Das war es. Und ist recht wenig Spiel für 20 €. Irgendwie typisch amerikanisch ist hingegen, dass es auch eine Militäredition gibt. Was auch immer hier auf den Karten steht. Harmloser ist vermutlich auch die Pink Girls Night Edition nicht. Folge 80: Hanni und Nanni besuchen den Stützpunkt Rammstein.

Spielschachtel Dragon Ranch

Ein Stück weiter geht es auf die Dragon Ranch. Was uns keiner sagt, ist, dass das Spiel schon 4 Jahre auf dem Buckel hat. Dafür sieht es wiederum noch recht frisch aus. Und bewegt sich im gehobenen Familienspielkreis.

Durch das Ausspielen von Karten holen wir uns in der ersten Phase des Spiels Alraunen, Greife und verschiedene Drachen in unsere Auslage. Hierbei müssen wir darauf achten, dass von der niederen Spezies immer genügend Exemplare da sind, damit die größeren Spezies in der nächsten Phase genug zu fressen haben.

In der zweiten Phase fressen dann die Greifen die Alraunen und die Drachen die Greife. Ist nicht genug zum fressen da, verhungern die nicht gesättigten Exemplare der Spezies. Anschließend findet eine Vermehrungsphase der noch übriggebliebenen Kreaturen statt. Und dann wertet man Drachen, Eier und auch die Dinge, die unser Erklärbär uns nicht erklärt hat, nämlich die Bonuskarten. Ob das Thema wirklich schon bei Kindern taugt, wage ich zu bezweifeln. Spielmechanisch ist es auch nur nett und wirklich nichts, das ich auf den Tisch packen würde. Der Schleuderpreis von 15 € kommt vermutlich nicht von ungefähr.

Spielertableaus und Würfel bei Mystic Scrolls

Einfach nur zwischen die Augen gibt es dann einige Stände weiter bei dem Spiel Mystic Scrolls. Hier spielen wir Zauberer, die auf der Suche nach mystischen Zauberrollen sind und sich dabei auf die Omme geben. Das Ganze ist ein Echtzeitwürfelspiel, bei dem wir durch schnelles Würfeln Felder auf unseren Karten besetzen, bis keine Würfel mehr in der Tischmitte sind. Außerdem können wir die mystischen Rollen in der Mitte erwürfeln, um unsere Auslage um weitere Zauber zu ergänzen. Eigentlich geht es also nur darum, schneller als die Mitspieler die eigenen Karten zu füllen, um ihnen Schaden und dem eigenen Zauber Heilung zu verschaffen. Wer als letzter bei der wilden Würfelorgie überbleibt, gewinnt das Spiel. Für Würfelfetischisten interessant, ansonsten aufgrund seiner Kurzweil ausreichend für den Moment. Muss man aber nicht haben.

Spielmaterial Finding Atlantis

Von HYBR Games hatte ich vor einiger Zeit Houston, we have a dolphin vorgestellt, ein appbasiertes Social Deduction Game mit augenzwinkerndem Humor. Neu im Repertoire ist Finding Atlantis, ein appbasiertes Deduktionsspiel, bei dem wir mit U-Booten das versunkene Atlantis aufspüren wollen. Gespielt wird über verschiedene Aktionskarten, die man mit dem Smartphone scannt. So können wir auftauchen, uns bewegen, die Umgebung scannen, etc. Die Erkenntnisse tragen wir wiederum manuell in eine Karte bestehend aus vier Quadranten ein. Das erinnert ein wenig an Search for planet X und dürfte auch das gleiche Zielpublikum ansprechen. Leider gab es bei der Erklärung einen Fehler, so dass wir nicht wussten, dass wir uns mit einer Karte zwei, statt ein Feld bewegen. Und beim zweiten Versuch wurde zu schnell gedrückt, so dass auch diese Runde für den Ar*** war. Wie gut das Spiel funktioniert, lässt sich daher an dieser Stelle nicht sagen. Freunde von Cryptid oder Search for planet X sollten aber mal einen Blick drauf werfen.

