Rundgang durch die neue Spieleveranstaltung in Duisburg
Vom 23.-25. März fand erstmals die neue Frühjahrsmesse „Spiel doch!“ in der Kraftzentrale des Duisburger Landschaftsparks statt. Im rohen, metallischen Charme der alten Industriehalle trafen sich Junge und Junggebliebene, um gemeinsam sowohl Bewährtes und Klassiker als auch Herbst- und Frühjahrsneuheiten sowie in der Entwicklung befindliche Spiele zu spielen.
Die Location der Spiel doch!
Der Parkplatz des Landschaftsparks gleicht einer Mondlandschaft und stellt die Stoßdämpfer ordentlich auf die Probe, ist aber erfreulicherweise kostenlos und nicht allzu fern von der Kraftzentrale. Bei strahlendem Sonnenschein sind Samstag um 10 Uhr nicht nur Spieleliebhaber schon auf den Beinen, sondern auch zahlreiche Wandervögel, die einfach nur die historische Reise in die Industriekultur des Ruhrgebiets antreten wollen.
Am Eingang warten schon eine Menge Spielefreunde auf Einlass, verlieren sich anschließend in der großen Halle aber an den vielen Ständen. Ließen die hohen Decken der Kraftzentrale aufgrund Außentemperaturen von knapp über Null noch Bibbertemperaturen in der Halle erwarten, trifft die Innentemperatur das richtige Maß. Einzig das dämmrige Licht irritiert die Augen, steht der Spiellust aber nicht wirklich im Weg.
Die Stände auf der Spiel doch!
Bis auf das Catering am Ende und einen Süßwarenhändler in der Mitte drehen sich die restlichen Stände um das Thema Spiel. Den Veranstaltern ist im Rahmen der zur Verfügung stehenden Fläche dabei ein guter Mix aus kleinen und großen Verlagen, Initiativen und Verkäufern gelungen, wobei der Besucher tatsächlich nicht überall sein Geld loswerden kann, weil entweder die Ware schon komplett am Freitag verkauft wurde oder es nur Material zum Anspielen gibt.
Entscheidend ist aber, dass genug Fläche zum Spielen vorhanden ist. Und hier bieten alle zumindest ein wenig Raum, wobei ein großer Verlag wie Asmodee, der 30 Partnerverlage vertritt, deutlich mehr Raum einnimmt als bspw. der japanische Spieleverleger Oink Games. So kommt nicht zuletzt Dank der Initiative Spielkonzept4u, die am Ende der Halle ihre Tische aufgebaut hat und zahlreiche Spiele zum Ausleihen und Ausprobieren anbietet, jeder ohne lange Wartezeiten zum Spielen.
Was wurde in Duisburg gespielt
Da Asmodee das größte Angebot hat, landen wir an diesem Samstag auch immer wieder an den Tischen des französischen Unternehmens. Los geht es zu Beginn mit Decrypto, einem Wort- und Deduktionsspiel, welches bereits 2017 auf der Spiel in Essen vorgestellt wurde und nun in der deutschen Fassung vor allem Freunde von Codenames & Co ansprechen dürfte. Wer sich für die Regeln interessiert, bekommt diese in einem anschaulichen Video erklärt. Unser Start in das Spiel verläuft leider äußerst holprig, da sowohl wir als auch unsere Erklärbärin noch nicht ganz wach sind. So weiß bis kurz vor Ende eigentlich niemand, warum er tut, was er gerade tut. Vermutlich ist Decrypto aber eine spannende Nummer, wenn man es verstanden hat. Denn die Krux des Spiels ist es, den eigenen Mitspielern Hinweise zu geben, ohne dass sie zu deutlich für das andere Team sind. Und die Optik gibt auch einiges her.