Spielmatte und Spielmaterial Feed the kraken

Ebenso unschlüssig bin ich nach einer Testpartie Feed the Kraken. Das spielen wir zwar in einer großen Gruppe, leider aber komplett in englischer Sprache und bei schlechter Akustik. Was auf der anderen Seite des Tisches erzählt wird, bekomme ich daher nur stellenweise mit. Und verplappere mich schon zu Beginn. Aber worum geht es eigentlich … Bei Feed the Kraken steuern alle Spieler gemeinsam ein Schiff. Jeder Spieler hat dabei eine verdeckte Rolle, die ihm eine von drei Gruppen zuweist: Die loyalen Seeleute wollen das Schiff zum Festland steuern. Die Piraten hingegen zur Piratenbucht. Und die Kultisten wollen die Krake beschwören und sich dafür opfern. Natürlich gibt jeder vor, ein loyaler Seemann zu sein. Jede Runde wählen der Kapitän und Leutnant jeweils eine von zwei Richtungskarten aus und packen diese verdeckt in eine Truhe. Der Navigator entscheidet schließlich, welche der beiden Karten für die Navigation genutzt wird. Je nachdem, welcher Gruppe die einzelnen Personen angehören, werden sie sich für die Karte entscheiden, die sie ihrem Ziel näherbringt. Unklar ist nur, wer die Manipulation vorgenommen hat. Nach jeder Runde müssen sich Leutnant und Navigator ausruhen und der Kapitän bestimmt andere Spieler, die diese Rolle einnehmen. Aber auch gegen den Kapitän kann gemeutert und jemand anderes in dieses Amt berufen werden. Wie gesagt, Sprache und Akustik machen es an diesem Nachmittag schwer, dem Spiel über voller Länge vollumfänglich zu folgen. Die Mitspieler am Tisch geben aber beinahe ausnahmslos alles und tauchen teils dermaßen tief in ihre Rollen ab, dass man sich Sorgen um ihre geistige Gesundheit machen muss. Überraschenderweise gewinnt die Piratengruppe, der ich angehöre. Würde ich sicher gerne noch mal unter besseren Bedingungen ausprobieren, wobei man schon mindestens 5 Spieler haben muss. Und die müssen dann auch noch redselig sein. Ansonsten wird das zum Rohrkrepierer

Spielkabine zum Spiel Hitster

Jumbo ist ja so ein Verlag, der gefühlt seit Kindheitstagen kein neues Spiel mehr ans Sonnenlicht gebracht hat und von den Verlagsklassikern lebt. Das sind Rummikub und Stratego. Daneben gibt es dann noch Spiel des Wissens und das Brettspiel zu Wer wird Millionär. 2022 wagt man mit Hitster eine Neuerscheinung und trifft damit anscheinend sogar den breiten Geschmack. Das Spielprinzip ist dabei frech bei Anno Domini abgeguckt, wird aber geschickt mit App-Unterstützung (Spotify) kombiniert. Die App scannt eine Musikkarte, spielt das Lied kurz an und dann müssen die Spieler, die dran sind, das Lied richtig in einen Zeitstrahl einfügen. In fortgeschritteneren Varianten kann man auch mit Interpret und Titel punkten.

Jumbo hat sich nicht lumpen lassen und dem neuen Verlagsevergreen eine schicke Box spendiert, in welcher sich hinter einem Vorhang eine junge Version von Wim Thoelke befindet, der das Ding auf der Messe präsentiert und moderiert. Thoelke Junior scannt die Karten, schwingt zu den grausigen Chartklängen die Hüften und outet sich selbst als größer Fan des Spiels. An seiner Seite eine zarte Assistentin, die er mit seinem in den letzten Tagen erworben Fachwissen beeindruckt. Seine 5 Minuten Ruhm.

Die angespielten Titel gehören alle zur Kategorie 08/15 Radiograuen, hat man vermutlich alle irgendwo schon mal gehört, aber möglichst schnell versucht zu vergessen. Spielidee ebenso wie bei Anno Domini gut, Inhalt hier aber eher gesundheitsgefährdend. Man möchten den 300 verfügbaren Nummern eigentlich gar nicht lauschen. Aber wer weiß, vielleicht baut man Hitster genauso wie die Anno Domini Reihe aus und bald gibt es Hitster Grindcore oder Hitster Noise & Industrial. Das wäre doch mal reizvoll!