Als nächstes probieren wir Schnurrrlock Holmes aus, ebenfalls ein Deduktionsspiel und ab 10 Jahre. Die Katzen auf dem Karton lassen auf jeden Fall immer wieder Katzenfreunde an unserem Tisch stehen bleiben, um einen Blick auf die Spielmechanik zu erhaschen. Dabei sieht Schnurrrlock Holmes nicht nur gut aus, sondern verlangt trotz einfacher Regeln doch einiges an Grips. Denn um die Mitglieder von Mauziatys Bande und schließlich den Oberschurken selbst zu fangen, müssen wir durch geschicktes Kombinieren, die Verdächtigen, die Uhrzeit der Tat oder Beides erraten. Es bricht zwar keine Hysterie am Tisch aus, aber gefallen hat Schnurrrlock Holmes allen.
Bei Exploding Kittens gesellen sich für zwei Runden zwei der stehengebliebenen Katzenfreunde an unseren Tisch, um bei dem Crowdfunding-Hit aus 2015 ihre Beziehung auf die Probe zu stellen. Das einfache, aber lustige Kartenspiel nach dem Last-Man-Standing-Prinzip eignet sich hierzu ideal, sodass Mann seine Frau mit feurigem Eifer und unverhohlener Schadenfreude “disst”. Das Fazit ist eindeutig: Exploding Kittens will gekauft werden. Leider kann man es vor Ort aber nicht kaufen.
Am Stand B09 wird man von den Hunter & Cron Sidekicks Alex & Peat zum Klask Turnier animiert, aber nachdem alle trotz gewisser Übung gegen Peat klar verloren haben, verzichten wir auf eine Anmeldung.
Am Stand von Sweet Lemon folgen wir der Einladung, eine Runde Cookie Box zu spielen. Die Nummer ähnelt dem Spiel Speed Cups von Amigo. Allerdings muss man hier keine bunten Eimer stapeln, sondern verschiedene Plätzchen in einem 3 x 3 Raster sortieren. Als wäre dies nicht schon hektisch genug, wird die Dosis Stress noch dadurch erhöht, dass die Plätzchen beidseitig bedruckt sind. So kommt es immer wieder vor, dass die neu vor einem liegenden Plätzchen nicht 100 % die neun Gesuchten sind. Böse, kurzweilige Geschichte, die aber für knapp 20 € doch etwas zu teuer ausfällt für ein Spiel, das eher zum Aufwärmen an einem Spieleabend dienen wird.
Bonk war bei mir in Essen komplett durchgefallen, da im Gegensatz zu Klask der Spielball zu viel Eigenleben besitzt. In Duisburg macht es nach dem Plätzchenschieben überraschend viel Spaß, kommt aber immer noch nicht an Klask heran.
Da die kleinen Verlage inzwischen alle gut gefüllt sind und kein Spiel in absehbarer Zeit frei wird, lassen wir uns beim DLP Games nieder. Reiner Stockhausen, Autor von Orleans und Altiplano, hat mit Moorea frisch zur Messe ein Kartenspiel ab 8 Jahren am Start. Unser Erklärbär fackelt nicht lange und überspringt – übrigens wie die meisten Erklärbären und Erklärbärinnen an diesem Tag – das Thema des Spiels. So sammeln wir bei Moorea etwas fremdgesteuert Bambus, Muscheln und andere Materialien, um damit wiederum Gebäude oder Schmuck zu schaffen. Hierfür gibt es wiederum Punkte und/oder Vorteile beim Ressourcensammeln. Gewonnen hat schließlich der Spieler mit den meisten Punkten. Verläuft das Spiel anfangs etwas ziel- und lustlos, so entpuppt sich Moorea nach einiger Zeit doch als knifflige Splendor-Alternative. Mit etwas Übung und dem nötigen Überblick über die Möglichkeiten könnte Moorea eine kleiner Hit werden.