Spielmaterial zu Tiwanaku

Den Absacker des Tages holen wir uns bei Sit down! Und er trägt den Namen Tiwanaku. Das Spiel hat sicher auch eine Hintergrundgeschichte, aber kurz vor Ende des Messetages scheren sich weder wir noch der Erklärbär darum. Optischer Mittelpunkt bei Tiwanaku ist eh das sogenannte Pachamama-Rad, welches im Spiel eine ähnlich Funktion wie die Scheiben bei den Exitspielen einnimmt.

Dabei ist Tiwanaku kein Exit- oder Escapespiel, sondern im Grunde ein Entdeckungs- und Deduktionsspiel, bei dem wir mit unseren Meeples eine Landschaft erkunden und diese dabei nach und nach aus verschiedene Bodenplättchen zusammensetzen. Gepunktet wird dabei vor allem dadurch, dass wir erraten, welche Pflanzen auf dem Boden wachsen. Die Pflanzen haben dabei feste Werte von 1-5, z. B. hat die Süßkartoffel den Wert 1 und Quinoa den Wert 5. Identische Pflanzenplättchen dürfen dabei niemals orthogonal oder diagonal benachbart liegen. Außerdem enthält eine zusammenhängende Fläche gleicher Bodenplättchen immer nur jeweils ein Exemplar einer Pflanze. Das erwähnte Pachamama-Rad zeigt uns hierbei nicht nur an, auf welchen Boden wir gezogen sind, sondern hilft uns auch zu überprüfen, ob wir die richtigen Pflanzen erraten haben. Material ist nicht nur zweckmäßig, sondern durchaus hübsch. Und das Spiel ist angenehm kurzweilig und dürfte vor allem Freunde von Deduktionsspielen ansprechen.

Da ich meinen geistigen Zenit an diesem Samstag aber bereits mittags überschritten hatte, stinke ich auch bei der Nummer ab und muss mich den mitspielenden Damen geschlagen geben. Mein Sohn würde mich dafür als „lost“ bezeichnen. So fühle ich mich auch, wenn ich dran denke, dass ich Sonntag den vierten Tag in Folge nach Essen gurken darf. Das Alter, das Alter …

Sonntag, vierter Messetag. Aller guten Dinge sind vier.

Spielmaterial zum Spiel Fyfe

Familientag. Heute im Gepäck Schwester und pubertierenden Filius, der einmal im Jahr aus der digitalen in die analoge Welt abtaucht oder – je nachdem wie man die Dinge sieht – auftaucht. Auch wenn die Messe heute weiterhin gut besucht ist, kriegt man im Vergleich zum Samstag relativ einfach einen Sitzplatz. Und so steigen wir bei Pegasus mit einer der Neuheiten der Edition Spielwiese, nämlich Fyfe ein. Denn Karibikflair im Herbst kann nicht schaden, von einer Geschichte getragen wird das Spiel aber nicht. Fyfe ist ein abstrakter Puzzler wie Azul, Calico oder Cascadia, bei dem jeder solitär Holzscheiben und Wertungsplättchen verlegt. Wem so etwas liegt, wird mit Fyfe gut versorgt.

Spielmaterial zum Spiel Dorfromantik

Ein weiterer Hype, der sich für mich auch erst während der Messe entwickelt hat, war die Brettspielumsetzung zum PC Spiel Dorfromantik. Das zeigte sich nicht nur an dem positiven Feedback, sondern auch daran, dass die Nummer jeden Tag nach einigen Stunden ausverkauft und am Sonntag gar nicht mehr verfügbar war. Dabei ist Dorfromantik nicht wahnsinnig aufregend, sondern eher ein gemütliches Wohlfühlspiel, bei dem alle Spieler gemeinsam am perfekten Dorf bauen, indem sie abwechselnd klassisch Plättchen an Plättchen legen und darüber individuelle Aufträge und allgemeine Siegpunktbedingungen erfüllen.