Meinen persönlichen Hit hat allerdings ein anderer Verlag auf dem Tisch. Zoch bringt nach 17 Jahren mit Menara den inoffiziellen Nachfolger von Villa Paletti auf den Markt. Baumeister von einst werden die farbigen Stäbe wiedererkennen. Allerdings ist Menara ein kooperatives Spiel und verlangt deutlich mehr Planung als das Spiel des Jahres von 2002. 1-4 Spieler bauen gemeinsam einen alten Tempel wieder auf und können dabei wählen, wie schwierig der nächste Bauschritt ausfallen wird. Bei einfachen Schritten kann man bspw. zwei beliebige Säulen setzen, bei schwierigeren Karten kann es sein, dass man ganze Etagen versetzen muss. Außerdem wird vorgegeben, welche Farben die einzelnen Säulen haben dürfen. Erfüllt man einen Bauauftrag nicht, kommt eine Etage zum Bauvorhaben hinzu, sodass der Tempel immer höher und somit auch wackliger wird. Wer Bau- und Stapelspiele mag, sollte mal einen Blick auf Menara wagen. Auf der Messe war es Samstag zumindest am Stand von Zoch bereits vergriffen.
Weniger hitverdächtig ist von Abacusspiele Alles an Bord?! von Carlo A. Rossi. Zwar konnte man mit Michael Menzel einen namhaften Grafiker gewinnen, aber das Gedächtnisspiel um eine Schiffsfahrt spricht uns weniger an. Das Zielpublikum wird allerdings mit 7+ angegeben, wobei ich durchaus auch schon Sechsjährigen die Schiffsfahrt zutrauen würde.
Spaßiger geht es bei Panic Mansion zu. Jeder hält dabei eine Villa mit acht Räumen in der Hand, in welcher verschiedene Figuren und Gegenstände liegen, u. a. Abenteurer, Schatzkisten, Geister und Spinnen. Nun wird eine Karte vom Stapel gezogen, die angibt, welche Figuren bzw. Gegenstände in welchen Raum müssen. Bewegt werden dürfen Figuren und Gegenstände allerdings nur durch Schütteln der Villa. Dumm nur, dass Schlangen dabei gerne die Türen verstopfen oder Augen immer zuerst in den anvisierten Raum rollen. Gewonnen hat der, der als Erster die Vorgaben der Karte erfüllt. Panic Mansion ist sicherlich kein Brüller und auch nicht abendfüllend, aber doch ein überraschend kurzweiliger Spaß, der nebenbei auch noch Motorik und Koordination trainiert.
Der kleine, aber feine Quango-Verlag ist auch in Duisburg vertreten und hat neben dem namensgebenden Quango auch die Verlagsneuheit Nova dabei. Nova ist dabei nicht ganz so einfach und flott wie Quango, kommt aber ebenfalls mit einem erfreulich überschaubaren Regelwerk daher. Auf einem 16×16 Felder umfassenden Spielbrett legt man Plättchen mit verschiedenfarbigen Sternen aus und versucht dabei, gleichfarbige Sterne aneinander zu legen. Je mehr gleichfarbige Sterne aneinanderliegen, umso mehr Punkte erhält der legende Spieler. Hindernisse auf dem Spielbrett, die Form der Plättchen und die List der anderen Spieler torpedieren hierbei die eigene Baulust. Nova ist ebenso wie Quango ein nettes Spiel für Zwischendurch, was aber eher Gelegenheitsspieler als Vielspieler anspricht. Letztere werden Thematik und Spieltiefe vermissen.
Zurück am Tisch von Asmodee stürzen wir uns gleich mit zwei Erklärbärinnen ins Land der Träume, d. h., es gibt eine flotte Partie When I dream. Jeder Spieler darf einmal den Träumer spielen, der mit verbundenen Augen Begriffe erraten muss. Die Spieler, die die Hinweise geben, haben dabei verschiedene Rollen inne und je nach Rolle eine andere Intention. Die Fee will, dass der Spieler richtig rät, der Alp das Gegenteil und der Sandmann versucht, eine Balance zwischen richtigem und falschem Raten herzustellen. Der Träumer erhält ebenso wie die Fee Punkte für richtig geratene Begriffe. Der Alp für alle falsch geratenen Begriffe. Bei einer ausgewogenen Balance erhält der Sandmann Zusatzpunkte, ansonsten erhält er die Punkte der Seite (Fee, Alp), welche schlechter abgeschnitten hat. Hat in Essen schon Spaß gemacht, macht auch in Duisburg Spaß, auch wenn fast alle schon etwas zu geschafft sind, um aus ihren erratenen Begriffen noch einen Traum zu formulieren.