Wir spielen es an diesem Morgen zu fünft und hier zeigt sich das typische Problem von kollaborativen Spielen: der oder die Alphaspieler. Das mitspielende Pärchen nimmt das Zepter schnell in die Hand und diktiert das Geschehen. Außerdem gab es zuvor einen Fehler bei der Regelerklärung, so dass wir jeden Auftrag auf Anhieb erfüllen und schon nach wenigen Minuten fast keine Aufträge mehr haben. Trotz allem entsteht auch bei uns ein wunderschönes kleines Dorf mit einigen individuellen Tönen. Und wir könnten jetzt sogar weitere Module freischalten.

Dorfromantik macht auch für mich trotz meiner stetig steigenden Abneigung gegen kooperative Spiele einen unterhaltsamen Eindruck. Wie lange das Spielprinzip trägt, wird sich erst nach mehreren Partien zeigen. Und damit auch, ob das Ding wie von vielen jetzt schon vermutet, auf die Liste der Nominierten für das Spiel des Jahres wandert.

Für Puzzleverrückte bietet Pegasus dieses Jahr noch einen besonderen Service. Für 10 € kann man eine Tüte Puzzleteile mitnehmen, die sich aus 9 oder 10 verschiedenen Puzzle zusammensetzt. 8500 Puzzleteile. Die Originalkartons bekommt man dazu, damit man sich die Puzzle wieder auseinandersortieren kann. Schwester nimmts für Schwager mit. Und für den ist die Tüte das, was für den Hamster das Laufrad ist.

Spielschachtel und Spielmaterial des Spiels Riecht verdächtig

Die goldene Graupe geht heute an das Spiel Riecht verdächtig. Aber nicht, weil das Spiel so schlecht ist. Das kann ich nicht beurteilen. Sondern weil der Erklärbär bei der Morgentoilette „Extra cool“ aufgetragen hat und davon so benebelt ist, dass er dieses einfache Partyspiel nicht falsch, sondern eigentlich gar nicht erklärt. Ungefähr so: „Ich habe hier Fische. Davon ist einer blau, die anderen rot. Jeder kriegt einen Fisch. Du liest eine Frage vor. Die Antwort steht auf der Rückseite. Jeder antwortet nun.“ Gesagt, getan. Ich lese die Frage vor. Schwester und Sohn geben die Antwort, die auf der Rückseite der Karte zu lesen ist. Erklärbär nennt was anderes. Er: „Wer hat jetzt den blauen Fisch?“ Wer hat den blauen Fisch? Was haben die Fische überhaupt mit dem Spiel zu tun? Und was ist das Ziel? Er: „Na, wer hat denn nun die falsche Antwort gegeben?!“ Naja, vermutlich er. Denn Sohnemann und Schwester haben wie befohlen die Antwort auf der Rückseite vorgelesen. Also verdächtige ich ihn. Er: „Ja, gut gemacht.“ Vielen Dank für die Blumen. Aber Kollege, das war jetzt nicht so schwer. Und wo ist der Sinn? Und welche Rolle spielen die Fische? Gedacht, gefragt. Guckt er mich an, als hätte ich es nie aus dem Kindergarten geschafft. Er: „Du kriegst Punkte, wenn Du richtig rätst.“ Ist mir zu kryptisch. Er: „Ein Spiel kostet 20 €. Kaufst Du zwei Stück, kosten die nur noch 10 €. Sucht Euch jemand, der auch eins haben will. Dann spart ihr Geld. “ Ach so. Jetzt wird alles klar. Man könnte auch so rechnen: Scheiße + Scheiße = Scheiße. Sag ich ihm aber nicht. Mit Jack Torrance hätte ja auch niemand ernsthaft zum Ende seiner Hausverwalterlaufbahn diskutiert. Fairerweise muss man aber sagen, dass das Spiel mit Originalregeln in geneigten Gruppen durchaus Spaß machen kann. Hab mir noch mal zu Therapiezwecken ein Regelvideo angeschaut.

Spielschachtel und Spielmaterial 13 Wörter

Einmal mit schnellem, aber unverdächtigen Schritt fluchtartig um die Ecke gebogen tauchen wir an einem Tisch bei 13 Worte unter. Nächstes Partyspiel. Mittelpunkt ist eine Scheibe, um welche anfangs 12 Begriffe liegen. Und einer in der Mitte. Der aktive Spieler wählt nun auf einer Scheibe die Zahl des Begriffes, den er mit dem Begriff in der Mitte in Verbindung bringt. Die anderen Spieler versuchen anschließend zu erraten, was der aktive Spiele assoziiert haben könnte. Dafür gibt es dann Punkte. Danach ist der nächste Spieler mit einem neuen Wort in der Mitte dran, bis keine Begriffe mehr am Rand liegen. Klingt spannend? Wenn Du die Frage mit Ja beantwortet, kannst Du nächstes Jahr auch das Spiel mit den Fischen verkaufen.

Spielschachtel und Spielmaterial First Empires

Wer kennt ihn nicht, den Spieleautor Eric B. Vogel, in dessen Vita sich Spiele wie Romans Go Home und Zeppelin Attack befinden. Seine 2022er Nummer heißt First Empires, ist schön bunt und bietet einen einfachen, beinahe schon familienfreundlichen Einstieg in die Mechaniken Area control und Tech Trees. Man könnte es auch als aufgepimptes Risiko sehen, bei dem jeder Spieler mithilfe von Würfeln und territorialem Besitzt sein eigenes Volk weiterzuentwickeln sucht, um danach die Gebiete der anderen Spieler zu okkupieren. Das Spiel ist besser als die farbenfrohe Optik vermuten lässt, leidet aber tatsächlich am viel zu fiddeligen Spielmaterial. Die Karte hätte definitiv größer sein dürfen. Angenehm aber, dass man sich nicht ins Morgengrauen spielt, bis einer die Hoheit über die Landkarte erlangt hat, sondern dass nach einer gewissen Rundenzahl einfach Feierabend ist. Insgesamt gehobenes Mittelmaß.

Gerne hätten wir im Anschluss das 2-Personenspiel So, you‘ve been eaten ausprobiert, aber auch hier gibt es wieder nur eine digitale Einweisung via Dized. Haben wir versucht, haben wir dann nach einigen Minuten abgebrochen. Denn mal ehrlich: Wer will sich ein Brettspiel von seinem Navigationsgerät erklären lassen? Das zieht sich wie Kaugummi. Und wenn etwas nicht klar ist, kann man auch keine Rückfragen stellen.

Einladend ist der Stand vom BomBasta Spiele in Halle 4. Passend zum Spiel Zank am Zaun hat man den Stand mit Kunstrasen und Schubkarre in eine Gartenparzelle verwandelt. In dieser Atmosphäre erklärt Autor Sebastian Marwecki das Spiel parallel zwei Runden und strahlt dabei eine bemerkenswerte Ruhe aus. Oder ist es nach all den Messetagen lediglich Müdigkeit? Und ist es die gleiche Müdigkeit, die mich inzwischen ergriffen hat? Eigentlich würde ich am liebsten in dieser Gartenparzelle sitzen bleiben, gerne auch in der Schubkarre, mit einem Bier in der Hand und die Massen vorbeitreiben lassen. Doch Sohnemann fordert zum Zaunduell.

Bei Zank am Zaun sind wir Kleingartenbesitzer in der Kleingartenkolonie „Gartenfeinde e.V“ und wollen die diesjährige Prüfungskommission überzeugen, dass unser Kleingarten der schönste ist. Wir pimpen unsere eigene Auslage aber nicht nur mit Gartenkarten auf, sondern sabotieren die Gärten unserer Mitspieler mit Zankkarten, um möglichst viele Jurykarten für uns zu gewinnen. Denn am Ende gewinnt natürlich der, der die Gunst der Jury auf seiner Seite hat.

Neben der Interaktion punktet die Nummer auf den ersten Blick mit der Optik und dem Witz der vielen individuell gestalteten Karten. Probe? Die Jurymitglieder heißen u.a. Andi Seite, Alice Bunt, Erkan S. oder P. Niebel. Gezeichnet wurden die Karten von Miguel Fernandez, der vor allem durch die Serie Gegen den Strich bekannt ist. Die Einführungsrunde macht auf jeden Fall ausreichend Spaß, so dass das Ding mitgenommen wird. Ob Zank am Zaun ein Keeper ist, darüber berichte ich dann später an anderer Stelle.