Mit einem Spiel ab vier Jahren geht es weiter. Neben Katzen und Einhörnern erfreut sich auch der Pinguin weiterhin Beliebtheit. Und so darf man bei Pingulu eine witzig umgesetzte Memo-Variante spielen, bei der Pinguine auf farbigen Eiern sitzen. Wenn man dran ist, würfelt man mit zwei Farbwürfeln und hat nun zwei Versuche, die richtigen Pinguine bzw. Eier zu finden. Hat man Erfolg, stellt man den Pinguin an seine Eisscholle. Pfeffer bekommt das Spiel dadurch, dass man auch anderen Spielern Pinguine wegnehmen darf – wenn denn die Farben stimmen. Wer zuerst sechs Pinguine zusammen hat, gewinnt das Spiel. Nicht nur für Kinder in dem Alter eine runde Sache.
Attack of the Jelly Monster ist ebenfalls eine Frühjahrsneuheit von Asmodee, aber unsere erschöpfte Erklärbärin schafft es nicht mehr wirklich, uns den Sinn der hektischen Würfelorgie zu erklären. Daher verzichte ich an dieser Stelle auf eine Wertung.
Bereits auf dem Weg zum Ausgang empfiehlt uns ein Mitarbeiter von Spielkonzept4U doch noch schnell einmal die Spiele von Oink Games auszuprobieren. Tiefseetaucher war mir zwar schon ein Begriff, allerdings hatte ich das minimalistische Spiel in der kleinen Packung noch nicht gespielt. Dank der besten Erklärbärin des Tages gelingt uns allen trotz fortgeschrittener Stunde der Einstieg sofort und so tauchen wir munter in dunkle Tiefen, um möglichst wertvolle Schätze zu bergen, bezahlen unseren Wagemut (oder sollte man besser sagen: Gier) aber immer wieder mit dem Leben. Da unsere Gastgeberin aber weiterhin hochmotiviert ist, spielen wir mit letzter Kraft noch eine Partie Startups, ein Spiel um Anteile an junge Unternehmen, was sich komplizierter anhört als es ist. Die Spiele des japanischen Verlags langen mit 18 € pro Stück angesichts ihrer Größe und Materialmenge recht üppig ins Portmonai, sind aber spielerisch so rund, dass der Preis umgerechnet auf den Spielspaß wiederum als Schnäppchen durchgeht.
Fazit: So war die Spiel doch 2018
8 ½ Stunden Messe vergingen wie im Flug. Es konnte viel, aber – wollen wir ehrlich sein – dennoch nicht genug gespielt werden. Zu gerne hätte ich einmal Photosynthesis ausprobiert oder die Neuheit vom Hans im Glück Verlag: Race to the new found land. Dies trifft auch auf Majesty oder The Mind zu. Und die Fußballversion von Machi Koro habe ich erst gar nicht gesehen. Um komplexe Spiele wie Pixie Queen oder Fallout wurde bewusst ein Bogen gemacht, weil diese Spiele an einem Tag zu viel Zeit fressen. Der Besuch eines zweiten, vielleicht sogar dritten Tages hätten sich durchaus gelohnt. Und das ist sicherlich auch ein positives Fazit: In Duisburger hätte man auch entspannt drei Tage spielend verbringen können. Gerne dann nächstes Jahr, wenn die Messe erneut im März stattfindet. Und wie der Veranstalter nostheide bereits verkündet hat, mit größerer Fläche und mehr Ausstellern am gleichen Ort.
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