Den goldenen Honigtopf für den besten Erklärbär auf der Messe bekommt der junge Mann bei Oink Games, der auch in den letzten Stunden immer noch volle Aufmerksamkeit fährt und uns alles über Scout, das richtige Halten der Karten und warum es anfangs untauglich für Linkshänder war leidenschaftlich erklärt. Was einen schon befürchten lässt, dass man möglicherweise gar nicht mehr zum Spielen kommt. Dann geht es aber doch los. Und wir spielen zu fünft. Und anschließend kann ich verstehen, warum Scout nominiert war für das Spiel des Jahres. Und warum es auch unabhängig davon Anklang gefunden hat. Das Stichspiel hat genug Kniffe, um sich aus dem Genre hervorzutun. Auch wenn das Thema vollkommen aufgesetzt und die Optik eher mäh ist. Kommt auf die Wunschliste.

Spieleschachtel Piazza Rabbaza

Definitiv nicht auf die Wunschliste kommt Piazza Rabazza vom Zoch Verlag, auch wenn ich dem Spiel seine Originalität nicht absprechen will. Aber nur Kinder oder Trinkspielfreunde, für die Looping Louie bis in alle Ewigkeit das beste Gesellschaftsspiel aller Zeiten ist, werden hieran ein paar Stunden Spaß haben. Wenn sie dann in der wackelnden Stadt Rabbaza Magnetpizzen mit einem Pizzafahrer an einem Plastikstab ausliefern müssen. Das Wackeln der Stadt wird hierbei übrigens durch ein sogenanntes Wind-Up-Gerät erzeugt. Wobei ich die Befürchtung hege, dass das Gerät bei intensiver Bespielung keine Woche überlebt. Aber selbst dann ist das hier wirklich nur ein kurzer Spaß.

Spielmaterial zum Spiel Heat: Pedal to the metal

Über die Zielgerade der diesjährigen Messe geht es – wie kann es passender sein – mit Heat: Pedal to the Metal, der diesjährigen Days of Wonder Neuheit. Hier steuern wir unseren Rennwagen über ein Kartendeck und müssen vor allen Dingen darauf achten, dass wir nicht mit zu viel Geschwindigkeit in die Kurven gehen. Tun wir das doch, so überhitzt das Auto und wir kriegen entsprechende Hitzekarten in unser Deck. Ziehen wir diese später auf die Hand, können sie weder gespielt noch abgeworfen werden, was schließlich das Handkartenlimit verringert.

Ja, das erzeugt tatsächlich das Feeling eines Autorennens. Und es macht Spaß. Überraschend Spaß. Wenn ich mir vorstelle, schön mit den Jungs in großer Runde so ein Autorennen zu fahren, … das könnte ein richtig launiger Abend werden. Kommt auf die Liste.

Und dann sage ich ganz leise und müde „Tschüß“

Und das war es dann auch aus Essen für dieses Jahr. Vier volle Tage munter von morgens bis abends gezockt. Viel gesehen, viel gehört, nichts gesundes gegessen, wenig geschlafen, komische Dinge geträumt, das eine oder andere bekannte Gesicht aus den letzten Jahren wiedergesehen und manches Gesicht vermisst. Knapp 100 € wurden auf der Messe in Spiele und Puzzle investiert. Und damit der gute Vorsatz eingehalten.

Neuer Vorsatz für das nächste Jahr wird sein, dann weniger vor Ort zu spielen, sondern viel mehr schauen, sich anteasern, einfach entspannter treiben zu lassen. Mehr Messe fühlen, statt stressen. Man wird ja auch nicht jünger. Und vor allem: Gesund bleiben! Das hat dieses Jahr dann zum ersten Mal nicht geklappt. Auch bei mir hat das böse C zugeschlagen. Irgendwann am Freitag muss es unter die Maske gekrochen sein. Volles Programm. Mit wirren Fieberträumen von Zahlen und Buchstaben. Wohl auch noch Messenachwirkungen. Aber dann kann man hinter die Nummer jetzt auch einen Haken machen. So denne bis zur Spiel ’23.

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1 Kommentar

Michael Weber
Michael Weber 30. Dezember 2022 at 12:40

Ein Wahnsinnsartikel, der vor Witz und fiesen Anspielungen nur so strotzt. Ganz großes Messe-Kino!

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